Der Wiener Tierschutzverein durfte am Mittwoch, dem 25.10.2023, in einer vierstündigen Verhandlung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg für die strenge Auslegung des Schutzstatus des Wolfes kämpfen.
Der Verein ist guter Zuversicht, dass die Prüfung durch den EuGH objektiv anhand der Wolfspopulationen in anderen Mitgliedstaaten erfolgen wird, die alle unter vergleichbaren geografischen, topografischen usw. Bedingungen eine gute bis hohe Wolfsdichte aufweisen und in denen gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich mit Behirtung und Herdenschutzhunden Schafhaltung in Almgebieten betrieben wird.
Die Tiroler Landesregierung sowie die Republik Österreich waren bemüht, den Erhaltungszustand des Wolfes in Österreich als sehr gut darzustellen. Doch diese Angaben wurden rasch infrage gestellt und widerlegt und dies sogar mithilfe des Gerichtshofes, sodass letztlich klar wurde, dass der tatsächliche Erhaltungszustand der Wölfe in Österreich sehr schlecht ist!
Auf die Frage des Gerichtshofes, warum Österreich dem EuGH keine Angaben zum günstigen Erhaltungszustand übermittelt hat, musste die Gegenpartei eingestehen, weil es diesen in Österreich nicht gibt! Der Erhaltungszustand des streng geschützten Wolfes ist in Österreich miserabel.
Auch der Vertreter der EU-Kommission liess durchblicken, dass es einfach „nicht geht“, dass ein Mitgliedsstaat (Österreich) ständig Ausnahmen vom strengen Schutz erteilt (mittels Abschussgenehmigungen) und sich auf den guten Erhaltungszustand des Wolfes in anderen Ländern beruft. Eine klare Rüge gegen Österreich.
„Die österreichischen Behörden müssten nachweisen, dass der Erhaltungszustand sich im Falle einer Abschussbewilligung nicht verändert“, so weiter der Vertreter der EU-Kommission.
Die Frage des Gerichtshofes an die Tiroler Landesregierung, ob diese tatsächlich in 61 Almgebieten keine anderen Massnahmen anwenden konnte als die Tötung eines Wolfes, konnte seitens dieser nicht wirklich befriedigend beantwortet werden, zumal im agrarfachlichen Gutachten des Amtssachverständigen die gegenständlichen Almen nur auf die Möglichkeit der Umzäunung geprüft wurden, nicht jedoch punkto Behirtung und Herdenschutzhunden.
Die Generalanwältin fragte den Vertreter der Tiroler Landesregierung wortwörtlich: „Haben Sie keine Einzelfallprüfung vorgenommen, weil einfach 61 Almen für nicht schützbar erklärt wurden? Ist das tatsächlich die Art und Weise wie Sie vorgehen?“ Die Tiroler Landesregierung kam in Argumentationsnotstand bei der Frage, weshalb von 61 Almen nicht einmal eine schützbar sein soll.
Zur seitens der Tiroler Landesregierung vorgebrachten Kostenproblematik für Behirtung und Herdenschutz meinte der Vorsitzende Richter: „Das Problem der Kosten kennen wir seit Jahren, diese werden von der EU übernommen und als Unterstützungsmassnahmen den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt. Die Mitgliedstaaten müssen ein entsprechendes System vorsehen, damit die Entschädigungen abgeholt werden können. Auch Präventionsmassnahmen werden von der EU unterstützt.
Die Ansicht der französischen Regierung: „Wenn man ‚ernste Schäden‘ schon durch einen Wolf erfüllt sieht, dann widerspricht, dass der Logik der Prävention. Ernste Schäden müssen ‚ERNST‘ sein! Ernste Schäden lassen sich nicht auf Schäden beschränken, die ein Wolf Individuum verursacht! In Frankreich gab es 2022 4’200 Rissereignisse und es wurden über 4 Millionen Euro Entschädigungen ausgezahlt.
Der EU Rat wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass es „keine sachliche Rechtfertigung einer Ausnahme für Österreich zum Wolfsschutz in den Alpenregionen“ gebe.
Am 18.01.24 wird die Generalanwältin ihre Schlussanträge vorlegen, im Frühjahr 2024 kann mit einer Entscheidung des EuGH gerechnet werden!