Die Summe des gesamten Giftcocktails, welche der konventionelle Bauer auf Feldern entsorgt, setzt auch den Wildtieren massiv zu.
Aus Umweltschutzgründen dürfen Landwirte eigentlich nicht nach Belieben Gülle ausbringen: Ist der Boden gefroren, schneebedeckt oder mit Wasser gesättigt, darf der Sondermüll, der Spuren aus Antibiotika, Hormone, Gentech-Futtermitteln, Pestiziden, Spritzmitteln, Herbiziden, usw. enthalten kann, nicht gegüllt werden. Doch viele Bauern halten sich nicht an die Gülle-Vorschriften.
Gülle enthält ausserdem viel Schwermetall, da den Tieren in der Massentierhaltung Futter mit Zink und Kupfer gefüttert wird. Diese Schwermetalle finden sich in den Exkrementen wieder, welche über die Gülle in die Böden gelangen. Sie hemmen das Pflanzenwachstum und schädigen wertvolle Mikroorganismen und wichtige Bodelebewesen wie Regenwürmer.
Immer wieder bringen Schweizer Bauer auch in den geschützten 3 Meter breiten Pufferstreifen bei Bächen, Wäldern und Hecken ihren Sondermüll aus. Es ist ebenfalls verboten auf diesen Streifen Siloballen zu lagern. Die Landwirte werden via Direktzahlungen dafür bezahlt, dass sie diese ökologisch besonders wertvollen Pufferstreifen nicht mit Jauche, Mist und Pestizide eindecken, damit Wildpflanzen – und Tiere einen natürlichen Lebensraum haben. In der Realität halten sich jedoch viele nicht an die Bestimmungen – und werden trotzdem belohnt. Von allen Ländern Europas werden in der Schweiz pro Hektare am meisten Pestizide ausgetragen.
Auch werde oft Gülle aus den Tallagen in höhere Bergregionen gefahren und dort auf den Wiesen ausgebracht. Hier kommt hinzu, dass diese Tiere in der Regel Kraftfutter zu fressen bekommen, das ebenfalls systemisch wirkende Insektizide (Neonicotinoide) enthält, welche zunächst “nur” Insekten von den Futterpflanzen abhalten sollten, später aber auch – über den Weg der Gülle – zur Verarmung der Insektenvielfalt auf den Alpwiesen führt, da diese Stoffe nicht so leicht abgebaut werden.
Die anwendbaren Vorschriften der Schweiz bezüglich der Verwendung von Hofdüngern sind deutlich weniger streng als in den umliegenden Ländern in der EU. Dies zeigt sich sowohl in den kürzesten Mindestabständen von 3 m zu Gewässern während der Ausbringung (im Vergleich dazu beispielsweise Österreich mit mindestens 10-20 m Abstand), als auch in der Technik des Ausbringens, wobei in den schweizerischen Bestimmungen keine konkreten Angaben über die Art und Weise vorliegen. Eine winterliche Zeitspanne, in welcher ein Güllenaustrag verboten ist, ist im Gegensatz zu den übrigen Ländern in der Schweiz nicht konkret festgelegt. So dauert das winterliche Ausbringungsverbot beispielsweise in Österreich von Mitte November (auf Grünfläche) bzw. von Mitte Oktober (auf Ackerfläche) bis Mitte Februar und in Deutschland von Mitte November bis Mitte Januar.
Nicht wiederkäuende Nutztiere scheiden mit der Nahrung aufgenommenes Phytat unverdaut wieder aus. Dies ist der Grund dafür, dass Gülle vom Schwein und anderen Nutztieren viel Phosphat enthält, das als Hauptquelle der Phosphatverschmutzung und Eutrophierung der Gewässer durch die Landwirtschaft angesehen wird.
Mit der Gülle kommen auch Krankheitserreger auf die Felder. Der Verdacht wiegt schwer: Milchkühe, Zuchtschweine oder Pferde, aber auch Wildtiere, wie Rehe, Wildschweine oder Hasen könnten sich seit Jahren mit hochinfektiösen Bakterien angesteckt haben. Durch den hohen Einsatz von Antibiotika in der Tiermast, hat es in der Gülle zudem oftmals gefährliche antibiotikaresistente Keime. Mit Antibiotika kontaminierte Gülle kann nach der Ausbringung auf dem Feld die Bakteriengemeinschaften im Boden stören und zur Erhöhung der Häufigkeit und Übertragbarkeit von Antibiotikaresistenzen führen.
Auch bei wildlebenden Tieren häuft sich in besorgniserregendem Ausmass die Diagnose Krebs durch Umweltgifte, wie Überdüngung, Anreicherung der Böden mit Schwermetallen, Pestizide, erhöhte Phosphorgehalte in Gewässern, Belastung des Wassers mit Nitrat, Pflanzenschutzrückstände im Trinkwasser, usw.
Rund 30 verschiedene Herbizide vergiften die Alpweiden. Für Kritiker ist klar: Dafür verantwortlich sind unter anderem jahrzehntelange Misswirtschaft und ein gravierender Entscheid des Bundes. Unter den vom Bund empfohlenen Herbiziden ist auch das in der EU verbotene Asulam. Dass man die für Tiere giftigen Pflanzen mit solchen Herbiziden behandelt und sie nachher aus Unkenntnis oft liegen lässt, ist verantwortungslo. Vieh und Wildtiere erkennen sie nicht mehr als Giftpflanzen – und fressen sie.
Laut dem Schwyzer Pro-Natura-Präsidenten Roger Bisig ein unterschätztes Problem: «Pflanzen mit Herbizid schmecken salzig, darum sind sie für Wildtiere verlockend.» Als Wildhüter habe er manchmal totes Rehwild gefunden, das vermutlich an Herbiziden gestorben sei. «Aufklären konnte man die Todesursache nie. Solche Untersuchungen sind teuer, darum liess man sie bleiben.»
Die negativen Auswirkungen von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit werden in immer mehr Studien bewiesen: Krebserkrankungen, Geburtsfehler, Schädigungen des Fortpflanzungssystems, neurologische Erkrankungen, Parkinson, Autismus, usw. Die Wissenschaftsgemeinschaft stimmt darin überein, dass die Bevölkerung vor Pestiziden geschützt werden muss.
In ökologischer Hinsicht werden Pestizide seit langem schon als verantwortlich für den Rückgang der Biodiversität erachtet. Insektizide töten Bienen, Schmetterlinge und zahlreiche andere nützliche Insekten. Herbizide dezimieren Wildblumen, die wiederum unabdingbare Nahrungsquellen für etliche Bestäuber unserer Ernten sind. Diese natürliche Biodiversität ist das Erbe einer Millionen von Jahren alten Entwicklung der Natur auf diesem Planeten.
Die konventionelle Landwirtschaft benutzt derart grosse Pestizidmengen, dass es nicht möglich ist, die anrainenede Bevölkerung sowie die unmittelbare Umgebung vor ihnen zu schützen. Selbst ohne Wind gelangen Pestizide durch Abdrift auf benachbarte Flächen und vergiften Menschen, Naturgebiete, Wasserläufe und biologische Anbauflächen.
175 einst bewilligten Pestiziden wurde von 2005-2020 die Zulassung wieder entzogen, vor allem wegen Gesundheits- und Umweltschäden. Pestizide sind also auch nach der Zulassung nicht sicher und ungefährlich!
Ausserdem gelangen gemäss dem Bundesamt für Umwelt aus den Exkrementen von Tieren Luftschadstoffe in die Atmosphäre. Dazu zählen Ammoniak, das zu einer Überdüngung von sensiblen Ökosystemen führt und lungengängigen Feinstaub (PM10) bildet, sowie die Treibhausgase Methan und Lachgas. Schweizer Bauern sind nebenbei auch noch die grössten Feinstaubsünder – mit 37 Prozent aller Feinstaubemissionen. Jährlich fordert der Feinstaub 3’700 Todesopfer und Gesundheitskosten von 4,2 Milliarden Franken in der Schweiz (Quelle: BAFU).
Der Film “Sind die Bienen noch zu retten?” dokumentiert, dass systemisch wirkende Mittel gegen Parasiten, die Rindern in den Schweizer Alpen gespritzt werden, über den Dung wieder auf die Wiesen gelangen. Wer weiss, dass in der Natur ein Dungfladen eines unmedikamentierten Tieres mit Hilfe zahlreicher Insekten, Käfer und Bodenorganismen zersetzt wird, kann sich denken, dass diese Prinzipien mit Insektengiften nicht funktionieren – der Abbau dauert wesentlich länger und die Anzahl der Insekten nimmt ab.
Wie viele Wildtiere sind kontaminiert?
Der Schweizer Bauer verspritzt nebst der Gülle sorglos Pestizide in ein fragiles System. Der Schweizer Pestizidverbrauch bewegt sich bei rund 2200 Tonnen pro Jahr – Tendenz immer potenzieller. Viele Bauern besorgen sich zudem illegale Pestizide im Ausland. Pestizidrückstände stehen laut zahlreicher Studien auch im Verdacht, die Zellteilung zu stören und das Erbgut zu verändern. Gemäss einer Studie von Pro Natura und Friends of the Earth haben über vierzig Prozent der Europäerinnen und Europäer nur schon das Gift Glyphosat, ein sogenanntes Total-Herbizid, in ihrem Körper.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche der Schweiz besteht zu über zwei Dritteln aus Wiesen und Weiden. Das bedeutet: Der Grossteil der verkauften Pestizide entfällt auf die Flächen für Acker-, Obst und Weinbau.
Emilie Bréthaut, Veterinärin im COR brachte es kürzlich während der Rettung eines Rotmilans auf den Punkt: “Wenn man so etwas sieht, macht man sich schon Gedanken über die Früchte und das Gemüse, das wir konsumieren“, so die Tierärztin. Sie brachte Dreck und Grünzeug mit einer Sonde im Magen des Rotmilans ans Tageslicht, das stark nach chemischen Stoffen roch.
Auf dem Land muss sich etwas ändern!
Während unsere Städte zu Oasen der Artenvielfalt werden, sind auf dem Land viele Pflanzen- und Tierarten, die früher selbstverständlich waren, selten geworden oder sogar vollständig verschwunden. Rund die Hälfte der mitteleuropäischen Arten gilt als gefährdet, die rote Liste wird von Jahr zu Jahr länger.
Artenfeind Nr. 1 ist die industrielle Landwirtschaft, so Prof. Dr. Josef H. Reichholf in seinem Buch „Die Zukunft der Arten“: Überdüngung, Strukturverarmung, Monokulturen sind Arten-Killer. Die Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft raubte in den letzten Jahrzehnten zahllosen Wildtieren und -pflanzen kontinuierlich Lebensraum und Nahrungsgrundlage: durch die Flurbereinigung mit Trockenlegung von Mooren und Auen, Begradigungen von Wasserläufen und Abholzung von Hecken; durch den Siegeszug der Agrochemie mit exzessiver Kunstdünger-, Pestizid- und Fungizidverwendung; durch die Überdüngung mit riesigen Güllemengen, die das Bodenleben ersticken und Wildpflanzen, die magere Böden benötigen, ausrotten; durch Monokulturen, die Kultursteppen schufen. Es fehlt an Lebensräumen, wie Hecken, Gewässern und Stellen ohne intensive landwirtschaftliche Nutzung. Und aus unseren Wäldern ist Forst geworden, der Ertrag und möglichst viel Geld bringen soll: Viele Wälder haben sich durch eine intensive Forstwirtschaft in blosse Stangenholzäcker fast ohne jede Rückzugsmöglichkeit verwandelt.
Nach der industriellen Landwirtschaft ist die Jagd Artenfeind Nr. 2: Auf dem Land wird in den Wäldern und Feldern überall und das ganze Jahr gejagt. Prof. Dr. Reichholf ist überzeugt: Bei den meisten der grösseren Arten hängt die Zukunft an den Gewehrläufen der Hobby-Jäger. Die Jagd erzeuge künstlich Scheu und schränke damit die Lebensmöglichkeiten der bejagten Arten sehr stark ein. “Jeder kann dies an der ungleich geringeren Scheu der in den Städten lebenden Tiere im Vergleich zum freien Land draussen direkt feststellen,” so Reichholf. Gegenüber der Jagd seien die Schädigungen durch Bau- und Siedlungstätigkeit, durch Industrie und Verkehr vergleichsweise gering.
So sehr wir uns also darüber freuen können, dass in den Städten die Artenvielfalt immer grösser wird und Oasen für wild lebende Tiere entstanden sind, so sehr wir uns freuen, dass die Tiere ihre unnatürliche Scheu vor dem Menschen verloren haben und so für uns wieder erlebbar werden – umso deutlicher wird, dass sich auf dem Land etwas ändern muss. Wollen wir die Natur und die in ihr lebenden Tiere bewahren, ist ein Umdenken in der Landwirtschaft mehr als überfällig. Mehr als überfällig ist auch eine andere Sicht der Tiere: Wild lebende Tiere sind nicht die Feinde der Landwirtschaft, sondern gehören zu unserer Natur dazu. Letztlich zerstören wir Menschen durch die Vernichtung der Lebensräume von immer mehr Tieren und Pflanzen unseren eigenen Lebensraum – und bedrohen unser Überleben auf dem Planeten Erde.
Studien / Quellen:
- Welche Auswirkungen haben die Pestizide auf die Gesundheit der Landwirt*innen?
- Der Einfluss synthetischer Pestizide auf Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes
- Beeinflussen Pestizide die kindliche Gesundheit?
- Parkinson: Pestizidinitiativen haben Präventivwirkung
- Das Essen biologisch produzierter Nahrung reduziert das Krebsrisiko
- Hirntumore bei Kindern: Pestizide stark verdächtigt
- Kinderspielplätze ganzjährig mit Agrargiften belastet
- Die Mythen der Pestizidindustrie
- Wir müssen Ungeborene besser vor Chemikalien schützen
- Hirntumor bei Kindern: Pestizide im Verdacht
- Pestizid könnte Ungeborene gefährden
- Bauern spritzen ohne Schutzanzug
- Ein «Pestizid-Cocktail» im Blut kranker Patienten gefunden