Die Bündner Jäger sollen dieses Jahr so viele Hirsche schiessen wie noch nie.
5200 Tiere wollen die Jagdbehörden erlegen lassen, um den Hirschbestand unter Kontrolle zu bringen und die negativen Auswirkungen der grossen Population auf die Wälder zu vermindern, dort wo die Jäger die Wildtiere parkieren.
Obwohl die Bündner Jagdbehörden das Abschusssoll seit Jahren stetig erhöhen, wird die Hirschpopulation immer grösser. Dazu beigetragen haben nicht zuletzt die milden Winter, welche die Rotwildbestände nur wenig dezimierten und eine dubiose Jagdplanung. 2010 wurde die Zahl der Hirsche noch auf 13’500 geschätzt. Die damalige Jagdplanung sah 4240 Abschüsse vor, 1000 weniger als jetzt.
Die aktuelle Bestandesgrösse des Rotwildes liege in einzelnen Regionen über der tragbaren Grösse, teilte das Amt für Jagd und Fischerei mit. Die Situation habe sich in den letzten Jahren dermassen verschlechtert, dass sich der Wald vielerorts nicht mehr genügend verjüngen könne. Das sei nicht zuletzt darum problematisch, weil zwei Drittel der Bündner Wälder eine Schutzfunktion hätten.
Die Jagd hat eine Menge Probleme in Graubünden verursacht, aber noch keines gelöst.
Bestände werden seit Jahrzehnten nicht wirklich reguliert, sondern von den Jägern dezimiert und die Geburtenrate stimuliert. Folge der jetzigen Methoden ist auch, dass Wildtiere ihre tageszeitlichen Aktivitäten vollends in die Nacht verlegen. Dies führt zu vielen Verkehrsunfällen.
Die Regulierung der Wildbestände erfolgt nicht nach natürlichen wildbiologischen Gegebenheiten über Beutegreifer, sondern Jägerlatein. So wurden 2014 in Graubünden über 2’000 gesunde Füchse erschossen, welche lebend in der Lage wären, die Huftierbestände oder Nagerplagen unter Kontrolle zu halten.
Immer wieder werden auch Wölfe, Luchse und Co. abgeschossen, um den Schiessspass für die JägerInnen zu erhalten.

Im Jahr 2015 wurden wegen Verstösse gegen die Jagdgesetzgebung 1198 (1007, 995, 964) Ordnungsbussen ausgesprochen und 100 (95, 127, 125) Anzeigen an die Kreisämter erstattet. Praktisch jeder fünfte Jäger der 5’804 (5’946) war ein Delinquent, mit einer grossen Dunkelziffer im jährlichen Wechselspiel.
2020: 1241 Anzeigen und Bussen
2019: 1104 Anzeigen und Bussen
2018: 1114 Anzeigen und Bussen
2017: 1384 Anzeigen und Bussen
2016: 1201 Anzeigen und Bussen
2015: 1298 Anzeigen und Bussen
2014: 1102 Anzeigen und Bussen
2013: 1122 Anzeigen und Bussen
2012: 1089 Anzeigen und Bussen
Auch Steinböcke und Wildschweine im Visier
Um negative Auswirkungen auf den Lebensraum zu verhindern, müssen laut den Jagdbehörden Hirsche, Rehe und Gämsen in Tieflagen, Steinböcke im Engadin und Wildschweine in Südbünden im Bestand begrenzt werden. Am dringendsten ist eine verstärkte Jagd bei den Hirschen in Nordbünden.
Die Reduktion der Rotwildbestände könne nur über einen erhöhten Abschuss weiblicher Tiere erreicht werden, hiess es in der Mitteilung weiter. Zudem wird die sogenannte “Bewirtschaftung” der Wildschutzgebiete weiter ausgebaut. Gemeint ist die Möglichkeit, Tiere in und um Schutzgebiete zu schiessen.
Weiter wollen das Amt für Jagd den Druck auf die Rehpopulation verstärken, da auch diese erneut wuchs. So darf auf der Hochjagd im September neu von jedem Jäger eine zweite Rehgeiss geschossen werden und die Jagd auf Rehkitze wird verlängert auf die letzten vier Tage der Jagd.
Graubünden wird von Jahr zu Jahr immer mehr zu einem Eldorado für perverse Jagdausübende. Nicht umsonst sind Volksinitiativen in Bearbeitung, um den Gestank der unsäglichen Jagden, die das Amt für Jagd und Fischerei in Graubünden für die JägerInnen organisiert, zu vertreiben.
Gäbe es weniger Problemjäger die Naturnutzungsgedanken hegen, könnten sich auch wieder mehr normale Menschen dem Naturschutzgedanken widmen – Menschen, die Arten mit Respekt, Anstand und Fairness pflegen und Wildtiere nicht zum Spass abschlachten sowie ganze Ökosysteme durcheinander bringen. Der normale Teil der Bevölkerung, von den Jägern in Geiselhaft genommen, könnte nachts auch wieder ruhiger schlafen. Die Chance von einem Jäger erschossen oder verletzt zu werden, sind weitaus grösser, als die Begegnung mit einem Wolf.