Seit 2017 ist die Ernährungssicherheit in der Verfassung verankert.
Der Schweizer Bauerverband schreibt auf seiner Webseite dazu:
«Ernährungssicherheit ist nicht selbstverständlich: Begrenztes Kulturland und eine Produktion mit knappen Ressourcen wie Wasser müssen immer mehr Menschen ernähren. Dazu kommen zunehmende Produktionsunsicherheiten infolge des Klimawandels. Damit Ernährungssicherheit gewährleistet ist, muss jedes Land für eine nachhaltig ausgelegte Produktion sorgen und die eigene Landwirtschaft entsprechend gezielt fördern.»
Die herrschende Trockenheit zeigt nun, wie schnell sich Produktionsunsicherheiten infolge der Klimakrise entwickeln können. Im Wallis und im Tessin sind schon heute – im März – die Wasserversorgung und die landwirtschaftliche Produktion bedroht. Die Agrarpolitik hat es in den letzten Jahren versäumt, Massnahmen zu ergreifen, um die Land- und Ernährungswirtschaft auf die Klimakrise vorzubereiten. Im Gegenteil: Mit Milliarden wurden die Produktion und der Konsum von tierischen Lebensmitteln sowie einer Lebensmittelproduktion, die von Hilfsstoffen wie Importfutter, Pestiziden, Düngemittel und Antibiotika abhängig ist, gefördert.
Massimiliano Zappa, Chef-Hydrologe der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), fordert die Behörden jetzt auf, frühzeitig Restriktionen einzuführen. Sie sollten den Mut haben, wenn nötig bereits im April ein Verbot für das Füllen von Schwimmbädern, das Bewässern von Gärten oder das Reinigen von Autos zu beschliessen, sagte Zappa. Das Früherkennungs- und Warnsystem zur Trockenheit, das sich beim Bundesamt für Umwelt derzeit erst im Aufbau befindet, hinkt der heutigen Situation gefährlich hinterher.
Im Dezember 2022 wurde angekündigt, dass an einer neuen Initiative gearbeitet, die im Frühling 2023 spruchreif sein wird. Mit der neuen Initiative wird an die Forderungen der Trinkwasserinitiative angeknüpft, legt aber den Fokus auf die Ernährungssicherheit – die auch die Sicherung der Grundwasserressourcen für die nachhaltige Trinkwassergewinnung beinhaltet. Denn Wasser ist unser Lebensmittel Nr. 1.
Die Sonntagszeitung und der Blick hatten letzte Woche die Initiative prominent angekündigt und ihr gleich auch einen Namen verpasst: Vegi-Initiative. Dieser stimmt allerdings nicht. Der Titel der neuen Initiative muss noch von der Bundeskanzlei geprüft werden, bevor er offiziell bekannt gemachet wird.
Flexi-Initiative würde der Absicht der neuen Initiative näher kommen. Denn mit der neuen Initiative wird keine Ernährungsform ausgeschlossen, aber zugunsten unserer Umwelt, dem Trinkwasser und unserer Ernährungssicherheit eine neue ausgewogene Balance zwischen der Produktion von tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln hergestellt. So können wir den Netto-Selbstversorgungsgrad von heute 50 % auf mindestens 70 % steigern. Schon heute essen 63 % der Schweizer Bevölkerung der Umwelt, dem Tierschutz und ihrer Gesundheit zuliebe bewusst weniger tierische Lebensmittel, ernähren sich also flexitarisch. Damit öffnen sie der Schweizer Landwirtschaft die Tür zum Wachstumsmarkt von pflanzlichen Lebensmitteln und Fleischersatzprodukten.
Eine weitere dringende Forderung der neuen Initiative ist eine nachhaltige Lebensmittelproduktion, die die Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit sicherstellt und fördert. Eine solche Produktion ersetzt den Einsatz von Pestiziden und Dünger, ist resistenter gegen wachsende Produktionsunsicherheiten infolge von Klimaextremen wie Hitze und Wasserknappheit und sorgt für Ernährungssicherheit durch stabilere und höhere Erträge in der Landwirtschaft. Hingegen sind industrielle Anbausysteme, die von Pestiziden und chemischem Dünger abhängig sind, keine Lösung bei Wassermangel und können die Klimakrise nicht bewältigen, erklärt Franziska Herren.