Studien in den USA belegen: Wo sich der Wolf niederlässt, gehen die Kollisionen mit Wild zurück.
„Es zeigte sich, dass innerhalb kurzer Zeit nach der Ansiedlung der Wölfe die Unfälle mit Wild um rund 24 Prozent zurückgingen„, sagt Dominic Parker, Koautor der im Fachjournal „Pnas“ veröffentlichten Studie. Der Grund dafür sei einerseits die Ausdünnung der lokalen Wildpopulation durch die Wölfe, vor allem aber Verhaltensänderungen der Beutetiere durch die Anwesenheit der Beutegreifer.
Dieses bereits in mehreren Regionen beobachtete Phänomen hat nun ein Team um Jennifer L. Raynor von der Wesleyan University im US-Bundesstaat Connecticut auch anhand von Zahlen belegt. Die Forscher haben Daten über Verkehrsunfälle mit Wild und Wolfsbewegungen in Wisconsin gesammelt und konnten auf dieser Grundlage quantifizieren, wie die dort sesshaft gewordenen Wölfe die Häufigkeit von Kollisionen zwischen dem lokalen Beutewild – in diesem Fall Weisswedelhirsch – und Fahrzeugen beeinflusst haben.
„Wölfe nutzen lineare Merkmale einer Landschaft als Bewegungskorridore. Dazu zählen Strassen, Wege und Pipelines ebenso wie etwa Bachbette. Hirsche lernen dies schnell und können sich anpassen, indem sie sich von solchen Strukturen fernhalten„, erklärt ein Ökonom von der University of Wisconsin. Es entstünden gleichsam „Korridore der Angst„, die das Wild zunehmend meidet. Das deutet auch darauf hin, dass Hobby-Jäger nicht denselben Effekt hätten, wenn sie einfach genauso viel Wild schiessen würden, wie es die Wölfe erbeuten.
Eine Studie aus dem Jahr 2016 ergab, dass auch die Wiederansiedlung von Pumas die Zahl der Unfälle mit Wild im Osten der USA um etwa 22 % verringern konnte.
Ökologischer und ökonomische Gewinn
Wölfe bereichern nicht nur die Artenvielfalt, sondern haben auch einen grossen Mehrwert für Ökosysteme. Sie halten den Wildtierbestand gesund und in guter Kondition. Denn Wölfe jagen kranke oder schwache Tiere effizienter als Hobby-Jäger:innen. Damit agieren sie als „Gesundheitspolizei“ des Waldes. Wölfe können somit auf der Jagd Krankheiten eindämmen. Sie können dabei helfen, die viel zu hohe Zahl an Hirschen, Rehen und Wildschweinen zu senken. Denn trotz aller Bemühungen der Hobby-Jägerschaft ist es nicht gelungen, die Dichte an Schalenwild zu reduzieren, was zu massiven Verbiss-Schäden in den Wäldern führt. Zudem hinterlassen Wölfe Beutereste als wichtige Nahrungsquelle für andere Arten.
Pro Jahr kommt es durchschnittlich zu über 20’000 Wildunfällen auf Schweizer Strassen und Schienen. Die Kosten dieser Unfälle belaufen sich gemäss Schätzungen auf mehr als 50 Millionen Schweizer Franken. Menschen werden bei durchschnittlich 100 Fällen pro Jahr verletzt. Wölfe können somit auch einen ökonomischen Einfluss haben.
Einige Studien befassten sich in der Vergangenheit mit den Einnahmen, die durch Touristen generiert werden, die beispielsweise zur Wolfsbeobachtung kommen.
„Die meisten wirtschaftlichen Studien zu Wölfen beschäftigen sich nur mit den negativen Auswirkungen und konzentrierten sich auf Verluste bei Nutztieren. Aber Wölfe verändern Ökosysteme in vielerlei Hinsicht, was wirtschaftlich bisweilen schwer fassbar ist.
Dave Mech, leitender Forscher des U.S. Geological Survey in Minnesota.
Gesunde Wölfe reagieren scheu und vorsichtig auf Menschen. Im Vergleich zu anderen wehrhaften Tieren wie Wildschweinen oder Kühen wird die Gefährlichkeit des Wolfes bei einigen Vertretern von Landwirtschaft und Jagd stark übertrieben bzw. wird von einzelnen Interessenvertretern Panikmache betrieben. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Seit der Rückkehr der Wölfe in die Schweiz (heute leben rund 80 Wölfe in der Schweiz) gab es keine einzige Attacke oder Verletzte. Weltweit gibt es einige Fälle, aber diese waren verbunden mit Krankheiten (Tollwut) oder menschlichem Fehlverhalten (beispielsweise Fütterung).
Im Gegensatz dazu kommt es jedes Jahr zu tausenden spitalsbehandelten Verletzungen durch Hundebisse und es werden pro Jahr zu viele Personen bei Wildunfällen verletzt.
Die Tatsache, dass die Anwesenheit des Wolfes auch Vorteile bringt – in gewisser Hinsicht sogar Leben retten kann, wird kaum bedacht.