Kunterbunt

Schweizer Fleisch, der todbringende Unterschied

Letzten Dezember, kurz vor Weihnachten, wurden in der Schweiz 50 000 Schweine notgeschlachtet.

Das Fleisch wurde wegen fehlender Nachfrage im Inland zu Billigpreisen ins Ausland verkauft. «Eine solche „Aktion“ gab es in der Schweiz noch nie», sagte die Sprecherin im Beitrag von 10vor10 dazu.

Gleichzeitig flimmerten Werbespots für Schweizer Fleisch über unsere Bildschirme und versprachen hohes Tierwohl, Nachhaltigkeit und haufenweise inländisches Futter, die den feinen Unterschied ausmachen sollen gegenüber importiertem Fleisch.

Doch nirgendwo in Europa spritzen ­Bauern ihren Milch­kühen so viel Anti­biotika ins Euter wie in der Schweiz. In der Poulet- und Eierproduktion hat sich der Antibiotikaeinsatz von 2020 auf 2021 mehr als verdoppelt. Es werden sogar Reserveantibiotika eingesetzt, da herkömmliche Antibiotika nicht mehr wirken. Antibiotika also, die den Ärzten in der Humanmedizin als letztes Mittel gegen sonst tödliche Infektionen vorbehalten sind. Via Gülle und Mist gelangen dadurch antibiotikaresistente Bakterien auf die Felder, wo unsere Nahrung wächst und so in unsere Lebensmittel, in die Gewässer und in das Trinkwasser. Diese Bakterien wurden von der  Eidgenössische Fach­kommis­sion für biologische Sicherheit zur «grössten Bedrohung für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung» erklärt. 

Der Branchenverband Proviande verschweigt in seiner Werbung den übermässigen Antibiotikaeinsatz in der Schweizer Nutztierhaltung. Man erfährt auch nicht, dass die Fütterung der 15 Millionen Nutztiere, die in der Schweiz leben, zur Hälfte auf Importfutter beruht. Und dass damit die gesamte Schweizer Fleisch-, Eier- und Milchproduktion zu 50% vom Ausland abhängig ist. Der Branchenverband schweigt auch zur Tatsache, dass durch das Importfutter viel zu viel Gülle, Mist und Ammoniakemissionen produziert werden. Dadurch werden Böden, Wälder und Gewässer überdüngt, die Biodiversität und das Klima geschädigt und Trinkwasserfassungen müssen wegen überhöhter Nitratwerte geschlossen werden.

Mit jährlich 6 Millionen Franken Steuergeldern unterstützt die Schweizer Bevölkerung die Fleischwerbungen von Proviande – ohne dabei von den Folgen der heutigen übermässigen Produktion von tierischen Lebensmitteln für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen zu erfahren. Auch fehlt die Information, dass importiertes Fleisch aus einem Land, das seine Nutztiere selber ernähren kann, ökologischer ist, als Schweizer Fleisch hergestellt mit Importfutter. 

Während die Landwirte – gefördert mit Milliarden unserer Steuergelder – weit mehr Fleisch produzieren als die Konsumenten kaufen wollen, boomt der Markt für pflanzliche Lebensmittel und Fleischersatzprodukte. Schon heute essen 63% der Schweizer Bevölkerung der Umwelt, dem Tierschutz und ihrer Gesundheit zuliebe bewusst weniger tierische Lebensmittel. Diese vermehrt pflanzliche Ernährungsweise ist die effizienteste Massnahme für das Tierwohl, die Umwelt, das Klima und unsere Ernährungssicherheit und öffnet der Schweizer Landwirtschaft die Tür zu einer nachhaltigen und klimabewussten Lebensmittelproduktion.

Der jahrelange einseitige Fokus der Subventionspolitik auf die Produktion von tierischen Lebensmitteln ist heute durch nichts mehr zu rechtfertigen. Er hat zu einem ökologischen, gesundheitlichen und ökonomischen Desaster für die Schweizer Bevölkerung sowie auch die Landwirt*innen geführt – und widerspricht diametral der seit 2017 in der Verfassung verankerten Ernährungssicherheit

Die Agrarpolitik muss umdenken und verstärkt in den boomenden «pflanzlichen» Markt investieren. Doch nicht nur eine Million, wie für dieses Jahr vorgesehen, sondern mit einem Grossteil der Subventionen, die heute in die Produktion von tierischen Lebensmitteln fliessen.

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