Jagd

Feldhase: Symbol der Fruchtbarkeit

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Ein Virus legt sich lähmend über unser Land. Covid-19 lässt uns innehalten und zeigt uns, was wichtig ist. Eine intakte Natur gehört dazu. Was macht jetzt vor Ostern eigentlich der Feldhase?

Ob aus Stoff, Schokolade oder Biskuitteig: Osterhasen sind derzeit omnipräsent. Das Original aber, der Feldhase, wird immer rarer. Seit den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, wo der Hase in landwirtschaftlich genutzten Gebieten paradiesische Lebensumstände antraf, nehmen seine Zahlen massiv ab. In den 90er Jahre lebten im Schnitt 4,5/100 ha, 2010 waren es noch 2,3. Das zeigen die im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt BAFU durchgeführten Zählungen. Erschreckend sind die Resultate aus der Zentralschweiz: In vier von sechs untersuchten Gebieten im Raum Luzern ist der Feldhase in den letzten Jahren praktisch verschwunden. Dennoch wird der Feldhase immer noch bejagt.

Die höchste Dichte an Feldhasen wurde im Jahr 2016 mit 17,7/100 ha im jagdfreien Kanton Genf ermittelt. Dort wo professionelle Wildhüter sich um das Wildtiermanagement kümmern. Dies ist die erste Dichte über 17 Feldhasen/100 ha seit 2006 in der ganzen Schweiz.

Jetzt ist der Nachwuchs da; Junghasen wiegen knapp unter 100 Gramm und sind damit etwa so gross wie ein Überraschungs-Ei. Um den Nachwuchs zu säugen, wartet die Häsin bis es dunkel ist. Sie will nicht die Aufmerksamkeit von Füchsen, Wildschweinen und Greifvögeln erregen, damit der Nachwuchs vor den Fressfeinden sicher ist. Die Kleinen drücken sich auf den Ackerboden und sind so perfekt getarnt. “Das stabile Hoch und das trockene Wetter, das wir jetzt haben, hilft ihnen zu überleben”, sagt Dr. Andreas Kinser. Der Experte der Deutschen Wildtier Stiftung hat zum Feldhasen promoviert und weiss sehr genau, dass Junghasen witterungsanfällig sind. “Ist das Frühjahr zu nass, sinken die Überlebenschancen.”

Nach einer Tragzeit von 42 Tagen bringt die Häsin drei- bis viermal zwischen Januar und Oktober bis zu fünf Junge zur Welt, die im Gegensatz zu Kaninchen behaart sind und mit offenen Augen geboren werden. Da Hasen keine Augenlider haben, schlafen sie mit offenen Augen und schieben zum Schlaf die Pupillen nach oben. Doch erst nach drei bis vier Wochen sind sie selbstständig.

Anders als Kaninchen können Hasen doppelt befruchtet werden. Diese sogenannte Superfötation ist ein im Tierreich äusserst selten vorkommender genialer Trick der Evolution. Da die Tragzeit des Feldhasen relativ lange dauert, kann die Häsin wieder trächtig werden, noch während sie einen Wurf im Bauch trägt.

Anders als Kaninchen können Hasen nicht in engen, vergitterten Käfigen gezüchtet werden, weshalb auch der Name „Stallhase“ eine „Contradictio in adiecto“ – ein Widerspruch in sich ist.

Der Start ins Leben ist hart. Im Frühjahr werden viele Junghasen beim Bestellen der Felder von landwirtschaftlichen Maschinen untergepflügt oder beim Walzen der Wiesen erdrückt. Im Sommer ist der Bewuchs oft so dicht, dass sie sich nur in den Fahrspuren der Maschinen bewegen können. Ihnen wächst quasi das Getreide über den Kopf. Auch der Speiseplan ist in der intensiven Landwirtschaft nicht so reichlich wie früher. Die Ernährung beschränkt sich im Wesentlichen auf Weizenhalme, Raps und andere Kulturpflanzen. Doch ein perfektes Feldhasen-Dinner sieht anders aus. “Feldhasen futtern am liebsten fetthaltige Kräuter“, sagt Dr. Andreas Kinser. Er bevorzugt Klee und die Halme vom Klatschmohn. Doch das Angebot an Wildkräutern ist in einer monokulturellen Agrarlandschaft dürftig. Ausserdem ist ein immer dichter werdendes Strassennetz häufig des Hasen Tod.

Der Feldhase hat es in der Schweiz nicht einfach. Jagd, intensive Landwirtschaft und Lebensräume ohne genügend Strukturen wie Hecken oder ungemähte Wiesen machen ihm das Leben schwer. Seine Bestände sind in vielen Landesteilen unter Druck, deshalb ist er auf der roten Liste bedrohter Arten. 

Der Hase ist ein uraltes Symboltier. In der Antike galt er als Inbegriff der Fruchtbarkeit, Lebenskraft, des Glücks und der sexuellen Begierde. Seine enorme Vermehrungsrate machte ihn zum Jagdtier par excellence, dass nur dank seiner zahlreichen Nachkommenschaft überleben konnte. Die griechische Liebesgöttin Aphrodite wurde genauso mit einem Hasen dargestellt wie in der christlichen Kunst die Gottesmutter Maria. In der Ikonografie der Ostkirche und bei dem Mailänder Bischof und Kirchenlehrer Ambrosius (339-397) ist der Hase ein Symbol für den auferstandenen Christus, der im Tod Leben gebracht.