Kunterbunt

Tradition ou idées noires?

Es ist ein Fest, das den Jurassierinnen und Jurassiern sehr am Herzen liegt, die bei diesem Anlass ihren auswärtigen Freunden gerne ein Stück ihrer Heimat zeigen.

Im Jura und insbesondere in der Region Ajoie wird das Sankt-Martinsfest um den 11. November gefeiert. Dieser Tag ist dem berühmten Heiligen ungarischer Herkunft und Martin von Tours gewidmet. Er ist einer der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche und der erste, dem diese Würde nicht als Märtyrer, sondern als Bekenner zugesprochen wurde. In einer barmherzigen Tat teilte er seinen Mantel mit dem Schwert und gab eine Hälfte, am Stadttor von Amiens, einem armen, unbekleideten Mann. In der folgenden Nacht sei ihm dann im Traum Christus erschienen, bekleidet mit dem halben Mantel, den Martin dem Bettler gegeben hatte. 

Im Jahr 351 – also im Alter von 34 oder 35 Jahren – wurde Martinus von Bischof Hilarius von Poitiers getauft. Im Jahr 356 diente Martin unter Julian im Kampf gegen die Alemannen. Julian zog ein Heer zusammen beim Heerlager der Civitas Vangionum, dem heutigen Worms, um den anrückenden Germanen zu begegnen. Hier verweigerte Martinus die Teilnahme an der Schlacht mit dem Hinweis, er sei von nun an nicht mehr miles Caesaris, ein Soldat des römischen Kaisers, sondern miles Christi, Soldat Christi, und bat um Entlassung aus dem Armeedienst. 

In früheren Zeiten wurde dieses Sankt-Martinsfest zum Abschluss des bäuerlichen Jahres gefeiert, und es war auch ein wichtiger Termin für die Bezahlung des Pachtzinses. Heutzutage wird am Sankt-Martinsfest teilweise mehr dem «Schweineblut» als irgendeinem Heiligen gehuldigt. Die mit dem Fest verbundene «Metzgete», für die unzählige Schweine geschlachtet werden, ist für die einen ein eindrucksvolles Schauspiel, das alljährlich auch die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zieht.

Die umfangreiche Palette von „Frischfleischspezialitäten“ wird im Rahmen eines Schlemmermenüs mit Dutzenden von Fleischplatten verspeist. Hausgemachtes Sulz aus Schweinefüssen, -ohren, -kopf, -rüssel und -schwanz; Siedfleisch; Blutwurst, Bauchspeck und Hirn; «Côtines»; Würste, Adrios, Sauerkraut mit Schweineschmalz und Rauchfleisch… Vom Schwein sei alles so gut, dass ein solches Menü mit einem Braten gekrönt wird, zusammen mit Rösti, Salaten oder Kartoffelstock, loben die Teilnehmer den Anlass. Traditionell wird dabei auf dem Land von Restaurant zu Restaurant gewandert – heute auch einfach mit dem Auto abgefahren. Eine Liste der teilnehmenden Beizen ist hier zu finden: Link

Auch im Kanton Jura sieht man Schweine hauptsächlich in Teilen nur auf dem Teller. Wer sich aber wundert, wie es auf dem Land – beim Bauer in der Schweiz im Jahr 2022 – aussieht, hier ein Fotobeweis. Für die Viehbauern normal, keine Massentierhaltung oder Tierquälerei!

Damit alles gut verdaut wird, empfiehlt sich ein guter Wein sowie der berühmte «Coup du milieu» aus starkem Alkohol, idealerweise aus dem Pflaumenschnaps Damassine. Da das Sankt-Martinsfest immer populärer wird, zieht es auch immer mehr auswärtige Besucher an. Heutzutage stehen insbesondere an den Martinimärkten zahlreiche lokale Unterhaltungsangebote zur Verfügung. In der Ajoie ist der «Lundi de St-Martin» (der Montag, der auf den Festsonntag folgt) ein Feiertag. Am darauffolgenden Sonntag können die Festlichkeiten anlässlich des «Revirat» weitergehen, schreibt der Tourismus.

Wie viel Barmherzigkeit zeigen die Jurassierinnen und Jurassiern mit solch anachronistischen Traditionen, wo ihnen doch der Heilige Martin wie auch Christus Gewaltlosigkeit vorgelebt hat?

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