Kunterbunt

Das Märchen vom Fuchs / Buchvorstellung

Über ein Märchen, das mehr Wahrheit enthält, als man von einem Märchen erwarten dürfte.

Fast jeder kennt sie, die Märchen vom listigen Fuchs. In der Regel schneidet der Beutegreifer dort recht gut ab. Mario Natale präsentiert mit seinem Buch ein Neuzeitliches Fuchsmärchen, in dem er die in den Medien verbreiteten Schauer – und Lügenmärchen aus konservativen Jägerkreisen über den Fuchs aufgreift, die ein gegensätzliches Ziel verfolgen: Unwahrheiten, wie beispielsweise Thesen über gesundheitliche Risiken, die von dem Fuchs angeblich ausgehen, sollen Argumente für die umstrittene Bejagung liefern.

Kommentar zu diesem Buch von Adrian Leverkuehn:

In diesem Buch klärt Mario Natale – ein ausgewiesener Kenner in puncto Forstwirtschaft und Jagd – über die Jägermärchen und die Jägerlügen gekonnt auf. Hauptanliegen der Jäger ist es, die Tiere zu ermorden. Füchse werden erbarmungslos und ohne Schonzeiten gejagt, aus purer Lust am Töten. Um eine Legitimation für das sinnlose und massenhafte Erschießen von Füchsen zu erreichen, werden von einer arrogant auftretenden Jägerlobby die Märchen von der „Tollwut“, dem „Fuchsbandwurm“ oder dem „gefährlichen Meister Reineke“ in die Welt gesetzt. „Was wir (ethisch) nicht legitimieren können, wird legalisiert“ – das sagte schon vor 200 Jahren Nicolas Chamfort. Der ethisch nicht zu legitimierende millionenfache Tiermord wird einfach legalisiert und rechtfertigt damit das blutige Hobby einer kleinen Minderheit, die den hilf -, chancen – und wehrlosen Tieren im Wald hinterhältig auflauert, um sie heimtückisch zu ermorden oder öfter noch: nur anzuschießen und schwer zu verletzen. Aus Spaß am Töten! Unfassbar! Welch eine Perversion!

Leseprobe:

Es war einmal …
ein listiger Fuchs, der hatte einen Feind, den hinterlistigen Jäger. Diesem machte es stets eine große Freude, Füchse totzuschießen. Warum er das tat und warum er diese Freude empfand, wusste er selbst nicht. Es war einfach so, und er machte sich nie Gedanken darüber, ob das gut war, was er tat. Die Gesetze erlaubten es ihm schließlich. Eines Tages bekam der hinterlistige Jäger große Angst, dass er irgendwann keine Füchse mehr totschießen dürfe. Es war nämlich geschehen, dass die Füchse nicht mehr an einer schlimmen Krankheit erkrankten, der Tollwut. Vor dieser hatten die Menschen vorher sehr große Angst.

Solange diese Krankheit existierte, hatte der hinterlistige Jäger viele Menschen auf seiner Seite und keiner fragte ihn nach dem Sinn, wenn er einen Fuchs tötete. Weil die Jagd die Tollwut aber nicht wirkungsvoll bekämpfte und alle Menschen trotz der vielen getöteten Füchse weiter sehr große Angst vor der Tollwut hatten, halfen schließlich sogar der Jäger selbst und seine Jagdfreunde mit, die Krankheit mit Medizin zu bekämpfen. Sie fürchteten sich nämlich selbst auch davor.

Als dann aber keine Füchse mehr krank wurden, fragte irgendwann jemand den hinterlistigen Jäger, warum er denn weiter die Füchse totschieße. Darauf fand er plötzlich keine Antwort mehr und er dachte, dass er vielleicht einen Fehler gemacht hatte. Vielleicht hätte er besser nicht geholfen die Tollwut zu bekämpfen. Der hinterlistige Jäger wurde wütend und wünschte sich die frühere Zeit zurück. Da diese aber nicht zurückkehrte, heckte er einen heimtückischen Plan aus. Die Menschen sollten wieder große Angst vor dem Fuchs bekommen. Dann würden wieder alle von ihm verlangen, dass er die Füchse totschießen solle, und die unangenehmen Fragen nach dem Sinn des Tötens würden unterbleiben.

Zu dieser Zeit geschah es, dass zeitgleich mit dem Verschwinden der Tollwut das Klima in dem Land immer wärmer wurde. Dadurch gab es viel mehr Mäuse, Ratten und andere Nahrung für den Fuchs. Außerdem trauten sich die Füchse mehr in die Dörfer und Städte. Dort konnten sie sich nun zeigen, ohne dass gleich eine große Hetzjagd auf sie stattfand, denn man fürchtete sich nicht mehr vor der gefährlichen Tollwut. Manchen Menschen gefielen die Füchse sogar so gut, dass sie Freundschaft mit ihnen schlossen. Den Füchsen ging es zu dieser Zeit sichtlich gut. Das alles gefiel dem hinterlistigen Jäger überhaupt nicht.

Also erfand er, dass plötzlich eine neue schlimme Krankheit bei den Füchsen ausgebrochen sei. Diese sei viel gefährlicher als die Tollwut. Man würde nämlich schon krank, nur weil Füchse überhaupt existierten. Man brauche überhaupt keinen Kontakt mit einem Fuchs zu haben, weil überall Ansteckungsgefahren drohen. Und da es jetzt viel mehr Füchse als früher gebe, bestehe eine große Gefahr für die Menschheit.

Tatsächlich existierte zu jener Zeit eine Krankheit, die man „Fuchsbandwurm“ nannte. Diese gab es aber schon sehr lange und nur sehr selten erkrankte tatsächlich jemand daran. Meistens steckten sich diese Menschen aber an ihren eigenen Hunden oder Katzen an, welche die Krankheit ebenfalls übertrugen. Das wusste aber niemand und so bekamen alle Menschen erneut große Angst vor dem Fuchs. Der hinterlistige Jäger war froh. Denn nun konnte er sich wieder ungestört dem sinnlosen Töten der Füchse widmen und sich dabei sogar noch als Retter der Menschheit feiern lassen. So lebte er lange Zeit glücklich und zufrieden.

Doch eines Tages bemerkten die Menschen, dass auch diese Krankheit durch die Jagd überhaupt nicht bekämpft wurde. So fragten sie den hinterlistigen Jäger, warum er denn nicht wieder mit seinen Jagdfreunden helfe die neue Krankheit effektiv mit Medizin zu bekämpfen. Bei der Tollwut hatte dies doch früher auch sehr gut funktioniert. Der hinterlistige Jäger aber erinnerte sich daran, wie unglücklich er war, als er plötzlich keine Begründung mehr fand Füchse totzuschießen. Denn schließlich hatte er immer noch Angst, dass die Jagd auf die Füchse irgendwann durch neue Gesetze ganz verboten werden könnte. Diesen Fehler wollte er nicht noch einmal machen. Die Menschen sollten besser für immer und ewig Angst vor dem Fuchs haben, damit der hinterlistige Jäger weiter machen dürfte wie bisher. So behauptete er, dass dies nicht funktioniere. Man könne die Krankheit nicht anders bekämpfen, als die Füchse zu töten.

Diese Hinterlist erkannte der Fuchs und wurde darüber sehr traurig. Er wollte nämlich gerne weiter in der Nähe des Menschen leben, weil es ihm einige Vorteile verschaffte. Und solange die Hühner vor ihm geschützt wurden, gab es ja auch schließlich keine Probleme. Auf keinen Fall wollte der Fuchs seine Nähe zum Menschen aufgeben, denn er wusste, dass es auch viele gute Menschen gab. So beschloss er einen listigen Plan. Auch er wollte die Menschen für sich gewinnen. Allerdings indem er ihnen im Gegensatz zum hinterlistigen Jäger die Wahrheit erzählte, nämlich ………….

Interview mit dem Autor Mario Natale:

Herr Natale, Ihr Märchen vom listigen Fuchs und dem hinterlistigen Jäger ist ziemlich starker Tobak. Wer hat Sie so geärgert?

Natale: Im Grunde niemand. Es geht mir darum, die Situation des Fuchses, die ich für nicht mehr zeitgemäß halte, darzustellen. Aber mein Ziel war nicht, mich für etwas zu rächen. Ich habe eine Form gewählt, welche ich schon öfter benutzt habe, gelegentlich auch in Leserbriefen an die Zeitung: Ich übernehme die Stimme eines Tieres und schreibe dann als dieses Tier. In dem Buch will ich für den Fuchs sprechen.

Wer ist der hinterlistige Jäger aus dem Märchen im wahren Leben? Oder gibt es ihn gar nicht?

Natale: Es gibt den hinterlistigen Jäger. Es gibt auch den hinterlistigen Menschen. Aber im Grunde betrachte ich hier die Jagd, wie sie heute noch von Jägern gefordert wird, etwa Forderungen nach Aufhebung der Schonzeit, Jagd auf Jungfüchse, was bei anderen Tierarten verpönt ist: Beim Fuchs hält man es für legitim. Das halte ich schon für hinterlistig. Der hinterlistige Jäger in meinem Märchen steht für die hinterlistige Jagd auf den Fuchs.

Wissen Sie, wovon Sie sprechen?

Natale: Ich komme selbst aus dieser Jagdszene. Damals bin ich durch meine Berufsjägerausbildung zur Fuchsjagd gekommen. Ich weiß sehr wohl, wovon ich spreche. Wenn man mal an einen Fuchsbau gekommen ist, der frisch begast wurde, mit Gaspatronen, und man öffnet die Röhre, und der Geruch von CS-Gas strömt einem entgegen – dann weiß man wovon man spricht.

Warum entzündet sich die öffentliche Debatte um die Jagd eigentlich so oft am Fuchs?

Natale: Ich gehe davon aus, dass der Fuchs eine Schlüsselrolle spielt in der Bestrebung der Jäger, alte Traditionen aufrecht zu erhalten Wenn die Gesellschaft irgendwann erkennt, dass die Fuchsjagd keinen Sinn macht und man sie nicht mehr haben will, dann wird sich die Gesellschaft auch über andere Aspekte der Jagd Gedanken machen. Das könnte zu Einschränkungen führen.

Aber warum immer zuerst der Fuchs?

Natale: Weil beim Fuchs am ehesten die Sinnlosigkeit einer Jagd gezeigt werden kann, jedenfalls von Seiten des Tierschutzes. Beim Rehwild wird von Förstern behauptet, sie fressen den Wald auf, das Wildschwein pflügt die Felder um, Wild macht oft irgendwelche Schäden. Aber der Fuchs? Die wenigsten Leute haben noch Hühner. Es gibt eigentlich keine sachliche Begründung für die Fuchsjagd. Der Fuchs ist letzten Endes nur ein Problem für die Jäger. Deswegen zielen die Tierschützer auf das Verbot der Fuchsjagd. Sie ist eine reine Spaßjagd. Und genau hier ist die Stelle, an der die Jäger wissen, dass sie ihre Freude an der Jagd verteidigen müssen.

Und was ist mit Fuchsbandwurm und Tollwut?

Natale: Weder Tollwut noch Fuchsbandwurm haben sich bislang durch Jagd bekämpfen lassen. Es gibt einfach keinen Beweis, dass irgend eine Krankheit durch die Jagd bekämpft werden könnte.

Jäger begründen die Jagd auf Füchse oft damit, dass sich die Tiere sonst zu stark vermehrten. Dass die Welt voller Füchse wäre. Ist das so falsch?

Natale: Die Welt ist längst voller Füchse. Füchse vermehren sich wie andere Beutegreifer orientiert an ihrem Nahrungsangebot. Deswegen gibt es ja auch Stadtfüchse. Der Jäger reguliert meines Erachtens bei keiner Wildart irgendeine Population. Die vielen Wildschweine bestätigen das doch auch. Der Effekt der Jagd ist eher, dass sich die Tiere von dort, wo gejagt wird, fernhalten, sie werden vergrämt. Dort unterbleiben natürlich dann Wildschäden.

Wie verträgt sich ein so polarisierendes Buch mit ihrer Funktion als Förster?

Natale: Sehr wohl, weil ich eine Berufsauffassung habe, wonach meine Aufgabe nicht nur darin liegt, bestimmte Mengen an Holz zu produzieren, sondern allgemein Verantwortung für die Natur und damit auch für Tiere zu übernehmen. Dass es dann zu Konflikten kommt mit Menschen, die anders denken, ist nie auszuschließen.

Nochmal zum Buch zurück. Für wen, warum haben Sie es geschrieben?

Natale: Ich habe die Hoffnung, dass es aus dem Kreis, der dieses Buch eigentlich nicht zu lesen braucht, herauskommt in die Gesellschaft. Denn mein Ziel ist, die Situation der Jagd auf Füchse darzustellen, damit sich die Gesellschaft eine Meinung bilden kann.

Der Autor

Mario Natale ist Dipl.-Ingenieur für Forstwirtschaft und kommunaler Revierförster im Saarland. Durch seine Ausbildung zum Berufsjäger lernte er die Fuchsjagd kennen – und ist inzwischen von ihrer Sinnlosigkeit überzeugt.

»Der Fuchs ist nur ein Problem für Jäger«, sagte er einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung (11.12.2012). »Wenn die Gesellschaft irgendwann erkennt, dass die Fuchsjagd keinen Sinn macht und man sie nicht mehr haben will, dann wird sich die Gesellschaft auch über andere Aspekte der Jagd Gedanken machen.«

Das Buch

Mit seinem Buch »Das Märchen vom Fuchs« präsentiert Mario Natale ein neuzeitliches Märchen, in dem er die in den Medien verbreiteten Schauer- und Lügenmärchen aus Jägerkreisen über den Fuchs aufgreift und widerlegt.

Mario Natale: Das Märchen vom Fuchs
40 Seiten · 19 sw-Illustrationen
Hardcover · Format 21 x 21 com
Geistkirch Verlag, Saarbrücken 2012
ISBN 978-3-938889-21-3
Preis: 12,80 Euro

Einen Kommentar schreiben