Tierrechte

Esel und Maultiere auf Santorin als „Taxis“ missbraucht

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Sengende Hitze und mit Fliegen übersäte Wunden: Auf der griechischen Urlaubsinsel Santorin müssen Esel und Maultiere Touristen als sogenannte Esel-Taxis in die Altstadt von Firá befördern. Mehrmals täglichwerden die Tiere gezwungen, einen steilen Pfad mit über 500 Stufen mit der enormen Last auf ihrem Rücken zu bewältigen.

PETA liegt aktuelles Videomaterial vor, auf dem zu sehen ist, dass selbst erschöpfte und verwundete Tiere während der Arbeitsstunden meist in der Sonne angebunden und ohne jeglichen Zugang zu Wasser oder Schattenplätzen auf ihren nächsten Einsatz warten müssen. In einem Schreiben fordert die Tierrechtsorganisation die griechische Tourismusministerin Elena Kountoura und Firás Bürgermeister Anastasios Nikolaos Zorzos nun auf, dem Leid der Tiere und den systematischen Rechtsbrüchen ein Ende zu setzen.

Das Eselreiten auf Santorin muss endlich verboten werden, so Jana Hoger, Fachreferentin bei PETA. „Dieser Missbrauch hat schwere gesundheitliche Folgen für die Tiere und ist nicht akzeptabel. Wir appellieren daher an alle Tierfreunde, diese vermeintliche Attraktion nicht zu unterstützen und stattdessen die Seilbahn am Hafen zu nutzen, um in Firás Altstadt zu gelangen. Kranke, verletzte und eventuell schwangere Tiere müssen umgehend aus dem Betrieb genommen werden. Eine Auffangstation für Esel ist dringend erforderlich.”

Tiere trotz Verletzungen bis zur Erschöpfung geschunden

Esel sollten laut tierärztlichen Empfehlungen maximal 20 Prozent ihres eigenen Gewichts tragen, was etwa 50 Kilogramm entspräche. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, dass Touristen und Halter teilweise eine erhebliche Last für die Tiere sind, die auf lange Sicht auch zu Huf- und Gelenkproblemen führen kann. Hinzu kommt, dass viele Touristen sichtlich mit den Tieren überfordert sind: Sie rammen ihnen die Fersen in die Flanken, um sie zum Gehen zu bewegen, oder ziehen sie die Stufen runter. Die Halter treiben die Tiere teilweise mit Stock- und Peitschenhieben an. PETA macht darauf aufmerksam, dass der Missbrauch von Tieren als „Arbeitstiere“ immer mit starkem Leid verbunden ist und der Profit im Vordergrund steht.

Durch schlecht sitzende und abgenutzte Sättel leiden einige Tiere an schmerzhaften Abschürfungen und Wunden im Bauchbereich. Auch das Zaumzeug ist ungeeignet: Einige Esel und Maultiere haben mit Fliegen übersäte Wunden an den Köpfen. Während die Tiere in der Mittelmeersonne ausharren und auf die nächste Tour warten müssen, verwehren die Halter ihnen selbst essenzielle Dinge wie Wasser, Schatten oder Witterungsschutz – und verstossen damit gegen das griechische Tierschutzrecht. Esel auf Santorin kommen auch nachts nicht zur Ruhe: Schon in den frühen Morgenstunden werden sie genutzt, um schwere Müllsäcke zu transportieren. Sind die Esel zu schwach und können die „Arbeit“ nicht mehr zufriedenstellend verrichten, werden sie oftmals ausgesetzt und sich selbst überlassen.

Der europaweit renommierte Pferdeexperte und Sachbuchautor Ingolf Bender verfasste für PETA eine „Tierschutzfachliche Stellungnahme“ zu der Problematik. In dieser kritisiert er die durchweg erkennbar mangelhafte Ausrüstung, die zu vermeidbaren Verletzungen führt. Dem Experten zufolge ist es zudem „krass tierschutzwidrig“, die Tiere über mehrere Stunden ohne Futter und Wasser einzusetzen. Ändert sich nichts an der Ausrüstung und Versorgung, sind die Tiere laut dem Gutachten umgehend aus dem Betrieb zu nehmen.

Im Gegensatz zu Pferden sind Anzeichen für Schmerz, Angst oder Krankheit bei Eseln nur schwer erkennbar. Sehen sie sich einer potenziellen Gefahr ausgesetzt, verwurzeln sie ihre Füße am Boden, um die Situation zu analysieren. Häufig wird dieses Verhalten als „Sturheit“ betrachtet, obwohl Esel in solchen Momenten aller Wahrscheinlichkeit nach schlichtweg Angst empfinden. Esel sind intelligente, verspielte und freundliche Tiere, die enge Bindungen miteinander eingehen. PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Tierrechtsorganisation bittet alle Menschen, Mitgefühl zu zeigen und ihre Reise tierfreundlich zu gestalten.

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Update 10.10.2018

Nach zunehmenden Protesten von Tierschützern nimmt sich nun die griechische Regierung dem Problem an – und verbietet fettleibigen Touristen kurzerhand den Ausritt. Die Packtiere «dürfen nicht mehr Gewicht tragen, als ihrer Grösse, ihrem Alter und ihrem körperlichen Zustand angemessen ist», verfügte das Ministerium für landwirtschaftliche Entwicklung und Ernährung. «Die Ladung darf ein Gewicht von 100 Kilogramm nicht übersteigen beziehungsweise nicht mehr als ein Fünftel des Körpergewichts des jeweiligen Tieres betragen».

Damit kommt das Ministerium den Forderungen nach, die Tierschützer vor Ort seit Jahren stellen. «Es sollte Gewichtsbegrenzungen geben», forderte etwa ein Sprecher des Vereins «Help the Santorini Donkeys» im Juli im britischen «Mirror». «Die Kombination von fettleibigen, übergewichtigen Touristen, wenig Schatten und Wasser, zu grosser Hitze und anstrengendem Kopfsteinplaster sind ganz klar die Ursachen für dieses Problem.»

Ob sich die Gewichtsbegrenzung in der Praxis durchsetzen lässt, steht noch auf einem anderen Blatt Papier, doch die Tierschützer freuen sich trotzdem über ihren Erfolg: «Es ist ein grosser Schritt, unsere harte Arbeit hat sich ausgezahlt», meint Aktivistin Elisavet Chatzi gegenüber der «Daily Mail». «Das Problem wird sich nicht an einem Tag lösen lassen, aber wir haben unseren Kampf gewonnen, in dem wir die internationalen Medien darauf aufmerksam gemacht haben. Niemand von uns hatte erwartet, dass tatsächlich neue Regularien erlassen werden.»

Erste Erfolge liessen sich schon verzeichnen: «Einen Tag, nachdem die neuen Vorschriften erlassen wurde, wurde ein Tourist von drei verschiedenen Eseln den Berg hochgebracht, damit sie sich nicht überlasten», berichtet Chatzi.