Die Europäische Union importiert jährlich etwa 4.070 Tonnen Froschschenkel.
Das entspricht ca. 81 bis 200 Millionen Fröschen – die allermeisten von ihnen werden aus der Natur eingefangen. Damit ist die EU der weltweit grösste Importeur von Froschschenkeln; gefragt sind bei vermeintlichen Gourmets insbesondere grossschenklige Arten. Dies bedroht die Froschbestände in den Lieferantenländern Indonesien, Türkei und Albanien.
Nach Schätzungen von Wissenschaftlern könnte der Anatolische Wasserfrosch in der Türkei aufgrund der Überfischung bis 2032 ausgestorben sein, während andere Arten wie der Albanische Wasserfrosch inzwischen bedroht sind.
Der jahrzehntelange Raubbau an den Froschpopulationen für den EU-Markt hat dramatische Folgen:
Lieferten in den 1980er Jahren zunächst Indien und Bangladesch Froschschenkel nach Europa, übernahm Indonesien seit den 1990ern als grösster Lieferant. In dem südostasiatischen Land, wie inzwischen sogar auch in der Türkei und Albanien schwinden die grossen Froscharten nacheinander – das Ganze ist ein fataler Domino-Effekt für den Artenschutz.
Dr. Sandra Altherr, Mitbegründerin der Münchner Organisation Pro Wildlife
Ein Effekt, der nicht nur die Frösche selbst betrifft: „Frösche haben als Insektenvernichter eine zentrale Rolle im Ökosystem – und wo Frösche verschwinden, wächst der Einsatz giftiger Pestizide. Der Froschschenkelhandel hat also nicht nur unmittelbare Folgen für die Frösche selbst, sondern für den Naturschutz“, unterstreicht Charlotte Nithart, Präsidentin der französischen Organisation Robin des Bois.
Hinzu kommen die grausamen Tötungsmethoden: „Den meisten Fröschen trennt man die Schenkel mit Axt oder Schere im Akkord ab – ohne Betäubung. Die obere Hälfte wird sterbend entsorgt, die Beine werden gehäutet und für den Export tiefgefroren“, berichtet Altherr.
Nach Angaben der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur (IUCN) sind Amphibien die am stärksten bedrohte Gruppe unter den Wirbeltieren, und die Habitat-Richtlinie der EU verhindert, dass einheimische Wildfrösche in den Mitgliedsländern gefangen werden.
Der 27-Länder-Block schränkt die Einfuhren jedoch nicht ein, und jedes Jahr landen etwa 4.070 Tonnen im Ausland gefangene Frösche auf europäischen Tellern.
Die Lust auf Froschfleisch scheint in Belgien am grössten zu sein, das 70 % der Importe abnimmt. Laut Pro Wildlife geht der grösste Teil davon jedoch nach Frankreich, das 16,7 % direkt importiert. Die Niederlande nehmen 6,4 % ein.
Eine frühere Studie von Pro Wildlife hatte bereits 2011 erstmals die Froschschenkel-Importe der EU untersucht. Der nun veröffentlichte neue Bericht „Deadly Dish“ zeigt ein Jahrzehnt später drei deutliche Probleme auf:
- Die Plünderung der Froschbestände für den EU-Markt ging im letzten Jahrzehnt in Indonesien nahezu ungebremst weiter. Mehr als 30 Millionen kg Froschschenkel importierte die EU im Zeitraum 2010-2019 allein aus Indonesien, mit Folgen für die Wildbestände: Die einst häufig gehandelten Java-Frösche (Limnonectes macrodon) – entgegen den irreführenden Deklarationen auf den Supermarkt-Packungen – bereits weitgehend aus dem Handel verschwunden.
- Auch in anderen Herkunftsländern hat der Raubbau die Froschpopulationen bereits stark dezimiert: Feldwissenschaftler aus der Türkei warnen, dass die dort heimischen Wasserfrösche bereits bis 2032 ausgerottet sein könnten, wenn die immensen Wildentnahmen weitergehen. In Albanien, dem viertgrößten Froschschenkel-Lieferanten der EU, ist u.a. der Skutari-Wasserfrosch (Pelophylax shqipericus) inzwischen stark gefährdet.
- Während auch die USA riesige Mengen Frösche für den Verzehr importiert, handelt es sich hierbei vorwiegend um Frösche, die eigens für den Handel gezüchtet wurden. Im Gegensatz zu den USA importiert die EU zumeist wildgefangene Frösche – mit ernsten Folgen für den Arten- und Naturschutz. Etwa 74% der EU-Importe stammen aus Indonesien, 4% aus der Türkei und 0,7% aus Albanien, wo wilde Froschpopulationen zunehmend bedroht sind.
Robin des Bois und Pro Wildlife fordern von der EU, endlich den Raubbau an Froschbeständen für den hiesigen Gourmetmarkt zu beenden und internationale Handelsbeschränkungen durch das Weltartenschutzabkommen CITES auf den Weg zu bringen.
1 Kommentar
Dies ist für mich eine Perversität und muss sofort verboten werden!!!