In Frankreich soll der Abschuss von 30.000 Turteltauben und 6.000 Großen Brachvögeln in der kommenden Jagdsaison genehmigt werden. Dieses Vorhaben kritisiert der NABU in einem Offenen Brief an die französische Umweltministerin Élisabeth Borne aufs Schärfste. „Es kann nicht sein, dass der Schutz von stark gefährdeten Vogelarten aufgeweicht wird“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Die französische Regierung knickt offenbar vor der Jagdlobby ein, die im Wahlkampf Emmanuel Macron unterstützt hat.“
Das französische Umweltministerium plant ausserdem, die Jagd auf die Uferschnepfe ebenfalls wieder zu erlauben. Die Jagd auf sie soll zwar zunächst ausgesetzt bleiben, aber das nur für ein Jahr – obwohl mindestens drei Jahre nötig wären, damit sich die stark gefährdete Population erholen kann.
„Besonders absurd ist, dass das Ministerium entgegen den Empfehlungen seiner eigenen Experten handelt“, so NABU-Vogelschutz-Experte Eric Neuling. Im März 2019 wurde vom Ministerium ein Expertengremium eingesetzt, um die Möglichkeit einer erneuten Jagd auf Turteltauben, Grosse Brachvögel und Uferschnepfen zu prüfen. Das Gremium kam zu dem Ergebnis, dass die Jagd auf Turteltaube und Grosser Brachvogel unter keinen Umständen nachhaltig ist, und die Jagdquoten für diese Arten daher auf Null gesetzt werden sollten. Ohne Rücksicht auf diese wissenschaftlichen Erkenntnisse will das Ministerium nun trotzdem die Jagd erlauben.
Turteltaube, Grosser Brachvogel und Uferschnepfe sind in Deutschland vom Aussterben bedroht. „Vögel kennen keine Grenzen: Die Tiere, denen in Frankreich der Abschuss droht, sind zum Teil Brutvögel aus Deutschland, die wir hier aktiv schützen“, so Neuling. „Aufgrund massiven Lebensraumverlusts sind sie in ihrem Bestand gefährdet. Daher dürfen sie auf keinen Fall für die Jagd freigegeben werden.“ Das Vorhaben sei nicht mit der EU-Vogelschutzrichtlinie vereinbar, so Neuling.
Die Turteltaube
Da die Population der Turteltaube in Europa seit 1980 um 80 Prozent zurückgegangen ist, wird die Art in der IUCN-Liste der gefährdeten Arten als „gefährdet“ eingestuft. Daher rät das eingesetzte Expertengremium zu einem vorübergehenden Moratorium für die Bejagung der Art. Auch der internationale Aktionsplan für die Turteltaube 2018 bis 2028, der den aktuellsten Stand des Wissens aus über 50 Ländern vereint, zeigt eindeutig, dass die Jagd der Turteltaube in Westeuropa für die Population nicht nachhaltig ist.
Beide Erkenntnisse werden jedoch von der französischen Regierung ignoriert, wenn die Jagd wieder erlaubt wird. Daher plädieren wir dafür, dass die Jagd auf die Turteltaube in Frankreich verboten wird und eine Jagdquote von Null Vögeln festgelegt wird um die Art zu retten.
Der Grosse Brachvogel
Auch die Population des Grossen Brachvogels ist in Europa stark zurückgegangen – um 43 Prozent seit 1980 – und wird in die Kategorie „gefährdet“ der IUCN-Liste der gefährdeten Arten in Europa eingestuft. Daher spricht sich das Expertengremium auch hier dafür aus, die Jagd auf diese vom Aussterben bedrohte Art einzustellen. Frankreich ist außerdem (laut internationalem Aktionsplan zum Schutz der europäischen Population des Großen Brachvogels) bereits seit 2015 dazu aufgefordert, ein adaptives Management für diese bedrohten Art einzurichten. Doch bisher ist Frankreich dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Der Brachvogel ist ein Watvogel, der sehr empfindlich auf die Jagd reagiert, da es sich um eine langlebige Art mit später Geschlechtsreife und geringer Fruchtbarkeit handelt. Frankreich wäre das letzte Land in Europa, in der diese Art erneut zur Jagd freigegeben werden soll. Viele europäische Länder, aus denen einige der französischen Überwinterer stammen – unter anderem Deutschland, geben sich große Mühe, den Fortpflanzungserfolg ihrer Populationen zu verbessern und die Zerstörung oder Verschlechterung ihrer Lebensräume aufzuhalten. Diese Bemühungen werden nun zunichte gemacht.
Um das Überleben des Grossen Brachvogels sicherzustellen, darf er nicht weiter gejagt werden!
Die Uferschnepfe
Da die Bestände der Uferschnepfe in Europa seit 1980 um 56 Prozent gesunken sind, haben sich alle Länder, die auf ihrem Zugweg liegen, dazu verpflichtet, die Jagd auf die Art einzustellen. Festgehalten wurde das in einem internationalen Aktionsplan zum Schutz der Wasservögel. Nun möchte die französische Regierung das bestehende Moratorium zwar um ein Jahr verlängern, doch das reicht nicht aus, damit sich die Populationen dieser stark gefährdeten Art erholen können.
Daher sprechen wir uns dafür aus, dass das Moratorium für 3 Jahre verlängert wird, um die Erhaltung der Art nicht zu beeinträchtigen.