Im Fürstentum Liechtenstein ist der zweite Nachweis über die Anwesenheit eines Wolfes gelungen. Der Beutegreifer tappte in eine Fotofalle, die eigentlich zur Überwachung von Luchsen aufgestellt worden war. Derweil haben Forscher vier Winter lang die Gewohnheiten der Tiere analysiert.
Die Aufnahme des Wolfes in Steg im Liechtensteiner Alpengebiet stammt vom Montag letzter Woche, wie die Behörden in Vaduz am Dienstag meldete. Es handle sich um den zweiten gesicherten Nachweis eines Wolfes auf Territorium des Fürstentums. Der erste datiert vom Dezember 2018. Er wurde ebenfalls in Steg gemacht.
Woher der zweite Wolf stammt und und wie lange er sich schon im Grenzgebiet zwischen Liechtenstein und dem österreichischen Bundesland Vorarlberg aufhält, ist Behördenangaben zufolge unbekannt. Das Amt für Umwelt erhöht den Einsatz von Fotofallen und arbeitet mit den Jagdaufsehern zusammen, um weitere Hinweise auf Wolfspräsenz zu prüfen.
Das Amt für Umwelt hält Nutztierhalter, insbesondere Kleinviehalter, an, ihre Herdenschutzmassnahmen zu kontrollieren. Fragen oder Unklarheiten bezüglich Herdenschutzmassnahmen können mit dem Amt für Umwelt oder direkt beim Herdenschutzteam am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen (LZSG) geklärt werden. Die Herdenschutzberatungen werden dieses Jahr unter Berücksichtigung aller derzeitig geltenden Hygiene- und Verhaltensregeln im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie durchgeführt. Herdenschutzberatungen für Nutztierhalter in Liechtenstein sind kostenlos.
Wölfe siedeln sich dort an, wo es Rot- und Rehwild gibt
Bei der Rückkehr der Wölfe sind Konflikte vorprogrammiert, beispielsweise mit rückständigen Landwirten. Berner Forscher haben nun vier Winter lang die Gewohnheiten der Tiere analysiert, um ihre künftigen Wohngebiete vorauszusagen. Fazit: Wölfe leben dort, wo ihnen das Essen behagt.
Eine Forschungsgruppe unter der Leitung der Abteilung Naturschutzbiologie des Instituts für Ökologie und Evolution der Universität Bern hat von 2012/13 bis 2015/16, die Lebensraumnutzung der Wölfe im Kanton Wallis registriert und kartografiert. Zwar leben hier schon seit 1995 einzelne Tiere, der erste Wurf wurde jedoch erst 2016 nachgewiesen – der Untersuchungszeitraum umfasste damit genau die Phase der ersten Rudelbildung.
«Um Informationen über die Raumnutzung der Wölfe zu erhalten, stellten wir über 100 Fotofallen systematisch an Wildwechseln auf», erklärt Studien-Letztautorin Veronika Braunisch. Zusätzlich wurden flächendeckend Lebensraumfaktoren wie Wetterbedingungen, Landnutzung und Topografie erhoben. Und um herauszufinden, welches Beuteangebot vorhanden war, zählten sie auf abgesteckten Pfaden Spuren von Rehen, Hirschen, Gämsen und anderen Tierarten im Schnee.
Beuteangebot als entscheidendes Ansiedlungskriterium
Es zeigte sich, dass das Beuteangebot das entscheidende Ansiedlungskriterium war, wichtiger noch als Landschaft und Landnutzung, Niederschlagsmenge und Jagdbanngebiete. In der Phase der Rudelbildung bevorzugten die Wölfe Gegenden mit einer hohen Dichte an Rotwild, denn Hirsche bringen quantitativ mehr Nahrung und können gemeinsam auch problemlos erlegt werden. Einzelne Wölfe bevorzugen dagegen die leichter zu erwischenden Rehe.
Aus den Daten können die Forschenden nun Karten erstellen, die zeigen, wo sich Wölfe mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit aufhalten, oder künftig aufhalten werden. «In diesen Gebieten ist es besonders sinnvoll, geeignete Schutzmassnahmen zu anzuwenden», so Raphaël Arlettaz.