Die weltweiten Tierbestände in Wäldern sind seit 1970 durchschnittlich um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommt die vom WWF veröffentlichte Studie „Below The Canopy“. Es ist die erste Untersuchung ihrer Art, die sich speziell der Entwicklung der globalen Tierpopulationen in Wäldern widmet.
Als Hauptursache für den Rückgang nennen die Umweltschützer den durch Menschen verursachten Lebensraumverlust. Entwaldung und Degradierung der Wälder seien zu 60 Prozent für den Einbruch der Tierbestände verantwortlich. Besonders dramatisch ist die Entwicklung laut WWF in den Tropen, wie etwa dem Amazonas-Regenwald.
„Die grosse Mehrheit aller Landtiere lebt in Wäldern und ist von ihnen abhängig. Aber diese Abhängigkeit ist wechselseitig: Wälder sind auf eine intakte Tierwelt angewiesen, die für sie lebenswichtige Funktionen erfüllt, etwa das Bestäuben und Verbreiten von Baumsamen. Ohne Tiere sinkt auch die Fähigkeit der Wälder, Kohlenstoff zu speichern. Gerade die für den Klimaschutz wichtigen Baumarten drohen ohne Tiere verloren zu gehen“, sagt Dr. Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland. „Wälder sind unser grösster natürlicher Verbündeter im Kampf gegen die Erderhitzung. Wenn wir den weltweiten Rückgang der biologischen Vielfalt umkehren und die Klimakrise verhindern wollen, müssen wir die Wälder und die dort lebenden Arten schützen.“
Insgesamt wurden die Daten von 268 Wirbeltierarten und 455 Populationen untersucht, die in Wäldern leben und vollständig von ihnen abhängig sind. Im Schnitt gingen diese Bestände von Vögeln, Säugetieren, Amphibien und Reptilien seit 1970 um durchschnittlich 53 Prozent zurück. Angesichts der dramatischen Entwicklung fordert der WWF die Staatengemeinschaft auf, den planetaren Wald-Notstand zu erklären und einen „New Deal“ für Mensch und Natur zu schliessen. Ziel müsse sein, die Klimakatastrophe zu stoppen, die verbleibenden Naturräume der Erde zu erhalten und den Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu finden. Der Schutz und die Wiederherstellung der Wälder müssten dabei im Mittelpunkt der Anstrengungen stehen.
Der WWF nennt 2020 als zentrales Jahr für entscheidende Schritte in diese Richtung: Von den Staats- und Regierungschefs der Welt erwarten die Umweltschützer, dass sie Fortschritte bei den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Klimaabkommen erzielen. Vor allem aber brauche es klar definierte und messbare Meilensteine bei der Aushandlung neuer Zehnjahresziele für das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD).

Laut WWF ist die Entwaldung trotz ihrer besonderen Bedeutung nicht das einzige Problem. Der Verlust der Waldqualität spiele ebenfalls eine wichtige Rolle. Augenscheinlich intakte Waldflächen gingen nicht automatisch einher mit einer reichhaltigen Tierwelt. Waldtiere seien einer Vielzahl von Bedrohungen ausgesetzt, wozu neben dem Lebensraumverlust auch Wilderei, invasive Arten, die Erderhitzung oder Krankheiten gehörten. In manchen Regionen, insbesondere in Zentralafrika, habe man es mit dem sogenannten „empty forest syndrome“ zu tun – auf den ersten Blick intakte Wälder, in denen aber kaum noch Tiere leben. Daher bedürfe es eines ganzheitlichen Ansatzes, der über den reinen Waldschutz im Sinne von Baumbedeckung und Aufforstung hinausgeht.