Es gibt immer weniger Gämsen.
Nicht nur in der Schweiz, sondern im ganzen Alpenraum sinke die Population des Wildtiers, meldete Radio SRF. Tatsächlich tauchen in der Jagdstatistik des Bundes im Jahr 2020 gerade noch 90’000 Gämsen auf. Vor 15 Jahren waren es 97’000.
Die Entwicklung der Gamsbestände in der Schweiz ist wahrscheinlich im Vergleich zu anderen Alpenländern am genauesten untersucht. In einem langfristigen Überblick scheinen die Gamsbestände, so wie sie von den dafür zuständigen Wildhütern in den einzelnen Kantonen gezählt werden, seit 40 Jahren stabil zu sein. Zwischen den Kantonen gibt es jedoch teilweise deutliche Unterschiede, die nicht allein auf eine andere Methodik oder Datenerfassung zurückgehen können.
Die Schuldigen für den Gams-Niedergang waren schnell gefunden: Mountainbiker, Kletterer, Hündeler. Hobby-Jäger David Clavadetscher, der Geschäftsführer des militanten Verbands Jagd Schweiz, sagte gegenüber Radio SRF: „Das Hauptproblem für die Gams ist die Freizeitgesellschaft, die im Sommer wie im Winter Störungen verursacht.„
Anruf beim Schweizer Alpen-Club SAC. Eine Gämse ziert sein Logo, laut Vereinsgeschichte als Symbol „für trittsichere Bewegung im Gebirge„. Die Bergfreunde lassen sich die Schuld nicht in die Bergschuhe schieben: „Freizeitsportler sind bestimmt nicht die grösste Bedrohung für die schweizweite Population der Gämsen„, sagt Philippe Wäger, der Umweltchef des SAC. Es gebe keine Belege für diese Behauptung. Der naturnahe Tourismus sei, „wenn überhaupt„, nur einer von mehreren Faktoren, die zum Rückgang geführt hätten.
Tatsächlich zeigte sich bereits im Jahr 2015: Die Situation ist komplexer als gedacht. An einer Tagung sprachen kantonale Jagdinspektoren und Fachleute des Bundes über die Entwicklung der schweizerischen Gämsenpopulation. Ein Grund für das Treffen war, dass die Hobby-Jäger und Hobby-Jägerinnen im Vergleich zu früher deutlich weniger Gämsen schossen, regelrecht „zusammengebrochen“ sei die Menge an erlegter Beute.
Damals wurden zahlreiche Ursachen diskutiert. So fressen in manchen Regionen die Luchse den Hobby-Jägern die Beute weg. Andernorts reduzieren schwere Winter und tödliche Krankheiten die Gämsenpopulation. In den Bergen verdrängen die vielen Hirsche, Steinböcke und die zahlreichen Nutztiere die Gämsen. Dazu kommen Freizeitsportler wie Schneeschuhläufer: Sie würden das Wild unnötig aufscheuchen, hiess es. Aber als wichtigsten Faktor für die rückläufigen Gamsbestände nannten die Tagungsteilnehmer die Jagd: zu hoher Jagddruck, fehlende Jagdplanungsgrundlagen und zu späte Anpassung der Jagdplanung. Kurzum, das Problem war hausgemacht: Es wurden zu viele und die falschen Gämsen geschossen, schreibt die Autorin Stefanie Hablützel in der Zeit.de (https://www.zeit.de/2021/43/gaemse-schweiz-wildtier-population-jagdverbaende-bestand-planung)
In den Kantonen Wallis und Tessin, so hielt es der Tagungsbericht fest, hatte die Jägerschaft durch politischen Druck verhindert, dass die Trophäenjagd abgeschafft wurde. Statt nach wildbiologischen Kriterien zu jagen, wurden weiterhin die Böcke im besten Alter mit den schönsten Hörnern geschossen – und damit jene Wildtiere, die wichtig für eine effiziente und energiesparende Fortpflanzung sind, so Stefanie Hablützel.
Im Schweizer Nationalpark im Engadin wird seit über 100 Jahren nicht mehr gejagt und dort ist der Gamsbestand seit 1920 konstant um die 1’350 Stück.
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Stop das sinnlose grausame töten von tieren