Jagd

Jagd und Alkohol: Bern will Neuenburg vorerst nicht nachahmen

Berner Volksvertreter fragen sich, ob der Kanton Bern nicht per Gesetz die Bewilligung von Hobby-Jägern entziehen sollte, die bei der Ausübung ihres Hobbys erwischt werden, während sie Alkohol trinken. Die Regierung ist jedoch der Ansicht, dass dies nicht erforderlich ist.
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Im Kanton Neuenburg ist der Alkoholkonsum bei der Hobby-Jagd ab sofort eingeschränkt.

Im Kanton Bern ist bislang kein entsprechendes Gesetz geplant.

Mit Alkoholtests ausgerüstete Wildhüter sind bereit, jeden etwas zu stark alkoholisierten Hobby-Jäger aufzuspüren. Der Kanton Neuenburg ist damit der erste Westschweizer Kanton und der zweite in der Schweiz (nach Zürich), der eine Alkoholbeschränkung von 0,5 Promille bei der Jagd einführt. Auch der Gebrauch von Betäubungsmitteln und Medikamenten ist von nun an eingeschränkt. Bei Missbrauch droht dem Hobby-Jäger ein Entzug des Jagdscheins zwischen einem und fünf Jahren. Diese Entscheidung der Neuenburger Behörden erfolgte nach einem Vorfall im Jahr 2018, bei dem ein alkoholisierter Hobby-Jäger und ein Radfahrer beteiligt waren.

Derzeit gibt es im Kanton Bern keine Vorschriften über den Konsum von Alkohol oder anderen Substanzen bei der Jagd. “Und es sind auch keine Schritte in diese Richtung im Gange, weder auf Verwaltungsebene noch im Grossen Rat”, sagt Lorenz Hess, Präsident des Jägerverbands des Kantons Bern. “Aber ich glaube ohnehin nicht, dass dies wirklich notwendig ist. Es gibt eigentlich keine alkoholbedingten Vorfälle, auch weil Jäger ohnehin die Beschränkungen des Strassenverkehrsgesetzes beachten müssen, da sie in der Regel mit ihrem eigenen Fahrzeug unterwegs sind.”

Fakten statt Jägerlatein:

  • Eine Anfrage, um zu sondieren, welche Position der Regierungsrat in Bezug auf eine Alkoholgrenze beim Jagen einnehmen dürfte. Die Anfrage wurde in der Frühlingssession 2023 beantwortet (Seite 19).
  • Dann eine Motion vom 15.3.2023, um eine Regelung wie in den Kantonen ZH und NE zu erreichen.

Typische Jagdgesellschaft im Kanton Freiburg, wo den ganzen Tag – im Filmbeitrag gut dokumentiert – Alkohol konsumiert wird:

Eigenverantwortung statt eines Gesetzes

Auf beiden Seiten werden die Worte abgewogen, “denn Fehlinterpretationen sind schnell passiert”. “Ich bin der Meinung, dass diese Frage in den Bereich der individuellen Verantwortung fallen sollte. Wenn man zu viel getrunken hat, weiß man das und hört auf zu jagen”, sagt James Gerber, Jäger und Wildkoordinator beim kantonalen Jägerverband. “Zumal ich mir nicht sicher bin, ob sich für die älteren Generationen viel ändern würde, die immerhin ihre kleinen Gewohnheiten haben.”

Laut James Gerber gibt es bereits zahlreiche Sicherheitsstandards, die eingehalten werden müssen. Und das aus gutem Grund: Bevor ein Jäger “unabhängig” wird und alleine jagen darf, muss er eine zweijährige Ausbildung im Auftrag des Kantons absolvieren. Dort lernt er, wie man schießt, wie man sich seines Ziels sicher ist oder wie man seine Waffe richtig hält. Bevor er zur Tat schreitet, muss er außerdem in der Lage sein, das Wild eindeutig zu identifizieren und sich zu vergewissern, dass der Raum frei von Hindernissen ist. “Das unterscheidet uns von Frankreich, wo sie nur eine zweiwöchige Ausbildung haben. Das ist sicher der Grund, warum sie mehr Unfälle haben”, sagt der Jäger.

Schattierungen von Grau

Doch der praktische Aspekt einer Alkoholregelung ist nicht das Einzige, was James Gerber umtreibt. “Das Image des Jägers würde Schaden nehmen. Wir müssen schon jetzt unauffällig sein. Die Leute schauen uns anders an, wenn sie uns mit einer Waffe sehen. Wir haben ein Image als ‘Bösewicht, der alles tötet, was sich bewegt’, obwohl das nicht der Fall ist”, bedauert er. “Damals wurde ein Jäger, der mit seinem Wild auf dem Rücken ins Dorf zurückkehrte, fast schon bejubelt. Wenn das heute jemand tut, steht er in null Komma nichts in der 20 Minuten.”

Ein Geschmack von “früher war alles besser”, den auch ein anderer Jäger aus dem Berner Jura teilt, der lieber anonym bleiben möchte, “so heikel ist die Wortwahl, wenn man darüber spricht”. “In nur 25 oder 30 Jahren hat man es geschafft, Tausende von Jahren an Traditionen und Werten zu zerschlagen”, ruft er aus. “Mit dieser Ablehnung der Jagd lehnt man auch alles ab, was den Menschen zu dem gemacht hat, was er heute ist, vor allem in seiner Beziehung zur Natur.”

Jagen mit eingegipstem Arm

Im Kanton Bern gibt es rund 2’700 Jagdscheininhaber, denen 31 Wildhüter gegenüberstehen. Diese sind bewaffnet und rechtlich dazu befugt, Führerscheinkontrollen durchzuführen, aber auch einem Hobby-Jäger für einen Tag die Jagd zu verbieten, wenn sie es für nötig halten. “Aber das muss nicht unbedingt wegen Alkohol sein. Wenn ich einen Mann mit einem Gipsarm sehe, werde ich mit ihm reden und ihm klarmachen, dass er in diesem Zustand nicht jagen kann, wobei ich versuche, Zwang zu vermeiden”, erzählt ein Wildhüter aus der Region.

Der Wildhüter ist der Meinung, dass eine Einschränkung des Alkoholkonsums bei der Jagd “Sinn macht”. “Sie sind bewaffnet! Was aus dem Gewehr kommt, kann Leben kosten, das darf man nie vergessen. Für uns könnte ein Alkoholtest von Vorteil sein, wenn wir den Verdacht haben, dass ein Jäger wirklich betrunken ist”, sagt der Wildhüter. “Aber meiner Meinung nach würden sie das als Hetze auffassen. Ein solches Gesetz könnte also nützlich sein, solange man nicht anfängt, von uns zu verlangen, 40 Jäger pro Tag zu kontrollieren, mit dem Ziel, um jeden Preis einen zu erwischen.”

Die Grenze, ab der ein Hobby-Jäger für den Umgang mit Waffen unter Alkoholeinfluss als waffenrechtlich unzuverlässig gilt, sollte aus Sicht der IG Wild beim Wild bei 0,0 Promille Blutalkohol gezogen werden, wie das beim Militär- oder Polizeidienst auch der Fall ist.  Bei der Polizei oder Militär werden aus gutem Grund die älteren Semester nicht mehr in bewaffnete Einsätze mit gefährlichen Schusswaffen geschickt. Wer auf die Jagd geht, der geht zum Töten. Niemand darf im alkoholisierten Zustand mit einer Waffe hantieren oder gar schiessen. Wer alkoholabhängig ist, dem muss der Jagd- und Waffenschein umgehend entzogen werden. Nach Jagdunfällen sind obligatorische Alkoholtest einzuführen. Zusätzlich braucht es nach dem Vorbild von Holland medizinisch-psychologische Gutachten für Hobby-Jäger sowie auch eine Altersbegrenzung nach oben. Die grösste Altersklasse bei den Hobby-Jägern ist 65+, jene mit Alters-, Seh-, Konzentrations- und Reaktionsschwächen sowie Ausbildungs- und Trainingsdefiziten und genau die trinken auch Alkohol, damit sie einen ruhigen Finger haben oder trinken nicht und machen Fehlschüsse, was mit enormem Tierleid verbunden ist. Anders sind die vielen Fehlschüsse und Nachsuchen nicht zu erklären.