Für eine gute Katzengesundheit ist ein Besuch in der Tierklinik unabdingbar, doch viele Bestandteile eines Tierarztbesuchs oder -aufenthalts können für die Katzen zu negativen Erfahrungen führen.
Diese Auswirkungen können weitreichend sein, wie z. B. Stress und eine verlängerte Genesungszeit für die Katzen und für das medizinische Team das Risiko irreführender Testergebnisse und klinischer Befunde, möglicher Verletzungen und grösserer Schwierigkeiten im Umgang mit den Katzen bei zukünftigen Tierarztbesuchen.
Zwei kürzlich veröffentlichte “Cat Friendly Guidelines” befassen sich nun ausführlich mit dem richtigen Umgang mit Katzen beim Tierarztbesuch, einschliesslich ihrer Anreise zur Klinik, ihrer Interaktionen mit dem medizinischen Personal und der physischen und sozialen Umgebung der Klinik (wie z. B. die Anwesenheit anderer Tiere im Warte- und Krankenhausbereich).
Im Mittelpunkt dieser Leitlinien steht die Erkenntnis, dass das psychische Wohlbefinden ebenso wichtig ist wie die körperliche Gesundheit und dass das emotionale Erleben der Katze während des Tierarztbesuchs entscheidend ist. Die Experten unterscheiden zwischen den positiven oder “einnehmenden” Emotionen einer Katze – die sie dazu bringen können, die Umgebung zu erkunden und nach Futter, Leckereien, Spiel und sozialer Interaktion zu suchen – und den negativen oder “schützenden” Emotionen wie Angst, Frustration oder Schmerz. Dieser Rahmen könnte Fachleuten dabei helfen, die Perspektive der Katze besser zu verstehen, zugrundeliegende Stressfaktoren zu erkennen und zu entscheiden, welcher Ansatz am besten geeignet ist, um bestimmte negative Situationen, in denen sich die Katze bei solchen Besuchen befinden könnte, zu lösen, anstatt sie zu verschlimmern.
Da viele Verhaltensweisen von Katzen auf ihre Vorfahren, die Wildkatzen (Felis silvestris lybica), zurückgehen – wie z. B. ihre natürliche Vorliebe, sich auf sich selbst zu verlassen, um sich zu schützen – sind Vertrautheit, Kontrolle, Vorhersehbarkeit und die Vermeidung von Bedrohungen für das Sicherheitsempfinden der Katze von entscheidender Bedeutung. Nach Ansicht der Experten sollte die Minimierung negativer Erfahrungen bereits vor der Ankunft in der Klinik beginnen, indem man sich Gedanken darüber macht, was die Katze (mit ihrem hochentwickelten sensorischen System) auf dem Weg zur Klinik sehen, hören und riechen wird, und sich auch während des Tierarztbesuchs fortsetzen.
Einige Ratschläge beinhalten die Minimierung visueller oder auditiver Reize, indem sogar Bilder von Katzen oder anderen Tieren ferngehalten werden, die Katzen vor lauten Patienten und lauten klinischen Geräten geschützt werden und alle menschlichen Stimmen leise, sanft und in langsamem Tempo gehalten werden. Wenn in der Klinik auch Hunde behandelt werden, sollte das medizinische Team ausserdem potenziell störende Gerüche entfernen, indem es Hundehaare zusammenkehrt, Behälter mit stark riechendem Abfall leert und vielleicht sogar synthetische Katzenpheromone verwendet, um eine beruhigende Umgebung zu schaffen. Darüber hinaus sollte sich das medizinische Team bei allen Interaktionen auf die Katzen konzentrieren, indem es die bevorzugten Berührungsbereiche der Katzen (z. B. das Gesicht) im Auge behält, sich nicht über die Katzen beugt oder sie in die Enge treibt, direkten Augenkontakt vermeidet und freundliche Geräte und positive Ablenkungen verwendet.
Um diese Art der “kooperativen Pflege” umzusetzen, müssen neue Fähigkeiten entwickelt und geübt werden, sowohl zu Hause als auch in der Tierklinik, damit sich die Katzen in Situationen, in denen sie natürlicherweise ängstlich und frustriert sind, entspannter und kontrollierter fühlen.