Hausesel (Equus asinus) sind für den Menschen seit Jahrtausenden von grosser Bedeutung, da sie in vielen Kulturen eine zuverlässige Quelle für tierische Arbeitskräfte und Langstreckentransporte darstellen.
Ursprünglich wurden Esel auch als Reittiere und zum Ziehen von Wagen verwendet. Später wurden sie in der Regel von Pferden abgelöst, die schneller und kräftiger waren. Ab dieser Zeit tauchen Esel in den Überlieferungen alter Kulturen kaum noch auf. Dass man den Esel vor allem als Packtier weiter verwendete, liegt an seiner Zähigkeit. Viel länger als ein Pferd kann ein Esel ohne Wasser und Nahrung auskommen. Esel wurden bevorzugt auch in Mühlen gehalten und dienten dort als Sackträger für Getreide und Mehl. Da Esel anders als Pferde schwindelfrei sind, waren und sind sie in steilen Bergen ein bevorzugtes Reit- und Lasttier (Lastesel).
Neben den rein äusserlichen Unterschieden zu Pferden verfügen Esel über einige Besonderheiten, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Im Gegensatz zu Pferden besitzen Esel fünf statt sechs Lendenwirbel. Esel verfügen über 31 Chromosomenpaare, Pferde haben 32. Die Körpertemperatur ist bei Eseln etwas niedriger, sie beträgt durchschnittlich 37 °C statt der üblichen 37,5 bis 38,2 °C bei Pferden. Die Tragzeit ist bei Eseln länger als bei Pferden. Im Durchschnitt beträgt sie 365 bis 370 Tage gegenüber 330 Tagen beim Pferd. Bedeutend sind auch Unterschiede im Verhalten: Pferde neigen in Stresssituationen zur Flucht, Esel hingegen zum Innehalten. Eselstuten leben oftmals alleine mit ihren Fohlen im Gebirge und eine sofortige Flucht ist deshalb nicht immer möglich, ohne das Fohlen zu gefährden. Esel bleiben oft wie angewurzelt stehen. Zusätzlicher Stress, zum Beispiel durch Schläge oder Schreie, verstärkt diese Starre eher, woraus der Ruf des Esels als besonders stures oder dummes Tier resultiert. Dies ist jedoch falsch. Esel leben ursprünglich in schroffem Ödland und felsigem Gebirge. Esel sind sehr aufmerksam. Sie prüfen genau, wohin sie treten. Anders als beim Pferd – einem Bewohner offener Steppen – würde eine kopflose Flucht der Tiere im steilen oder steinigen Gelände zum sicheren Tod führen. Esel sind in der Regel langlebiger als Pferde und können über 40 Jahre alt werden.
Ungeachtet der Schlüsselrolle, die sie in alten Hirtengesellschaften in Afrika, Europa und Asien spielten, und der Funktionen, die sie auch heute noch in Gemeinschaften mit niedrigem und mittlerem Einkommen erfüllen (insbesondere in semiariden und hochgelegenen Gebieten), ist jedoch relativ wenig über ihre Herkunft, den Zeitplan ihrer Domestizierung und die Auswirkungen der menschlichen Bewirtschaftung auf ihre Genome bekannt.
Nun hat ein Forscherteam unter der Leitung der Universität Paul Sabatier in Toulouse, Frankreich, eine umfassende genetische Analyse sowohl moderner als auch alter Esel durchgeführt, die Aufschluss über deren Herkunft, Ausbreitung und Bewirtschaftungspraktiken gibt. Durch die Auswertung von 238 Genomen moderner und alter Esel – 207 moderne Esel, 31 alte Esel sowie 15 Wildpferde – fanden die Wissenschaftler starke phylogeografische Belege für ein einziges Domestikationsereignis in Ostafrika.
Diesem Ereignis folgte eine Reihe von Ausbreitungen in ganz Afrika und nach Eurasien, wo mehrere Unterpopulationen schliesslich isoliert wurden und sich voneinander unterschieden, was wahrscheinlich auf die Austrocknung der Sahara zurückzuführen ist. Letztendlich fanden jedoch genetische Varianten aus Europa und dem Nahen Osten ihren Weg zurück in die westafrikanischen Eselpopulationen.
Darüber hinaus ergaben die Analysen eine bisher unbekannte genetische Linie in der Levante vor etwa 2’200 Jahren, die wahrscheinlich zu einem verstärkten genetischen Fluss zu asiatischen Eselpopulationen beitrug. Schliesslich war die Eselhaltung im Laufe der Geschichte mit der Kreuzung und Erzeugung grosser Blutlinien verbunden, vor allem in einer Zeit, als diese Tiere für die römische Wirtschaft und das Militär von wesentlicher Bedeutung waren.
Mithilfe von Computermodellen schätzten die Forschenden die Verwandtschaft der Esel auf Basis ihrer DNA ein und kamen dabei zum Schluss, dass der Esel nur ein einziges Mal domestiziert wurde. Das war vor mehr als 7’000 Jahren, als Hirten in Kenia und am Horn von Afrika begannen, wilde afrikanische Esel zu zähmen.
Vor 5’000 Jahren war die Domestizierung dann in vollem Gange. Die ersten Esel wurden nordwärts und westwärts nach Ägypten und in den Sudan gehandelt. Innerhalb von 2’500 Jahren verbreiteten sie sich in Europa und Asien, wo sie sich zu unterschiedlichen regionalen Populationen entwickelten.
Greger Larson, ein Evolutionsbiologe an der Universität Oxford, der nicht an der Studie beteiligt war, hält diese neue Studie und ihre Details für erstaunlich. Die neue Arbeit kläre nicht nur, wie oft Esel gezähmt wurden, sondern sie zeige auch, dass Esel nie durch Inzucht gezüchtet wurden, wie es bei Pferden der Fall war. Und Larson zeigt sich erfreut darüber, dass nun auch der Esel endlich zu seinem Recht gekommen sei.
Die Studie wurde in der Zeitschrift Science veröffentlicht.