Kunterbunt

Tierwohl auch in Corona-Zeiten vernachlässigt

«Corona-Pandemie verstärkt den Trend zu nachhaltigem Konsum.» «Regionalität und Ethik: Corona bringt die Konsumenten zum Umdenken.»

Wer denkt, das veränderte Konsumverhalten hätte sich auch zugunsten der Tiere ausgewirkt, der irrt.

Von den Trends wie bio, regional, fair und nachhaltig konnten Tierwohlprodukte und damit die Tiere insgesamt nicht profitieren. Das zeigt die Labelstatistik 2021 des Schweizer Tierschutz STS deutlich. Die STS-Labelstatistik geht der Frage nach, wie sich die Absatzzahlen in den Labelmärkten (inkl. Bio) entwickeln und vorallem wie sich diese auf die Anzahl Tiere auswirken, die tierfreundlich gehalten werden. Mit der Auswertung «Gesamtmarkt» wird mit dem neu vorliegenden Bericht eine Übersicht über die allgemeine Entwicklung der Labelmärkte präsentiert. Bio-Produkte konnten in den meisten Segmenten überdurchschnittlich zulegen, nicht aber im Segment Fleisch. Die Befreiung aus der Nische ist nicht absehbar. Für den gesamten Labelmarkt Fleisch (inkl. Bio) verlief die Entwicklung der Absatzzahlen harzig bis rückläufig. Die Stagnation bei der tierfreundlichen Produktion ist nicht überwunden.

Bei den Rindern (inkl. Kühe und Kälber) stagnierte der Labelanteil bei rund einem Drittel, bei den Schweinen ging er deutlich auf etwas über 31 % zurück, bei den Mastpoulets lag er bei tiefen 8 % und bei den Lämmern sank er auf 11 %. Positiver, wenn auch auf tiefem Niveau, war die Entwicklung im Milchmarkt mit einem Labelanteil von knapp 15 %. Sehr erfreulich dagegen entwickelte sich der Eiermarkt. Der Anteil von Legehennen in Freiland- und Biohaltungssystemen liegt bei 84,5 %. 83 Millionen Tiere wurden im vergangenen Jahr in der Schweiz in den Hauptkategorien (Rindvieh, Schweine, Lämmer, Geflügel) geschlachtet. Davon waren lediglich 10 Millionen bzw. 12,2 % Label- und Biotiere.

Ausgehend von den Ergebnissen der Labelstatistik 2021 bekräftigt der Schweizer Tierschutz STS seine Forderung nach einer Priorisierung der Labelmärkte. Die Marktakteure, Detailhandel und Gastronomie, haben den Absatz von Labelprodukten zu fördern und dabei die künstlich hohen Preisdifferenzen zwischen dem Standard- und Labelsegment zu reduzieren. Der Bund soll in Richtung einer nachhaltigen und tierwohlorientierten Nahrungsmittelproduktion lenkend eingreifen und Rahmenbedingungen schaffen, die das nachhaltige bzw. tierfreundliche Produkt besserstellen. Es braucht von allen Akteuren klare Signale für mehr Tierwohl.

Mitverantwortlich für mehr Tierwohl in den Ställen sind auch Konsumentinnen und Konsumenten. Nicht mit Schnäppchenjagd im grenznahen Ausland sondern mit dem Kauf – nicht tierischen Ursprung erzeugter – Schweizer Produkte ist das gepriesene Umdenken hin zu Regionalität, Ethik und Nachhaltigkeit mehr als ein Lippenbekenntnis.

Fazit:

Erst 12,2 % aller in der Schweiz in den Hauptkategorien geschlachteten 83 Millionen Tiere werden als Labeltiere (inkl. Bio) abgesetzt. Trotz der guten Rahmenbedingungen (Grenzschliessungen, verändertes Einkaufsverhalten) konnten die Tiere in den Kategorien Fleisch und Poulet nicht davon profitieren. Praktisch überall haben sich die Zahlen in die falsche Richtung entwickelt. Am stärksten war der Rückgang bei den Schweinen und Kälbern. Auch bei der tierfreundlichen Mastpouletproduktion blieb der Marktanteil praktisch unverändert auf tiefem Niveau. Erfreulich war die Situation bei den Eiern: Bio- und Freilandeier sind sehr gefragt. Im Segment Labelmilch werden erst knapp 15 % der Milchkühe unter Tierwohllabels gehalten. Wenn auch deutlich mehr Milchkühe tierfreundlich gehalten werden, ist die Situation dennoch unbefriedigend. Denn nur wenn mehr Tierwohlprodukte wie Gemüse, Getreide und Früchte unter einem Mehrwert-Label ihren Weg zu den Konsumentinnen und Konsumenten finden, können die Produzenten ihre Zusatzleistungen mit der Labelprämie decken.

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