Kunterbunt

Bayer kauft Monsanto – wird jetzt alles noch schlimmer für die Wildtiere?

Der deutsche Chemiekonzern Bayer kauft den US-Saatguthersteller Monsanto für knapp 66 Milliarden Dollar.

Der Pharma- und Chemiekonzern zahle 128 Dollar je Monsanto-Aktie, teilte Bayer am Mittwoch den 14.9.2016 mit. Es ist die grösste Übernahme, die ein deutsches Unternehmen je getätigt hat.

Mit dem Zusammenschluss steigt der deutsche Pharmakonzern zur weltweiten Nummer eins im Agrarchemiegeschäft auf. Es ist auch die grösste Übernahme durch einen deutschen Konzern in der Geschichte.

Was uns jetzt droht, ist ein Albtraum für Umwelt und Verbraucher. Der neue Megakonzern wird den Markt für Pestizide und Saatgut beherrschen. Er wird entscheiden, was wir in Zukunft essen und, wie viel wir dafür bezahlen müssen. Das bedeutet mehr bienentötende Neonikotinoide, mehr giftiges Glyphosat und mehr genetisch veränderte Lebensmittel in den Supermärkten.

Experten sind sich einig: Uns drohen höhere Preise für Nahrungsmittel, weniger Auswahl und landwirtschaftliche Monokulturen, die anfällig für Krankheiten sind.

Die Summe des gesamten Giftcocktail-Sondermülls aus Antibiotika, Hormone, gentech Futtermittel, Pestizide, Spritzmittel, Herbiziden usw. welche Schweizer Bauern auf Feldern entsorgen, setzt schon heute nicht nur den Wildtieren und Vögel massiv zu, sondern allen Lebewesen.

Mangelhafte wie unausgewogene Ernährung beeinträchtigt die Gesundheit der Wildtiere erheblich, sodass die Widerstandskraft gegenüber Krankheiten deutlich sinkt. Das natürliche Wirt- Parasit-Gleichgewicht kann dann zugunsten der Parasiten verschoben und die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten erhöht werden.

Wildtiere der Feldflur finden kaum Nahrung, die nicht mit einem glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel belastet ist.

So ist bekannt, dass Glyphosat die Gebärmutterschranke passiert und somit auf Föten und Kitze schon vor der Geburt einwirkt. Zahllose Auswirkungen auf Mensch und Tier werden immer besser bekannt.

Der Schweizer Pestizidverbrauch bewegt sich bei rund 2200 Tonnen pro Jahr – Tendenz steigend. Viele Bauern besorgen sich zudem illegale Pestizide im Ausland. Pestizidrückstände stehen laut zahlreicher Studien im Verdacht, Krebs zu fördern, die Zellteilung zu stören und das Erbgut zu ver­ändern. Gemäss einer Studie von Pro Natura und Friends of the Earth haben über vierzig Prozent der Europäerinnen und Europäer nur schon das Gift Glyphosat, ein sogenanntes Total-Herbizid, in ihrem Körper.

Emilie Bréthaut, Veterinärin im COR brachte es kürzlich während der Rettung eines Rotmilans auf den Punkt: „Wenn man so etwas sieht, macht man sich schon Gedanken über die Früchte und das Gemüse, das wir konsumieren“, so die Tierärztin. Sie brachte Dreck und Grünzeug mit einer Sonde im Magen des Vogels ans Tageslicht, das stark nach chemischen Stoffen roch.

Während unsere Städte zu Oasen der Artenvielfalt werden, sind auf dem Land viele Pflanzen- und Tierarten, die früher selbstverständlich waren, selten geworden oder sogar vollständig verschwunden. Rund die Hälfte der mitteleuropäischen Arten gilt als gefährdet, die roten Listen werden von Jahr zu Jahr länger.

Artenfeind Nr. 1 ist die industrielle Landwirtschaft, so Prof. Dr. Josef H. Reichholf in seinem Buch „Die Zukunft der Arten“: Überdüngung, Strukturverarmung, Monokulturen sind Arten-Killer. Die Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft raubte in den letzten Jahrzehnten zahllosen Wildtieren und -pflanzen kontinuierlich Lebensraum und Nahrungsgrundlage: durch die Flurbereinigung mit Trockenlegung von Mooren und Auen, Begradigungen von Wasserläufen und Abholzung von Hecken; durch den Siegeszug der Agrochemie mit exzessiver Kunstdünger-, Pestizid- und Fungizidverwendung; durch die Überdüngung mit riesigen Güllemengen, die das Bodenleben ersticken und Wildpflanzen, die magere Böden benötigen, ausrotten; durch Monokulturen, die Kultursteppen schufen. Es fehlt an Lebensräumen wie Hecken, Gewässern und Stellen ohne intensive landwirtschaftliche Nutzung. Und aus unseren Wäldern ist Forst geworden, der Ertrag und möglichst viel Geld bringen soll: Viele Wälder haben sich durch eine intensive Forstwirtschaft in blosse Stangenholzäcker fast ohne jede Rückzugsmöglichkeit verwandelt.

Nach der industriellen Landwirtschaft ist die Jagd Artenfeind Nr. 2: Auf dem Land wird in den Wäldern und Feldern überall und das ganze Jahr gejagt. Prof. Dr. Reichholf ist überzeugt: Bei den meisten der größeren Arten hängt die Zukunft an den Gewehrläufen der Jäger. Die Jagd erzeuge künstlich Scheu und schränke damit die Lebensmöglichkeiten der bejagten Arten sehr stark ein. »Jeder kann dies an der ungleich geringeren Scheu der in den Städten lebenden Tiere im Vergleich zum freien Land draußen direkt feststellen«, so Reichholf. Gegenüber der Jagd seien die Schädigungen durch Bau- und Siedlungstätigkeit, durch Industrie und Verkehr vergleichsweise gering.

So sehr wir uns also darüber freuen können, dass in den Städten die Artenvielfalt immer grösser wird und Oasen für wild lebende Tiere entstanden sind, so sehr wir uns freuen, dass die Tiere ihre unnatürliche Scheu vor dem Menschen verloren haben und so für uns wieder erlebbar werden – umso deutlicher wird, dass sich auf dem Land etwas ändern muss. Wollen wir die Natur und die in ihr lebenden Tiere bewahren, ist ein Umdenken in der Landwirtschaft mehr als überfällig. Mehr als überfällig ist auch eine andere Sicht der Tiere: Wild lebende Tiere sind nicht die Feinde der Landwirtschaft, sondern gehören zu unserer Natur dazu. Letztlich zerstören wir Menschen durch die Vernichtung der Lebensräume von immer mehr Tieren und Pflanzen unseren eigenen Lebensraum – und bedrohen unser Überleben auf dem Planeten Erde.

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