Kunterbunt

Tersnaus: Wie wird man Jagdgegner?

Es kann kein schönes Gefühl für Wildtiere sein, in Todesangst von Jägern gehetzt zu werden und so ihr Leben zu verbringen. Nicht nur die Wildtieropfer der Jäger sind angeblich alt und krank, sondern auch viele Täter.
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Ich machte im Jahr 2008 einen Aufenthalt in Tersnaus im Kanton Graubünden / Schweiz. Eines Morgens im Oktober hörten wir im Haus erneut langes und andauerndes Hundegebell im nahen Wald. Mit meinem Hund Mobi machte ich mich auf den Weg, um nachzuschauen, ob jemand Hilfe braucht.

Wir sind rechts vom Dorf den Berg hoch gewandert und kamen hinab, dort wo die Laute herkamen. Dabei entdeckten wir zwei Hunde alleine und frei im Wald bei einer Kiesgrube herumsteuern.

Der jüngere Hund begleitete uns anschliessend freiwillig auf dem Weg nach Hause, nachdem weit und breit kein Mensch zu sehen war und ich keine unmittelbare Notsituation vorfand. Komisch war das Ganze schon und ich dachte, werde im Dorf fragen, wem die Hunde gehören. Bis zu diesem Moment wusste ich nicht, dass dies Jagdhunde sind.

Etwa 500 Meter weiter unten in einer Kurve sahen wir dann einen Jäger, hinterlistig im Wald sitzen. Er fragte mich sofort, ob ich seinen anderen Hund gesehen hätte, worauf ich ihm erklärte, wo er sich befinde. Anschliessend eröffnete sich ein kurzes, freundliches Gespräch über dies und das. Dabei erzählte er von sich sowie seinen Hunden und auch seltsames wie: sähe ich einen Luchs, gäbe es bei mir einen schönen Bettvorleger, habe hier schon 8 Feldhasen (stehen auf der Roten Liste der Arten) geschossen usw. Am Schluss meinte ich, sehen sie, dass ist der Grund, weshalb mir Jäger eigentlich nicht so symphatisch sind. Dann kippte die Stimmung.

Bis dato kannte ich mich mit der Jagd nicht aus, wusste aber instinktiv, dass hier etwas nicht stimmt und dass Luchse in der Schweiz geschützt sind, war mir auch bekannt. Für mich ging die Präsenz dieses Jägers im Wald in Richtung Wilderei.

Ich wollte beim Abschied ein Foto machen, worauf der Naturfreund mich sofort verbal Angriff und aufstand, um sich der Kamera zu bemächtigen. Ich musste wegrennen, weil er anfing mir nachzuhetzen. Er war nicht so fit und schnell ausser Atem. Auch der kleine Jagdhund Fino folgte rennend und verstand die Welt nicht mehr.

Darauf telefonierte Jäger 1, wie ich beim Rückwertsschauen sah, seinem Freund Jäger 2, der weiter unten auf dem Waldweg in Lauerstellung war. Diesem begegnete ich kurz darauf in der Kurve des Weges und machte ebenfalls ein Foto von ihm, zur Identifizierung für die Polizei. Eine Reflexaktion von mir, denn dies lasse ich mir nicht bieten, hier stimmt wirklich etwas nicht, ging durch den Kopf. Die Wegkurve eng geschnitten, konnte ich an ihm vorbei rennen.

Sofort kam er mit dem Gewehr auf mich los und ich musste mich über Kuhweiden hinweg in Sicherheit bringen.

Jäger 2 kam ganz schön nahe heran. Einmal war er nicht sicher, ob er schiessen sollte. Ich war at Gunpoint. Darauf drehte er seine Waffe und holte mit dem Kolben zum Schlag aus.

Währenddessen kam Jäger 1 von oben die Abkürzung durch den Wald zu Jäger 2 und beide schauten zu, wie Mobi und ich vor der Gewalt in Tersnaus flüchteten.

Die feinen Herren des edlen Weidwerks gaben anschliessend einen Schuss ab und riefen hinterher: dich kriegen wir schon noch…..blödi Zürischnorre….usw.

Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so viel Adrenalin verspührt und Todesangst. Als ich den Schuss hörte, schaute ich zuerst mich an und der nächste Gedanken war, die haben meinen Hund hinter mir erschossen. Immer noch rennend, hielt ich an, konnte aber sehen, dass Mobi mit heruntergefaltenen Ohren immer noch folgte. Auch die Kühe wurden unruhig auf der Wiese.

Kurze Zeit darauf war ich wieder in Tersnaus. Wir wohnten im Dorfzentrum neben dem Mountainbike Champion Nino Schurter. Seine Mutter war gerade auf dem Weg zur Arbeit in Vals und wollte ins Auto steigen, als ich ankam. Ich erzählte ihr, was passiert sei und sie habe den Schuss auch gehört.

Wieder in der Wohnung telefonierte ich der zuständigen Polizei in Ilanz und bekam einen Termin, gleich am Nachmittag. Ich erzählte dem aufnehmenden Polizisten was vorgefallen ist und gab ihm die Fotos. Er warnte mich am Schluss eine Anzeige zu machen, da die Jäger sonst eine Gegenanzeige machen würden, weil ich sie unerlaubter Weise fotografiert habe. Viele Polizisten in Graubünden sind auch Jäger. Er versprach mir aber, die “Kollegen” ausfindig zu machen und ihnen die Leviten zu lesen.

Ein paar Tage zuvor am 18.10.2008 gab es beim Dorfbrunnen in Tersnaus schon einen Vorfall der negativen Art, als ein Auto mit der KFZ-NR: GR 35308 anhielt. Grölende und alkoholisierte Jäger machten Radau, während sie sich am Wasser bedienten. Inhaber des Fahrzeuges war ein Herr Buchli-Mehli Franz Heinrich, Polenweg 1, 7405 Rothenbrunnen. Diese Informationen übermittelte ich der Polizei auch.

Eine Woche später rief ich den Gesetzeshüter an, um mich zu erkundigen, wie der neuste Stand ihrer Arbeit sei. Die Jäger sind noch nicht ausgeforscht, bekam ich zu hören. Ich rief eine Woche später erneut an und zwei Wochen später bin ich noch einmal unangemeldet auf dem Polizeiposten in Ilanz erschienen. An der Tür wurde mir gesagt, dass der zuständige Polizist nach Chur versetzt wurde und sie nichts mehr machen können.

Von diesem Tag an wurde ich Jagdgegner und kehrte dem Tourismuskanton Graubünden den Rücken zu.

Ein Jagdgewehr dient nur zur Jagd: Wird eine Person mit einem Jagdgewehr bedroht, ist dies nach Ansicht eines Gerichts ein missbräuchlicher Gebrauch der Waffe. Der Entzug der Jagderlaubnis und des Waffenscheins sei daher nicht zu beanstanden.