Ein Gesetzentwurf zur Stärkung des Tierschutzes in Spanien könnte die Jagd mit Hunden verbieten.
Windhunde der Rasse Galgo Español werden in Spanien traditionell zur Jagd auf Hasen eingesetzt. Einst von Adligen gezüchtet, fristen sie heute oft ein tragisches Dasein. Das Training zur Jagd ist grausam. Sobald die Hunde zu alt für die Jagd sind, werden sie ausgesetzt, in Brunnenschächte geworfen oder an Bäumen aufgehängt. Rund 50.000 Galgos werden so jedes Jahr getötet.
Der Vorschlag sieht eine Reform des Umgangs mit Haus- und Wildtieren in Gefangenschaft vor. Er sieht unter anderem vor, den Verkauf von Haustieren in Geschäften zu verbieten, Zoos in Auffangstationen für Wildtiere umzuwandeln und Gefängnisstrafen für Tierquäler zu verhängen.
Die regierende Sozialistische Partei Spaniens, die den Gesetzesentwurf 2022 eingebracht hatte, musste jedoch im vergangenen Monat nach Protesten in ländlichen Gebieten einen Rückzieher machen. Angesichts der bevorstehenden Wahlen in diesem Jahr ist die Partei vorsichtig, um diese wichtige Wählergruppe nicht zu verärgern.
Warum wird in Spanien gegen ein Tierschutzgesetz protestiert?
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Besitzer von Haustieren, einschliesslich Hunden, diese so erziehen müssen, dass sie anderen Tieren keinen Schaden zufügen. Ausserdem sollen die Besitzer verpflichtet werden, eine Zuchtgenehmigung zu erwerben – Klauseln, die nach Ansicht von Hobby-Jägern und Hundezüchtern kaum erfüllbar sind.
Der Königliche Spanische Jagdverband, der 337’000 Hobby-Jägerinnen und Jäger vertritt, hat darauf hingewiesen, dass Teile des Gesetzentwurfs, die die Zahl der streunenden Tiere reduzieren sollen, das Ende der Jagd bedeuten würden.
In Spanien werden Hunde eingesetzt, um Tiere wie Rehe, Wildschweine und Kaninchen aufzuspüren und zu töten. Der Jagdsektor erwirtschafte jährlich mehr als 5 Milliarden Euro.
Die Befürworter des Gesetzes argumentieren, dass die meisten herrenlosen Hunde auf dem Land ausgesetzt werden.
Nach Angaben der Affinity Foundation, einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Barcelona, wurden im Jahr 2021 in Spanien 167’000 Hunde ausgesetzt, viele davon nach dem Ende der Jagdsaison.
Spaniens grösster Veterinärverband ist der Ansicht, dass der Gesetzesentwurf den Tierhaltern zu viel abverlangt, indem er beispielsweise die Euthanasie eines Tieres verbietet, wenn die Möglichkeit einer palliativen Behandlung besteht.
„So wie es geschrieben ist, ist es einfacher, einen Menschen einzuschläfern als ein Tier“, sagt Maria Luisa Fernandez, Präsidentin des Verbandes.
Warum ist die Sozialistische Partei Spaniens über das Tierschutzgesetz zerstritten?
Aus Angst, das Thema könnte die Wähler auf dem Land zu den rechten Parteien treiben, brachten die Sozialisten im Dezember in letzter Minute einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf ein. Der Änderungsantrag schliesst Jagdhunde und andere Tiere aus, die bei traditionellen ländlichen Aktivitäten eingesetzt werden.
Damit stellten sie sich gegen ihren Koalitionspartner, die linke Partei Podemos.
„Uns liegt die ländliche Umwelt am Herzen, wir kennen die Realität der Jagd“, sagte die sozialistische Abgeordnete Begoña Nasarre, die auch Bürgermeisterin einer Stadt im Nordosten Spaniens ist, in einer Ausschusssitzung des Parlaments. „Wir wollen Gesetze für alle machen“.
Die spanischen Sozialisten haben traditionell einen starken Rückhalt in den ländlichen Gebieten. Zusammen mit ihrem historischen Rivalen, der Volkspartei, haben sie laut offiziellen Wahlergebnissen die Mehrheit der Stimmen in Städten mit weniger als 2’000 Einwohnern gewonnen.
Aber die Sozialisten müssen auch mit Podemos um die städtischen linken Wähler konkurrieren, die sich um den Tierschutz sorgen.
Wird das Tierschutzgesetz Jagdhunde ausschließen?
Die Partei von Präsident Pedro Sánchez ist auf die Stimmen ihres Koalitionspartners Podemos – und der katalanischen und baskischen nationalistischen Parteien – angewiesen, um das Gesetz durch das Parlament zu bringen.
Sergio Garcia Torres, ein hochrangiger Podemos-Funktionär, der an der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs beteiligt war, meint, die Sozialisten sollten den Änderungsantrag zurückziehen. Er argumentiert, dass der Gesetzesentwurf in der Februarsitzung des Parlaments nicht verabschiedet werden könne, da er durch den Ausschluss von Arbeitstieren nicht mehr die Ursachen für das Aussetzen von Tieren bekämpfe.
„Die Sozialistische Partei hat Zeit zu reagieren und zu dem Konsens zurückzukehren, den wir hatten“, sagt Garcia Torres. „Es gibt keine parlamentarische Unterstützung mehr für ein Gesetz, das Jagdhunde ausschliesst.“
José María Mancheño, Präsident der Föderation der Jagdverbände in Andalusien, sagt, das Missverständnis über die Rolle der Jagd auf dem Land zeige die Entwicklung einiger Sozialisten hin zu einer eher städtischen Kultur.
„Die Sozialisten in meiner Stadt finden es normal, dass ich sonntags auf die Jagd gehe, während ein Sozialist in Madrid das vielleicht nicht für normal hält“, sagt er.