Jagd

Tierschutzaspekte bei der Jagd übergehen

Die Jagdgesetze der Länder und des Bundes werden zunehmend wildtierfeindlicher. So sieht die aktuelle Änderung des Bundesjagdgesetzes ganz in Wald-vor-Wild-Manier vor, den Abschuss von Rehen weitgehend willkürlich Hobby-Jägern und Waldbesitzern zu überlassen.
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Ginge es nach dem NABU oder dem Ökologischen Jagdverein (ÖJV) sollen Hobby-Jäger künftig ganz erheblich in den Rehbestand eingreifen.

Der Bayerische Jagdverband spricht von zusätzlichen 500.000 Rehen, die nach Meinung dieser Befürworter der aktuellen Novellierung des Bundesjagdgesetzes pro Jahr erlegt werden sollen. Das würde einer Steigerung der reinen Jagdstrecke um etwa 50 Prozent entsprechen. Dabei sollte eines klar sein: derartige Strecken sind keineswegs im Rahmen einer weidgerechten Jagd, wie das Tierschutzgesetz sie fordert, realisierbar. Schon heute dürften die Jagdveranstaltungen der staatlichen Forstbetriebe zum Beispiel in Bayern oder Sachsen kaum den Anforderungen des Tierschutzes entsprechen.

Der Deutsche Jagdverband kommuniziert zwar ebenfalls seine Ablehnung gegenüber der geplanten Freigabe des Rehwilds im Rahmen der Gesetzesänderung, aber doch eher zaghaft, wenn nicht gar heuchlerisch. Wenn nicht dieser Verband, wer dann könnte belegen, wie wenig tierschutzgerecht schon heute die Huftiere des Waldes bejagt werden. Da wird im Rahmen von Drückjagden regelmässig auf hochflüchtige Rehe und Wildschweine geschossen. Ohne Rücksicht auf Altersklassen werden die Sozialgefüge vieler Wildtiere regelrecht zerschossen. Hirschkälber verlieren ihre Mütter, Gruppen von zehn, zwölf Frischlingen und mehr werden zu Waisen, erfrieren oder verhungern – regelmässig und immer wieder.

Dieser Verband ruft zwar laut in den Wald, dass seine Hobby-Jäger keine Schädlingsbekämpfer seien. Auf der anderen Seite ist es dieselbe Organisation, die seit Jahrzehnten über immer neue Streckenrekorde bei der Wildschweinjagd jubelt, die den Wildtieren die Nacht als letzten Rückzugsort nimmt und die Politik im Ansinnen jeglicher technischen Aufrüstung unterstützt. Wie soll es der letzte Präsident dieser Lobbyisten sinngemäss ausgedrückt haben: “Ich bin halt Präsident aller Jäger“.

Was sich derzeit in Sachen Jagdgesetzgebung im Politzirkus tut, ist bei einer unabhängigen rechtlichen Betrachtung wohl weder mit dem Tierschutzgesetz, noch mit dem Staatsziel Tierschutz in Einklang zu bringen. Als Tierschützer hat man den Eindruck, hier herrsche die reine Willkür.

Tatsächlich ist es eher so, dass der Tierschutz für Wildtiere in Deutschland kaum angewandt wird. Schon überhaupt nicht für Tierarten, die die Rendite der staatlichen (!) Forstbetriebe schmälern, die Massentierhaltung und Ausbeutung von ausländischen Leiharbeitern gefährden, Parks und Ufer von Seen und Flüssen vollkacken oder gar (von Hobby-Jägern) ausgesetzt oder aus dem benachbarten Ausland eingewandert sind. Vielmehr ist es so, dass immer mehr Wildtierarten dem Jagdrecht zugeordnet werden und auf diesem Weg den hohen Schutzstatus des Tierschutz- oder des Bundesnaturschutzgesetzes verlieren.

Gemeinsam mit 27 weiteren Tierschutzorganisationen fordert Wildtierschutz Deutschland deshalb, die bisherigen jagdrechtlichen Regelungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem nun bald 20 Jahren bestehenden Staatsziel Tierschutz zu überprüfen und bestehende Defizite zu bereinigen.

Allen voran sollte endlich ausdrücklich im Jagdrecht klargestellt werden, dass die Jagd an sich keinen vernünftigen Grund zum Töten von Tieren im Sinne des Tierschutzgesetzes darstellt! Vielmehr bedarf es für die Bejagung eines jeden Tieres eines vernünftigen Grundes. Anderenfalls kann nicht von einer “weidgerechten Jagd” gesprochen werden. Die in diesem Zusammenhang immer wieder zitierte Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 TierSchG bietet hierfür gerade keine Grundlage, da sie ausschliesslich das “Wie” der Jagd regelt, nicht aber auch “ob” eine Tierart überhaupt bejagt werden darf. Um hier die erforderliche Klarheit zu schaffen, sollte endgültig eine entsprechende Regelung in das Bundesjagdgesetz eingeführt und die Liste der jagdbaren Tierarten der veränderten gesellschaftlichen Einstellung zum Tierschutz angepasst werden.

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