Mitte Oktober fanden die „6. Internationalen Jagd- und Schützentage“ im Jagdschloss Grünau bei Neuburg statt.
Kritik kam aus allen Himmelsrichtungen und man empfiehlt, solch sektiererische Veranstaltungen mit Hubert Aiwanger in Zukunft zu meiden. Obwohl es keinen nachvollziehbaren Grund für die Jagd auf Tierarten wie Füchse, Vögel und Marder gibt, töten Hobby-Jäger Millionen Wildtiere vornehmlich als „Freizeitbeschäftigung“.
Dabei fügen sie den empfindsamen Lebewesen häufig erhebliche Schmerzen zu. Ausserdem passiert es immer wieder, dass Fehlschüsse oder Querschläger Menschen verletzen oder gar töten, Gewehrkugeln in Häuser einschlagen oder Spaziergänger unter Beschuss geraten.

Im Festzelt hielt Bayerns Wirtschaftsminister und passionierte Hobby-Jäger, Hubert Aiwanger, eine sektiererische Rede: “Die Jagd ist die natürlichste Form der Nahrungsmittelgewinnung. Gott hat den Menschen zum Allesfresser geschaffen. Es wäre sogar eine Sünde, wenn man Rehen dabei zusehen würde, wie sie nur natürlich sterben. Ein Tier zu jagen, um es anschliessend zu essen, sei „genauso, wie einen Apfel zu ernten“, sagte der Minister.
Der Hobby-Jäger und der Sadist kann alles vortäuschen, nur um zu bekommen, was er will. Solchen Menschen fehlt das Gewissen und die Anteilnahme per Definition. Dazu ein anderers Beispiel: Eine Jägerfamilie hat zwei Söhne. Einer begeht Selbstmord mit einem Jagdgewehr. Beim darauffolgenden Weihnachtsfest schenken die Eltern genau dieselbe Waffe ihrem anderen Sohn. Als sie gefragt werden, warum, sagen sie: “Die Waffe funktioniert einwandfrei!”
Das Wort Sekte (von lateinisch secta ‚Partei‘, ‚Lehre‘, ‚Schulrichtung‘) wird unter anderem so definiert: Eine kleine Gemeinschaft, oft mit einem hierarchischen Aufbau, deren Ansichten meist sehr radikal und abwegig sind sowie den ethischen Grundwerten der Gesellschaft widersprechen.
Tierschützer finde es ganz einfach geschmacklos, das Töten von Tieren als unterhaltsamen ‚Freizeitsport‘ anzupreisen. Unter dem Deckmantel der ‚Naturverbundenheit‘ verursacht das Jagen unermessliches Leid – jedes Jahr werden unzählige Tiere durch Fehlschüsse verwundet oder in Fallen regelrecht zerquetscht und sterben dabei einen langsamen und qualvollen Tod.
Anerkannte Wildbiologen sind sich einig, dass aus ökologischer Sicht keine Notwendigkeit für die Jagd besteht. So müssen dem renommierten Biologen Prof. Dr. Josef Reichholf zufolge die nahezu ausgerotteten Wölfe nicht durch menschliche Hobby-Jäger ersetzt werden, da eine natürliche Regulation der im Wald wohnenden Tierpopulationen durch Umwelteinflüsse wie Witterung, Nahrungsverfügbarkeit oder Krankheiten stattfindet. Auch englische Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass sich beispielsweise Fuchspopulationen aufgrund von Nahrungsverfügbarkeit und sozialen Faktoren von selbst regulieren. Die Jagd hingegen zerstört die Alters- und Sozialstrukturen der Tierpopulationen, was bei den Überlebenden zu erhöhter Fortpflanzung führt. Verluste in der Population werden somit rasch durch Nachkommen und Zuwanderung wieder ausgeglichen oder gar überkompensiert. Die Jagd ist daher unnötig, kontraproduktiv und grausam.

Im Visier von Aiwangers militanter Rede, die wie eine Generalabrechnung anmutete, standen auch die Klimaschützer. Schliesslich sei die Jagd angewandter Naturschutz. Jagdgegnern unterstellte er hingegen immer grösseren Populismus. „Die Jäger sind die Naturschützer – und nicht die radikalen Klimaschützer, die sich auf die Strasse setzen.“ Darum forderte er seine Jagdkollegen auf, die Verfasser von kritischen Kommentaren im Internet gemeinsam zu konfrontieren – das seien zum Beispiel Veganer, „denen man das meist schon von aussen ansieht“, wetterte der Politiker der Freien Wähler.
“Die Art und Weise, mit der Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bei der Eröffnung der Jagdmesse in Grünau die Jagd propagiert und alle Andersdenkenden angegriffen hat, ist nicht nur unprofessionell, sondern auch höchst blamabel. Dass man Veganern ihre Esskultur angeblich ansieht, darf er sich gerne denken. Doch als Politiker sollte er es sich verkneifen, solche Diffamierungen in der Öffentlichkeit laut auszusprechen. Als ob eine solche Äusserung nicht schon erstaunlich genug wäre, setzt er auch noch das Abschiessen eines Rehs mit dem Ernten eines Apfels gleich“, schreibt zum Beispiel Claudia Stegmann in einem Kommentar.
Sollte der eine oder andere über diese verbalen Entgleisungen noch schmunzeln können, muss spätestens folgende Aussage als höchst fragwürdig eingestuft werden, die ebenfalls bei der Eröffnung der Jagdmesse gefallen ist. Im Zusammenhang mit dem diskutierten Taschenmesser-Verbot sagte Aiwanger: „Deutschland und Bayern wäre sicherer, wenn jeder vernünftige Mann und jede vernünftige Frau ein Messer tragen dürfte.“ Das klingt beinahe so, als würde der stellvertretende Ministerpräsident dieses Freistaats zur bewaffneten Selbstverteidigung aufrufen.
Jägerpräsident Jürgen Vocke im Visier

Vergangene Woche hatten die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei die Zentrale des Bayerischen Jagdverbands und Vockes private Räumlichkeiten durchsucht und zahlreiche Unterlagen und Datenträger sichergestellt. Gegen Vocke wird aktuell wegen Untreue und Unterschlagung ermittelt. Es geht dabei unter anderem um folgendes:
- Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Verbandes.
- Um knapp 5000 Euro Aufwandsentschädigung, die Vocke bisher pro Monat steuerfrei und ohne Sozialabgaben für sein Ehrenamt bezogen hat.
- Die Nutzung seines Dienstwagens.
- Die Beschäftigung von Vockes Tochter bei einer Tochtergesellschaft des Jagdverbands
- Spesenabrechnungen und dergleichen mehr.
- Vocke soll dem BJV regelmässig private Kosten in Rechnung gestellt haben, etwa für die Unterbringung seines Dackels in einer Hundepension oder für seine Lieblingskekse.
- Ein Versagungsvermerk ist die äusserste Form der Kritik eines Wirtschaftsprüfers an dem zu prüfenden Abschluss, heisst es in einem knapp zweiseitigem Schreiben. Ausserdem lägen “ernstzunehmende Hinweise für vergleichbare Gesetzesverstösse auch für die Geschäftsjahre vor und nach dem Berichtszeitraum 2018” vor.
- Drohungen von Vocke.
Jürgen Vocke kann sich das alles überhaupt nicht erklären. Er steht quasi im Wald… ratlos.
Jetzt hat er seinen Filzhut genommen und ist zurückgetreten.
Interessen-Gemeinschaft Wild beim Wild
Die IG Wild beim Wild ist eine gemeinnützige Interessen-Gemeinschaft, die sich für die nachhaltige und gewaltfreie Verbesserung der Mensch-Tier-Beziehung einsetzt, wobei die IG sich auch auf die rechtlichen Aspekte des Wildtierschutzes spezialisiert hat. Eines unser Hauptanliegen ist, in der Kulturlandschaft ein zeitgemässes und seriöses Wildtiermanagement nach dem Vorbild vom Kanton Genf einzuführen – ohne Hobby-Jäger aber mit integren Wildhütern, die den Namen auch verdienen und gemäss einem Ehrenkodex handeln. Das Gewaltmonopol gehört in die Hände des Staates. Die IG unterstützt wissenschaftliche Methoden der Immunokontrazeption für Wildtiere.