Die heutigen Europäer stammen von Bauern aus der Ägäis ab, die über die Balkan- und Mittelmeerroute kamen.
Die Landwirtschaft und Zivilisation kam also durch Migration nach Europa, berichtet ein Forscherteam mit Beteiligung der Universitäten Freiburg und Genf.
Verschiedene Teile Europas wurden bereits vor rund 88000 Jahren von Bauern aus der nördlichen Ägäis besiedelt. Die Menschen wanderten aus dem Norden Griechenlands und der nordwestlichen Türkei nach Mitteleuropa und Spanien ein und brachten ihre sesshafte Lebensweise und landwirtschaftliche Praktiken mit in die zentraleuropäischen und mediterranen Gebiete, in denen jungsteinzeitliche Jäger-und-Sammler-Gesellschaften lebten.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die ein internationales Team um die Mainzer Palaeogenetiker um Prof. Dr. Joachim Burger erstellt hat und die diese Woche im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences erscheint. Die Wissenschaftler analysierten das Erbgut von archäologischen Skeletten aus Griechenland und der Türkei. Der Studie zufolge gelangten neolithische Siedler aus der Gegend um die Ägäis und das Marmarameer entlang einer Balkanroute nach Mitteleuropa. Etwa zur gleichen Zeit erreichten prähistorische Bauern aus dem ägäischen Raum auch über das Mittelmeer die iberische Halbinsel.
Die Kolonisten waren die ersten sesshaften Ackerbauern, die nach Europa kamen. Sie brachten Hausbau, Landwirtschaft und Haustiere mit in ihr neues Siedlungsgebiet. Während ihrer Expansion trafen sie auf Jäger und Sammler, die seit der Eiszeit in Europa ansässig waren. Die migrierenden Bauern brachten nicht nur eine Kultur mit, sondern sahen sicherlich auch anders aus und sprachen eine unterschiedliche Sprache.
Die Studie klärt eine langjährige Debatte über die Herkunft der ersten europäischen Bauern, indem sie anhand von Genomanalysen zeigt, dass die Ahnenliste von Zentral- und Südwesteuropa nach Griechenland und dem nordwestlichen Anatolien zurückverfolgt werden kann. „Es gab die Auffassung, dass die Landwirtschaft rein durch Ideentransfer nach Europa kam, ohne oder mit nur geringer Migrationsbewegung. Diese Ansichten können nun ad acta gelegt werden“, so Burger mit einem Hinweis darauf, dass sich das Verständnis der neolithischen Revolution durch die Analysen alter DNA in den letzten sieben Jahren grundlegend geändert hat.
Sesshaftigkeit, Ackerbau und Tierhaltung haben sich bereits vor 10.000 Jahren in einer Gegend entwickelt, in der heute die Türkei, Syrien, Iran und Irak aneinandergrenzen, dem sogenannten Fruchtbaren Halbmond. Zuzana Hofmanová, neben Susanne Kreutzer die Erstautorin der neuen Studie, führt dazu aus: „Ob die ersten Ackerbauern letztendlich aus dieser Gegend kamen, ist noch nicht bewiesen. Aber mit Sicherheit konnten wir feststellen, dass sie samt ihrer revolutionären neolithischen Kultur weite Teile Europas über die nördliche Ägäis in nur kurzer Zeit besiedelt haben.“
Wenig Durchmischung
Der Vergleich mit der DNA «moderner» Europäer ergab, dass die eingewanderten Bauern wesentlich mehr zum Genpool heutiger Europäer beigetragen haben also die lokalen Jäger und Sammler. «Es gab offenbar Kontakte, aber wenige», laut einer Autorin.
«Alle modernen Populationen in Europa tragen eindeutig den ägäischen Schriftzug auf ihrem Erbgut», präzisierte ein Wissenschaftler. Von der ursprünglichen Bevölkerung sei – weder in Europa noch am Genom – nicht mehr viel übrig geblieben.
