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Sieg: Strafanzeige gegen IOC und FEI

Wegen Tierquälerei während den Olympischen Sommerspielen in Tokio haben wir bei der Staatsanwaltschaft Lausanne Strafanzeige gegen das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Fédération Equestre Internationale (FEI) erhoben.

1. Tierquälerei zu Lasten des Wallaches Jet Set: Vorfall vom 1.8.2021

Der Wallach Jet Set des Schweizer Vielseitigkeitsreiters Robin Godel musste in der Tierklinik in Tokio eingeschläfert werden, nachdem er sich bei einer äusserst schwierigen, ihn offensichtlich überanstrengenden Geländeprüfung in der Vielseitigkeit eine schwere und nicht operable Bänderverletzung zugezogen hatte (Beweisantrag A).

2. Tierquälerei zu Lasten des Wallachs Kilkenny: Vorfall vom 5.8.2021

Während des Ritts von Cian O’Conner (IRL) begann der neunjährigen Kilkenny, dessen Springmanier übrigens ebenfalls deutliche Fragen hinsichtlich der Trainingsmethoden aufwirft, heftig aus beiden Nasenlöchern zu bluten. Das Blut rann so stark, dass das Pferd, Mühe bekundete zu atmen, schliesslich war die ganze Brust voll Blut und das Pferd am Ende des Ritts offensichtlich erschöpft. Kein Turnierverantwortlicher reagierte auf diese leidvolle Lage des Pferdes, was entweder daran gelegen haben muss, dass ein solcher vor Ort fehlte oder aber dass er dem Leid des trotz Atembeschwerden zur Höchstleistung gezwungenen Tieres gleichgültig gegenüber stand. Beides führt zum Schluss, dass den Beanzeigten jegliches Interesse, Leid zu verhindern wie auch jegliche Massnahmen, dies effektiv zu tun, schlicht fehlen. Sie liessen nicht nur zu, dass ein gesundheitlich dazu sich nicht in der Lage befindliches Pferd in diesem anspruchsvollen Springparcours eingesetzt wurde, sondern stoppte die Quälerei auch nicht, als sie augenfällig wurde. Sie haben damit das Leiden des Pferdes in Kauf genommen und durch Nichtabklingeln gemehrt.

Diese Situation zeigt, dass die in den Statuten der FEI statuierten Regeln nicht der Absicherung des Wohls des Tieres verpflichtet sind, sondern alleine dazu dienen, die Inkaufnahme solcher Vorkommnisse wie auch deren Duldung während des Einsatzes der Tiere zu verschleiern. So ist zwar vorgesehen, dass im Springen Blut an den Flanken, welches sich im Wirkungsbereich der Sporen befindet, zum Ausschluss führt und dass in der Dressur führt ein blutiges Maul zum Ausschluss führt. Weshalb beim Springen ein blutiges Maul nur dann zum Ausschluss führt, wenn die zuständige richtende Person die Ursache für das Blut in der Hilfengebung des Reitenden über das Gebiss sieht, ist ebenso unerklärlich, wie weshalb starkes Bluten aus der Nase mit entsprechender Atembehinderung zu keinerlei Massnahmen führt. Auch sei darauf hingewiesen, dass ein Ausschluss eines Reiters nur dann als Massnahme zugunsten des Tieres qualifiziert werden kann, wenn er sofort, sprich bei erster Erhebung einer Leidzufügung erfolgt. Effektiv erfolgen Ausschlüsse, wenn überhaupt, immer erst im Nachgang, was dem Tier das Leiden nicht erspart (Beweisantrag B, B2, B3).

3. Tierquälerei zu Lasten des Pferdes Saint Boy: Vorfall vom 6.8.2021

Bei der Veranstaltung am 6.8.2021 im Modernen Fünfkampf versucht die Reiterin Annika Schleu das Pferd Saint Boy während einiger Zeit mittels Schlägen mit der Gerte und Tritten mit den Sporen in den Parcours und dort über die Hindernisse zu bringen. Die am Rande stehende Trainerin schlug das Tier offensichtlich verstörte, schweissnasse, panische Tier mit der Faust. Auch in diesem Fall fehlte seitens der Beanzeigten jeglicher Wille einzuschreiten und das Leiden des Tieres zu beenden, nachdem sie mit der Ausrichtung solcher Wettkämpfe, in denen die Pferde, hochsensible Wesen, per Los ihnen nicht bekannten Reitern zugewiesen werden, erst die Gefahr setzten, dass diesen Tiere im Rahmen des Wettkampfs Leid und Schmerz erfahren. Im Falle von Saint Boy kommt hinzu, dass das Pferd bereits unter der Vorreiterin massive Stressymptome zeigte. Dennoch blieb jedes Handeln zum Schutz der Kreatur aus (Beweisantrag C).

(Beweisantrag C 1)

Eine solche unzulässige Aufziehtrense hätte unbedingt vor Beginn des Wettkampfes festgestellt und
ausgetauscht werden müssen, ebenso hätten Reiterin und Trainerin merken können, dass
das Pferd offenkundig unter der schmerzhaften Trense leidet. Diese Art von Trense ist im Springsport nicht zugelassen.

4. Rollkur

Rollkur

Bei der Rollkur wird der Hals des Pferdes systemisch überdehnt, was für das Tier sehr schmerzhaft sein kann und dessen Bewegungsablauf möglicherweise nachhaltig stört. Seine Haltung, Durchblutung und Atmung werden enorm beeinträchtigt. Auch sind das Sehvermögen und damit die Orientierung des Pferdes stark eingeschränkt, was zu weiterem enormem körperlichem und psychischem Stress führt. Dies beweist eine Studie, die zeigt, dass Pferde bereits nach 10 Minuten in der Rollkur unter hohem Stress stehen. Tierschutzgesetzgebungen haben extra einen Artikel, der Rollkur verbietet. Dennoch hat man dies an den Olympischen Sommerspielen in Tokio zuhauf gesehen.

Viele „Turnierpferde“ stehen aus Angst vor Verletzungen hauptsächlich in der Box oder stundenweise einzeln auf sogenannten Paddocks. Das ist nicht artgerecht. Im Dressursport werden Pferde gezwungen, oftmals untypische und komplizierte Bewegungsabläufe wie beispielsweise Pirouetten auszuführen. Durch reiterliche Hilfen soll das Pferd „rittig“ und „durchlässig“ gemacht werden. Mit fragwürdigen Methoden wie der Rollkur, auch Hyperflexion genannt, wird beim Dressurreiten das Pferd gefügig gemacht. Den Tieren wird Leistung abverlangt. Wenn sie die nicht zur Zufriedenheit der Reiter:in erbringen, ernten sie Strafe, strengere Ausbildungsmethoden oder werden „untergestellt“ und nur mit dem Nötigsten versorgt. Das ist auch für die Psyche der sensiblen Tiere sehr leidvoll.

Jana Hoger, Peta Deutschland

Gemäss Art. 21 lit. h TSchV sind Methoden verboten, mit denen eine Überdehnung des Equidenhalses oder -rückens bewirkt wird. Diverse Pferde zeigen deutlich, dass sie im Training wie auch am konkreten Wettkampf in dieser tierquälerischen Haltung geritten werden.

  • Isabell Werth und das Pferd Bella Rose im Teamwettkampf im Dressurreiten mit Rollkur am 27.7.2021 (Beweisantrag D)
  • Dorothee Schneider und das Pferd Showtime im Dressur-Einzelwettkampf mit Rollkur am 28.7.2021 (Beweisantrag D 1).

Pferde sind keine Sportgeräte

1. Teddy Vlock stürzt nach Tierquälerei in Qualifikation zum Team-Springreiten mit dem Pferd Amsterdam am 6.8.2021 (Beweisantrag E).

2. Nach Tierquälerei läuft Pferd nach Sturz beim Springreiten über die Brasilianerin Ieda Guimaraes am 6.8.2021 (Beweisantrag E 1).

3. Das Pferd des Irren Shane Sweetnam stürzt nach Tierquälerei am 6.8.2021 (Beweisantrag E 2).

4. Sturz der Italienerin Elena Micheli im Pentathlon bevor das Pferd nach Tierquälerei weg rennt am 6.8.2021 (Beweisantrag E 3).

5. Fünfkampf-Tierquälerei zieht weitere Kreise (Beweisantrag E 4).

6. Ben Maher aus Grossbritannien mit dem Pferd Explosion im Einzelwettkamp im Springreiten mit Rollkur am 4.8.2021 (Beweisantrag E 5).

In keinem Fall ist der Veranstalter in irgendeiner Form tätig geworden, um proaktiv die Tierquälerei zu verhindern oder das leidige Treiben zu beenden.

Was sich in Tokios Baji Koen Equestrian Park ereignete, war weit entfernt vom normalen Springreiten und sollte stattdessen als pure Tierquälerei während den Olympischen Sommerspielen in Tokio bezeichnet werden.

Weitere Informationen:

Update November 2021:

Sieg: Der Moderne Fünfkampf wird künftig ohne die Teildisziplin Reiten betrieben. Das bestätigte der Weltverbands-Vizepräsident Joël Bouzou der französischen Sportzeitung «L’Equipe» und erklärte zudem, dass ein Ersatz noch nicht feststehe.

Update Oktober 2021:

Die Staatsanwaltschaft ist auf die Anzeige nicht eingegangen. Als Organisation sind wir zum Einlegen eines Rechtsmittels gegen die Nichtanhandnahmeverfügung leider nicht legitimiert. Tierschutzorganisationen gelten nicht als „unmittelbar berührt“, sie haben lediglich das Recht, eine mögliche Straftat anzuzeigen, nicht aber, sich im Verfahren (u.a. mit Rechtsmittelergreifung) zu beteiligen.

Das Strafrecht unterliegt dem Territorialprinzip. Grundsätzlich ist nur strafbar, wer eine Straftat in der Schweiz begeht (Art. 3 StGB). Es gibt zwar Ausnahmen hiervon, z.B. für Verbrechen oder Vergehen im Ausland gegen die Schweiz (Art. 4 StGB) sowie für Straftaten gegen Minderjährige im Ausland wie eben z.B. in Bezug auf Pädophile in Thailand (Art. 5 StGB) und unter ganz bestimmten Voraussetzungen für weitere Straftaten (Art. 6-7 StGB).

Die Staatsanwaltschaft Lausanne sieht sich im vorliegenden Fall als nicht zuständig, da die Taten vollumfänglich in Japan begangen (Ausführung und Erfolg der Tierquälerei, siehe Art. 8 StGB). Die Organisation der Rahmenbedingungen, die mutmasslich in der Schweiz erfolgt ist, ist davon nicht erfasst.

Nach unserer Ansicht haben wir jedoch mit der Strafanzeige und insbesondere mit der medialen Berichterstattung dazu hier ein wichtiges Zeichen gesetzt.

9 Kommentare

  1. Veronika Meyer-Zietz Antwort

    Was gibt Menschen überhaupt das Recht, Pferde unter zu jochen, zu zwingen , Hochleistungen zu erbringen, die völlig sinnlos und überflüssig sind. Leute, springt doch selber über die Hindernisse !

  2. Was sich einige menschen alles mit tieren erlauben ist respektlos und krank, viele haben wohl vergessen das sie selbst von tieren abstammen. Nicht nur in wettkämpen aller art sondern generell auch anderswo wie schon komentiert wurde. Ich finde es mehr primitiv als es ein tier je sein kann. Dann wird noch die grosse ahnung bescheinigt von solchen leuten .. unfassbar. Alles was zählt sind geld, anerkennung und medallien … wie bei allem. Solange tiere als „gegenstand“ deklariert und behandelt werden und nicht als lebendes wesen mit eigener persönlichkeit wird sich nie etwas ändern. Ich will nicht militant klingen aber diese form von olympia sport sollte nicht mehr zugelassen werden und auch in anderen bereichen sollten viel mehr anzeigen gemacht werden können und auch durchgehen. tierquälerein sollten hart bestraft werden und so richtig teuer sein … wo soll das sonst noch hinführen?

  3. Wie im Reitsport sind Tierquälereien im Trabrennsport, und Galopprennen und auch in vielen ganz normalen Reitställen üblich. Auch bei den Pferdeauktionen und werden tierquälerische Mittel angewandt.
    Versteckte Kamera und undercover Recherchen bzw. Reportagen wären hilfreich.
    Strafanzeige in Deutschland wegen Tierquälerei sollte auch gegen die Stierkämpferin Kreutter erfolgen.
    Aufmerksam machen möchte ich Sie auf die Raiffeisenbank Tägerwilen, die zu ihrer Mitgliederversammlung 1.Sept.2021 im Connyland einladt. Sie untersrützt damit ein Tierquälerunternehmen, Schon im letzten Jahr wurde auf diese Weise Zirkus Knie unterstützt. Bitte protestieren Sie auch dagegen.

  4. Danke für diese Aktion! Als Einzelperson kann man leider nichts bewirken. Und es wird Zeit! Der Sport wird immer grausamer und führt sich selbst ad absurdum. Es könnte ein schöner Sport sein. Ist es aber nicht. Ganz im Gegenteil

  5. Silvia Schwaller Antwort

    Tier zu quälen damit Menschen sich gross fühlen, sollte sofort verboten werden, Pferde und alle Tiere sind keine Sportgeräte…, selbst Pferdebesitzerin, ich hatte immer ehemalige Sportpferde, welche nicht mehr gebraucht wurden.

  6. Auch ich bin der Meinung, dass es richtig ist gegen den IOC und FEI Strafanzeige wegen Tierquälerei zu erheben- vielen Dank dafür.
    Es ist unfassbar, dass Menschen für offensichtliche Tierquälerei auch noch auf das Siegertreppchen steigen und eine Medaille in Empfang nehmen wollen. Hoffentlich kommen die Verantwortlichen nicht ungestraft davon, denn solche Zustände sind inakzeptabel!

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