Das NEIN-Komitee – anders als der Jagdverband „Jagd Schweiz“ – gegen das missratene Jagdgesetz hätte eine vernünftige Regelung im Umgang mit dem Wolf begrüsst. Doch die Revision geriet zum völlig unverständlichen Angriff auf zahlreiche Arten geschützter Tiere. Und dies in Zeiten grosser Sorge um die Biodiversität! Die Abschaffung von Bundeskompetenzen bei Abschüssen geschützter Tiere und neue, unklare Formulierungen im Gesetz verletzen die Rechtssicherheit und fördern willkürliche Entscheide. Auch dem Schutz des Bergwalds und der Landwirtschaft erweist das Gesetz einen Bärendienst.
Niemand im NEIN-Komitee, weder Jäger, Försterinnen, Naturschützer noch die zahlreichen Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus allen politischen Lagern (Grüne, glp, EVP, SP, Vertreter der FDP), würde sich gegen ein Gesetz mit Augenmass im Umgang mit dem Wolf stellen. Doch leider habe sich das Parlament verrannt, schreibt das Komitee in einer Medienmitteilung.
„Statt den Umgang mit dem Wolf pragmatisch zu regeln, schwächt das neue Gesetz den Artenschutz in der Schweiz. Es ist ein Angriff auf geschützte Säugetiere und Vögel.“
Niklaus Gugger, Nationalrat EVP (ZH)
Mit dem missratenen Jagdgesetz sind Luchs, Biber, Höckerschwan, Graureiher, Wolf, Fischotter, usw. vom Abschuss bedroht. Und den gefährdeten Arten Birkhahn, Schneehuhn, Waldschnepfe, Schneehase und Feldhase fehlt weiterhin der Schutz.
Aushebelung des Artenschutzes und juristischer Wirrwarr
Wie weit sich das revidierte Jagd- und Schutzgesetz vom Gleichgewicht „Jagd-Schutz-Regulierung“ entfernt hat, zeigt die Tatsache, dass Abschüsse zur Bestandsregulierung neu auch in Wildtierschutzgebieten möglich sind. „Das Gesetz lässt faktisch grenzenlose Abschussmöglichkeiten zu“, folgert der Jurist und SP-Ständerat Daniel Jositsch (ZH). Die Abschaffung der Zustimmung des Bundes zu Abschüssen geschützter Arten führt gemäss Jositsch zu einem Wirrwarr des Schutzniveaus bedrohter Tierarten. Nachhaltiger Schutz seltener Arten über Kantons- und Landesgrenzen hinaus werde damit unmöglich. Da sich Wildtiere nicht an Kantonsgrenzen halten, wird der Schutz bedrohter Arten damit grundsätzlich in Frage gestellt.
Herdenschutz stärken statt Abschuss als Lösung verkaufen
Der Schutz von Herden auf den Schweizer Alpen steckt noch immer in den Kinderschuhen. Tierhalter bleiben auf der Hälfte der Mehrkosten sitzen und vielerorts kommen Nachlässigkeit und Unwissen dazu. Dem Herdenschutz fehlt die starke Lobby der arrivierten Bauernverbände.
„Statt sich für die Interessen der Älpler einzusetzen und den Herdenschutz wirklich auf allen Ebenen zu stärken, versuchen die Bauernverbände ein missratenes Jagdgesetz als Lösung zu verkaufen.“
FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO)
Ihn stört zudem, dass die blosse Vermutung, Tiere könnten einen Schaden anrichten, und sogar ohne dass dieser besonders gross sein müsste, künftig schon einen Abschuss rechtfertigen soll.
Jagd auf Birkhahn, Schneehuhn und Feldhase wird zementiert
Wenn ein Gesetz mit den Worten „Mehr Schutz für Lebensräume und Tiere“ oder mit „Mehr Sicherheit für Tiere“ verkauft wird, ist dieser hohe Anspruch an den Fakten zu messen. Das passt gemäss Claire Richard, Grossrätin und Präsidentin der glp (VD), nicht zur nach wie vor erlaubten (Trophäen-)Jagd auf Birkhahn oder Schneehuhn. Mit der Gesetzesrevision wurde auch verpasst, die Jagd auf bedrohte Tiere zeitgemäss zu regeln und generell den Artenschutz zu stärken.
Ein Nein im Interesse der Berg- und Schutzwälder
Heute müssen Förster mit unendlicher Arbeit und millionenschweren Schutzmassnahmen Jungbäume vor dem zerstörerischen Wildfrass retten. Das vor allem im Berggebiet. Tausende von Gittern und kilometerlange Zäune sind notwendig. Das müsste nicht sein. Christophe Clivaz, Nationalrat Grüne (VS), hebt die positive Rolle der einheimischen Jäger Luchs und Wolf hervor, die Wildhuftiere auf natürliche Weise regulieren. So sorgen Wolf und Luchs für Naturverjüngung und für artenreiche, starke Bergwälder. Zahlreiche Försterinnen und Förster, der Schweizerische Forstverein und namhafte Vertreter der Gebirgswaldpflege engagieren sich für ein NEIN.
„Es ist unverantwortlich, ein Gesetz zu erarbeiten, das den Schutz der natürlichen Vielfalt schwächt“.
Christophe Clivaz, Nationalrat Grüne (VS)
Selbst unter Jägern umstritten
Ein Beispiel unter vielen: Die vom Bundesrat als Verbesserung gepriesene Verlängerung der Schonzeit der Waldschnepfe erfasst genau jene 30 Tage, in denen nur 4 % aller Waldschnepfen gejagt werden. Um wenigstens die Schweizer Brutvögel vor der Jagd durch Schweizer Hobby-Jäger zu schützen, hätte die Schonzeit deutlich weiter ausgedehnt werden müssen. Greta Gysin, Nationalrätin der Grünen (TI) sagt dazu: „Das Jagdgesetz wird auch von vielen verantwortungsvollen Jägerinnen und Jägern bekämpft, denen das natürliche Gleichgewicht ein grosses Anliegen ist.“ Mit den Abschüssen geschützter Tiere und der Jagd auf bedrohte Arten bringt das missratene Gesetz vernünftige Jäger in Verruf. Der Jagdverband meint ein Recht zu haben, aus Spass zu töten. „Das Jagdgesetz, so wie wir es vor uns haben, ist kein Kompromiss, nein, das ist ein Rückschritt.“
Etikettenschwindel auf Kosten der Natur
Momentan läuft für das neue Jagdgesetz bereits die Vernehmlassung zur Verordnung. Der Bundesrat verkauft sie unter „Mehr Schutz für Lebensräume und Tiere“. Der Höckerschwan steht in der Verordnung bereits auf der Abschussliste, weil das Parlament den Bundesrat per Motion dazu gezwungen hat. So kann es auch bald dem Biber, Luchs und Graureiher ergehen. Auch wenn der Bundesrat das Gegenteil behauptet: Die Verschlechterung beim Schutz der Wildtiere im revidierten Gesetz kann die Verordnung natürlich nicht korrigieren. Abschüsse zur Bestandsregulierung sind neu auch in Schutzgebieten möglich, sie waren bisher verboten. Die heute gültige Verpflichtung zu Massnahmen der Schadensverhütung vor Abschüssen wurde gestrichen und so fort. Der Bundesrat setzt in der Verordnung sogar noch eins drauf, indem er ohne jeglichen Grund versucht, den Schutz der Segler- und Schwalbennester für die nächste Brutsaison abzuschaffen. Unser Land braucht wirklich die Chance, ein besseres Jagdrecht mit Gesetz und Verordnung zu schaffen. Wer das missratene Gesetz unter dem Titel «Mehr Schutz für Lebensräume und Tiere» anpreist, betreibt Etikettenschwindel. Dazu braucht es jetzt einmal ein Nein am 27. September, erklärt Nik Gugger, Nationalrat EVP, ZH.
Ein Nein zugunsten eines zeitgemässen Jagdrechts für das ganze Land
Ein Nein am 27. September, so betont das Komitee, ist im Interesse der ganzen Schweiz. Es öffnet die Tür für ein fortschrittliches, schutzorientiertes Jagdgesetz.
Interessen-Gemeinschaft Wild beim Wild
Die IG Wild beim Wild ist eine gemeinnützige Interessen-Gemeinschaft, die sich für die nachhaltige und gewaltfreie Verbesserung der Mensch-Tier-Beziehung einsetzt, wobei die IG sich auch auf die rechtlichen Aspekte des Wildtierschutzes spezialisiert hat. Eines unser Hauptanliegen ist, in der Kulturlandschaft ein zeitgemässes und seriöses Wildtiermanagement nach dem Vorbild vom Kanton Genf einzuführen – ohne Hobby-Jäger aber mit integren Wildhütern, die den Namen auch verdienen und gemäss einem Ehrenkodex handeln. Das Gewaltmonopol gehört in die Hände des Staates. Die IG unterstützt wissenschaftliche Methoden der Immunokontrazeption für Wildtiere.