Jagd

Deutschland: Hessen will Waschbärjagd ausweiten

PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.
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Der hessische Staatsgerichtshof in Wiesbaden befasste sich kürzlich mit einer Klage der FDP-Landtagsfraktion, die sich gegen die 2016 in Kraft getretene Landesjagdverordnung richtet. Die Fraktion kritisiert unter anderem die in Hessen geltende Schonzeit für Waschbären vom 1. März bis 31. Juli eines Jahres, wo es keine Waschbärjagd gibt.

Jetzt kündigte Umweltministerin Priska Hinz an, dass Waschbären künftig ganzjährig bejagt werden sollen. Eine endgültige Entscheidung soll am 12. Februar 2020 fallen. PETA kritisiert das Einknicken vor der Jagdlobby und betont, dass die Jagd nicht geeignet ist, um Wildtierpopulationen zu regulieren, sondern das Gegenteil bewirkt. Durch die Aufhebung der Schonzeit während der Jungenaufzucht würden im Frühjahr viele Tausend Waschbär-Babys elendig in ihren Nestern verhungern. Die Tierrechtsorganisation sieht darin einen Verstoss gegen das Tierschutzgesetz und appelliert mit Nachdruck an die Umweltministerin, die Jagd auf Waschbären gänzlich zu verbieten.

„Es ist inakzeptabel, die Schonzeit während der Aufzuchtphase auszusetzen, nur damit die Hobbyjäger von der FDP ihrem Blutrausch frönen können. Studien belegen, dass Waschbären keine Probleme für gefährdete Arten verursachen, vielmehr werden sie von Jägern und bestimmten Politkern für eine verfehlte Agrar- und Forstpolitik zum Sündenbock abgestempelt“.

Nadja Michler, Fachreferentin für Wildtiere bei PETA.

Die Tierrechtsorganisation weist darauf hin, dass führende Waschbär-Experten herausfanden, dass die Tiere mit erhöhter Fortpflanzung auf die Jagd reagieren. In bejagten Populationen ist der Anteil der sich fortpflanzenden Weibchen höher als in nicht bejagten Populationen: Je mehr Waschbären getötet werden, desto mehr Jungtiere kommen zur Welt. So werden die Verluste durch die Jagd in der Population rasch wieder ausgeglichen oder gar überkompensiert.

Auch der Wildbiologe und Waschbär-Experte Dr. Ulf Hohmann fordert ein Umdenken:

„Ich kenne keinen einzigen Wissenschaftler oder Jagdexperten, der ernsthaft glaubt, den Tieren mit jagdlichen Mitteln Einhalt gebieten zu können. Wir müssen uns einfach damit abfinden, dass der Waschbär sich bei uns wohl fühlt und wir ihn nicht regulieren können. Insofern müssen wir uns mit ihm arrangieren.“

Dr. Ulf Hohmann

Langjährige Forschungsergebnisse von führenden Waschbär-Experten weisen darauf hin, dass der Waschbär keine wesentliche Gefahr für die Natur und Artenvielfalt darstellt. Die Tiere ernähren sich in der Regel vornehmlich von leichter Beute, wie Regenwürmern, Insekten oder Obst. Für Populationsrückgänge betroffener Arten, wie beispielsweise der Sumpfschildkröte, ist in erster Linie der Mensch verantwortlich. Der Lebensraumverlust durch die Begradigung von Flüssen und die tödliche Gefahr durch den Strassenverkehr haben die Reptilien an den Rand des Aussterbens getrieben.

Waschbärjagd: Jagd aus wildbiologischer Sicht unnötig

Anerkannte Wildbiologen sind sich einig, dass aus ökologischer Sicht keine Notwendigkeit für die Waschbärjagd besteht. Dem renommierten Biologen Prof. Dr. Josef Reichholf zufolge müssen die nahezu ausgerotteten Wölfe nicht durch menschliche Jäger ersetzt werden, da eine natürliche Regulation der im Wald wohnenden Tierpopulationen durch Umwelteinflüsse wie Witterung, Nahrungsverfügbarkeit oder Krankheiten stattfindet.

Der Kanton Genf, in dem die Hobbyjagd seit über 45 Jahren verboten ist, ist nur ein Beispiel hierfür. Hier reguliert sich die Natur in erster Linie selbst. Das Resultat: eine hohe Artenvielfalt und gesunde, stabile Wildtierpopulationen.

Der Biologe Dr. Karl-Heinz Loske sieht in der Jagd lediglich ein überflüssiges Hobby, das der Befriedigung der Jagdlust der Jäger dient. Als er in jungen Jahren einen Jagdschein machte, wurde ihm schnell klar, dass dies nicht viel mit Natur- und Artenschutz gemein hat. Heute ist Dr. Loske ein anerkannter Experte für Landschaftsökologie, für den die Jagd weder aus ökologischer noch aus moralischer Sicht zu verantworten ist.

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