Indemini – Der 61-jährige Problem-Jäger Paul Reinhart aus Kalthäusern, der in der Nacht vom 29. Dezember eine Schafherde wie ein tollwütiger Hund terrorisierte, darf wohl weiter jagen. Der Vorfall ist “nur eine Sachbeschädigung”.
Das angeblich beste Tierschutzgesetz der Welt und dessen Vollzug ist im Kanton Thurgau in extremer Schieflage. Das Jagdgesetz sowieso. Und dies nicht erst seit dem Fall Hefenhofen. Nicht nur für die Strafverfolgungsbehörde dürfte dieser Fall mit einem Rapport erledigt sein. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten liege in diesem Fall aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht vor, teilt deren Mediensprecher Stefan Haffter auf Anfrage des Tagblatt mit. «Der Jäger ist im Besitz des Jagdpatents und für Wildschweine besteht derzeit keine Schonzeit.» Strafrechtlich betrachtet stünde der Tatbestand der Sachbeschädigung zur Diskussion. «Da der Jäger aber von einem Sachverhaltsirrtum ausging und eine fahrlässige Sachbeschädigung nicht strafbar ist, kann er diesbezüglich nicht zur Rechenschaft gezogen werden», erklärt Haffter.
In gewohnter Säuhäfeli-Säudeckeli-Hobby-Jäger-Mentalität wurde die Sache nun bereinigt. Der Thurgauer Jäger korrigierte seine Fehlschüsse mit dem Portemonnaie, um den Tierhalter ruhig zu stellen. Über die Höhe der finanziellen Entschädigung halten sich die Jäger, wie auch der Besitzer der getöteten Schafe bedeckt. Nicht einmal der kantonale Jagdverein zieht den Hobby-Jäger konsequent zur Rechenschaft – sprich: fordert den Patent-Entzug.
Sieben tote Schafe sind – isoliert betrachtet – keine riesige Tragödie. Ein Jäger, der nicht genau weiss, auf was er schiesst, hingegen schon, kommentiert Silvan Meilen vom Tagblatt folgerichtig.
In der Nacht auf Samstag erschoss der Problem-Jäger auf der Jagd zwischen Affeltrangen und Thundorf vier Schafe einer Herde und verletze drei weitere so schwer, dass diese notgeschlachtet werden mussten. Ein schlechter Schütze wird er wohl auch sein, bei 3 waidwunden Schafen. Waidwundschüsse widersprechen jeglicher jagdlicher Ethik, werden als Aasjägerei scharf verurteilt und müssen zu rechtlichen Konsequenzen führen. Aber, alles scheint wieder in bester weidmännischer Ordnung zu sein. Gleichzeitig hüllen sich die Hobby-Jäger umgehend in Schweigen (Omerta). Eine angekündigte Medienmitteilung der Hobby-Jäger landet im Papierkorb, bevor sie versandt wurde. Die Öffentlichkeit hätte wohl ohnehin, wie gewohnt, nichts von diesem abscheulichen Vorfall erfahren sollen. Wer so handelt, zementiert sein Imageproblem. Da muss sich der dubiose Jägerverband auch künftig nicht wundern, wenn er von Tierschützern angeschossen wird.
Auf die Schafe ist nicht etwa mit Schrot, sondern mit einzelnen Kugeln geschossen worden. Die getöten Nutztiere hätten zu einer der Wanderherden gehört, die gerade im Winter durchs Flachland ziehen. Die Haftung liege in einem solchen Fall ausschliesslich beim fehlbaren Schützen. Jäger sind für den Erhalt des Jagdscheines generell verpflichtet, eine spezielle Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Aufgrund der Einigung verzichtete der Tierhalter auf eine Anzeige gegen den Schützen. In der besagten Nacht sei jedoch auch die Polizei alarmiert worden. Noch vor Ort habe diese einen Atemlufttest durchgeführt, erklärt Daniel Meili, Mediensprecher der Kantonspolizei Thurgau. Das Ergebnis: 0,00 Promille. Daraus lässt sich auch ableiten, dass der Problem-Jäger an gravierenden neurologischen Störungen leidet, was im Hobby-Jäger-Jargon keine Seltenheit ist. Anders als im Militär- oder Polizeidienst, gibt es bei den Hobby-Jägern keine Gesundheitskontrolle. Das Milizjagdsystem und die Jagdverbände sind immer auch ein Sammelbecken für Kriminelle und psychisch Kranke, die eigentlich alles andere als eine Waffen- und Jagdschein besitzen sollten. Die Hobby-Jagd bringt immer nur das Schlechte aus dem Menschen hervor.
Die Polizei rapportiert diesen Vorfall zuhanden der kantonalen Jagd- und Fischereiverwaltung. Der entsprechende Bericht wird auf dem Tisch von Amtschef Roman Kistler landen. «Ein solcher Fall ist mir aus den vergangenen 15 Jahren nicht bekannt», sagt Kistler. Der fehlbare Jäger wird aber kaum mit dem Entzug seiner Jagdbewilligung rechnen müssen. «Das macht eigentlich nur der Richter», sagt Kistler, auch wenn das Departement für Justiz und Sicherheit ebenfalls die Möglichkeit dazu hätte.
Ganz anders sehen dies die kompetenten Fachleute von der Stiftung Tier im Recht. Gemäss der Stiftung drohen dem Jäger noch mehr Konsequenzen:
Update 9. 1. 2018
Der 61-jährige Problem-Jäger, Paul Reinhart aus Kalthäusern, wurde nun vom Thurgauischen Tierschutzverband wegen “Vedachts auf Tierquälerei” angezeigt.
Update 12.1.2018
Es war ein regelrechtes Schaf-Massaker: Weil er sie für Wildschweine hielt, erschoss Paul R. vier Schafe. Drei verletzte Tiere mussten zudem notgeschlachtet werden. Nun zieht der Schütze Konsequenzen und gibt seine Zulassung ab.
Update 18.1.2018
“Solche Mitglieder wollen wir nicht”: Schaf-Jäger vor Ausschluss