Pro Natura und der WWF Schweiz erachten die erteilte Abschussbewilligung des Kanton Wallis für einen Wolf als nicht rechtens.
17.6.2016 – Der Kanton darf in diesem Fall keine Bewilligung im Alleingang erteilen, da höchstwahrscheinlich mit Welpen und damit mit dem dritten Wolfsrudel der Schweiz gerechnet werden kann. Einen Abschuss eines Elternteils in dieser kritischen Phase würden die Jungtiere nicht überleben. Die beiden Naturschutzverbände reichen deshalb Beschwerde gegen die vorliegende Abschussbewilligung ein und verlangen aufschiebende Wirkung.
Der Kanton Wallis hat am Dienstag den Abschuss eines Einzelwolfes verfügt. Es ist aber höchst wahrscheinlich, dass die seit vergangenem Jahr als Paar lebenden Wölfe F14 und M59 ein Rudel gebildet haben. Damit wäre – gemäss geltendem Wolfskonzept – das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und nicht mehr der Kanton Wallis für die Abschussbewilligung zuständig. Der Kanton Wallis selbst hat in der Augstbordregion die Präsenz von zwei läufigen Weibchen und einem Männchen nachgewiesen.
Das Wolfskonzept empfiehlt in der Zeit vom 1. April bis 31. Juli «(…) auf einen Abschuss grundsätzlich [zu verzichten].». Das hat biologische Gründe: In diesem Zeitraum sind die Wolfsjungen noch in der Wurfhöhle; sie nachzuweisen ist ohne Störung unmöglich. Der Abschuss der Wolfsmutter oder des Wolfsvaters in dieser Zeit würde den sicheren Tod der Jungtiere bedeuten. Pro Natura und der WWF Schweiz verlangen, dass diesem Umstand bei so deutlichen Anzeichen für eine Rudelbildung Rechnung getragen wird.
Pro Natura und der WWF reichen deshalb heute Beschwerde gegen die Abschussbewilligung für einen Wolf ein und verlangen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
Der Wolfsbestand in der Schweiz steht noch auf unsicheren Beinen. Das mögliche dritte Rudel im Wallis ist wichtig für das Überleben der Wölfe in der Schweiz. Ausserdem zeigt das Beispiel des Calandarudels, dass eine Rudelbildung nicht zu einer Zunahme der Schäden führt, da der Erfolg bei der Jagd auf Wildtiere im Rudel grösser ist. Pro Natura und der WWF Schweiz fordern den Kanton Wallis auf, sich auf die Umsetzung der Herdenschutzmassnahmen zu konzentrieren, und verlangen von Herrn Staatsrat Melly, während der kritischen Periode keinen Wolf schiessen zu lassen.
Herdenschutz läuft nur schleppend an
Bereits im vergangenen Jahr hatten Pro Natura und der WWF Schweiz Beschwerde gegen eine Abschussbewilligung mit ähnlichen Vorzeichen eingereicht. Der Fall ist noch immer hängig. Auch das Bundesamt für Umwelt BAFU hatte damals eine Beschwerde eingereicht, denn es sah den Leitfaden zum Herdenschutz nicht umgesetzt. Die Umweltorganisationen anerkennen zwar, dass seit letztem Jahr in der Augstbordregion Fortschritte im Herdenschutz zu verzeichnen sind. Doch die hohe Anzahl der nicht anrechenbaren Risse zeigt, dass die Mehrheit der Nutztiere weiterhin ungeschützt ist. Nicht anrechenbar sind gerissene Nutztiere, wenn der Herdenschutz nicht genügend umgesetzt wurde. Damit wird immer noch eine Spezialisierung der Wölfe auf Nutztiere provoziert. Diese Spezialisierung gefährdet wiederum den Herdenschutz.
16.6.2016 – CVP Politiker Jacques Melly vom Staatrat im Kanton Wallis hat wieder eine fragwürdige Abschussbewilligung für einen Wolf in der Augstbordregion erteilt.
Ab heute Morgen den 16.6.2016 können Jäger in der Augstbordregion die Abschussverfügung eines Wolfes vollziehen.
Ins Visier genommen werden darf der Wolf lediglich dort, wo eines der Raubtiere den Versuch unternimmt, eine nach Vorgaben vom Bund und Kanton geschützte Schafherde anzugreifen.
Der WWF bedauert und kritisiert den Entscheid des Kantons. «Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass das Wolfspaar in der Augstbordregion vor Kurzem Nachwuchs hatte. In diesem Fall hat der Kanton gar keine Kompetenz, eine Abschussbewilligung zu erteilen. Kommt hinzu, dass während der Reproduktionszeit eine Schonfrist für Weibchen vorgesehen ist.»
Die Gruppe Wolf Schweiz hält die Abschussbewilligung der Walliser Kantonsbehörden für einen Wolf in der Augstbordregion für widerrechtlich. Nach Ansicht der Gruppe ignoriert das Wallis die wahrscheinliche Rudelbildung in der Region.
Das Verhalten der Wölfe liefere starke Indizien dafür, dass mittlerweile Welpen geboren wurden, teilte die Gruppe Wolf Schweiz (GWS) mit. Ein Rüde des Wolfspaares gehe seit einigen Wochen alleine auf die Jagd, was Bilder von Fotofallen beweisen würden.
Ein Abschuss zu diesem Zeitpunkt würde mit grosser Wahrscheinlichkeit das Vatertier M59 treffen. Noch Ende April und Anfang Mai rissen beide Tiere zusammen Nutztiere.
In den ersten Woche nach der Geburt verbringe das Muttertier die meiste Zeit in der Wurfhöhle, um den Nachwuchs zu versorgen. Zu dieser Zeit sei die Wolfsfamilie davon abhängig, dass der Vater sie mit Futter versorge.
Beschwerde noch offen
Ein Abschuss wäre für die Welpen deshalb ein Todesurteil, schreibt die Gruppe. Das mögliche Rudel verbiete einen Wolfsabschuss zum jetzigen Zeitpunkt. Möglich wäre nach Bundesrecht höchstens eine Regulierung des Rudels im Winter.
Weil die Gruppe Wolf Schweiz über kein Verbandsbeschwerderecht verfügt, bleibt es bei der geäusserten Kritik gegen die Abschussbewilligung.
Die Naturschutzverbände WWF und Pro Natura, die ein Beschwerderecht haben, haben noch nicht über eine allfällige Beschwerde entschieden, wie es am Mittwoch auf Anfrage hiess. Das Wallis hatte die Abschussbewilligung am Dienstag erteilt, nachdem zwischen April und Anfang Juni insgesamt 50 Schafe und Ziegen getötet worden waren.
Qualität der Schutzmassnahmen
Der WWF wolle nun das vom Kanton zugestellte Dossier, das Auskunft gibt über die verschiedenen Massnahmen auf den betroffenen Weiden, in den nächsten Tagen prüfen. «Gemäss unseren Informationen war die Qualität der Schutzmassnahmen auf den Frühlingsweiden sehr unterschiedlich», so Schmid. Erst dann wolle der WWF abschliessend über eine Beschwerde wie im vergangen Sommer mit ähnlicher Ausgangslage entscheiden.
«Die beiden Aschussverfügungen sind in vielen Punkten vergleichbar. Auch letztes Jahr war nicht klar, ob es sich um Einzeltiere oder ein mögliches Rudel handelt. Daher vertrat auch das BAFU die Ansicht, dass der Kanton keinen Abschuss bewilligen darf. In diesem Fall haben die Umweltverbände und das BAFU die Beschwerden an das Kantonsgericht weitergezogen, wo sie hängig ist. Es ist für uns etwas unverständlich, dass hier der Kanton noch mal gleich handelt (Wild beim Wild informierte) obwohl viel darauf hindeutet, dass die Augstbordwölfe vor kurzem Junge hatten» schreibt 1815.ch.
Die eidgenössische Jagdverordnung sieht vor, dass ein einzelner Wolf zum Abschuss freigegeben werden kann, wenn dieser mindestens 15 Nutztiere tötet und nachdem bereits im Vorjahr Schäden durch Wölfe zu verzeichnen waren. Es werden nur diejenigen gerissenen Nutztiere für die Erteilung einer Abschussbewilligung berücksichtigt, wenn die Herdenschutzmassnahmen in den betreffenden Gebiet ergriffen wurden.
update folgt…