Die italienische Regierung hat ihre Genehmigung für die Jagd auf europäische Turteltauben erteilt, die im Herbst stattfinden soll.
Mit rund 500’000 lizenzierten Hobby-Jägern in Italien entspricht die Quote von 15 Tauben pro Wildtierkiller zwischen dem 1. und 21. September 7.5 Millionen Vögel!
Die Europäische Kommission schätzt, dass auf dem Kontinent noch 3 bis 11 Millionen Exemplare der europäischen Turteltauben übrig sind.
Die Turteltaube war in Deutschland „Vogel des Jahres“ 2020. Turteltauben gelten als Symbol des Glücks und der Liebe. Umgangssprachlich nennt man zwei frisch verliebte Menschen „Turteltauben“.
Israel ist bislang das einzige Land der Welt, in dem die Jagd auf Turteltauben vorübergehend verboten wurde. Dieses Verbot galt für die Jagdsaison 2020. Die Gesellschaft zum Schutz der Natur in Israel drängt darauf, das Verbot zu verlängern, wenn nicht dauerhaft in das Gesetz aufzunehmen.
Die Vögel, Europas einzige wandernde Langstrecken-Taube, verbringen ein Drittel des Jahres in ihren Brutgebieten am Mittelmeer – einschliesslich Israel – und überwintern in der afrikanischen Sahelzone.
Ihre Zahl ist seit den 1970er Jahren im freien Fall. In Europa ist in den letzten 16 Jahren ein Rückgang um 50 % zu verzeichnen. In Ländern wie Grossbritannien sind Rückgänge von mehr als 90 % zu verzeichnen.
In der Schweiz zählt die Turteltaube nicht zu den jagdbaren Arten; auch in Deutschland steht sie unter Schutz. Sie gehört in Deutschland zu den bedrohten Vogelarten, ihr Bestand ging in den letzten zwölf Jahren um über 40 Prozent zurück. Seit 2015 steht sie auf der Roten Liste vom Aussterben bedrohter Vogelarten – wenige Stufen vom Aussterben entfernt. Der Bestand für die Schweiz wird mit 600 bis 2000 Brutpaaren angegeben.
Der Bestand für Österreich wird mit 4000 bis 5000 Brutpaaren angegeben, die Art ist im Westen des Landes selten. Im Jahr 2008 wurde festgestellt, dass der Bestand der Art innerhalb von zehn Jahren landesweit um circa 30 % geschrumpft ist. Die Bejagung der Turteltaube ist auf den Osten des Landes beschränkt. Da die österreichische Jagdstatistik nur den Abschuss von Wildtauben dokumentiert und nicht nach Arten unterscheidet, ist sie zur Ermittlung von Abschusszahlen dieser bedrohten Art wertlos. In den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Wien wird die Bejagung fortgesetzt.
Die Jagd ist in südeuropäischen Ländern wie Spanien, Italien und Malta nach wie vor weit verbreitet. Maltesische Jäger sind insofern ungewöhnlich, als sie bereits im Frühjahr mit dem Schiessen von Turteltauben beginnen.
Nach Schätzungen der Vogelwarte Sempach und der Universität Giessen aus dem Jahre 2016 werden allein im Mittelmeerraum jährlich Millionen Turteltauben geschossen. Neben den offiziellen Fängen oder Abschüssen zum Zeitvertreib der registrierten Hobby-Jäger liegt die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher. Allein in Italien müsse jährlich von 5,6 Millionen gesetzeswidrig getöteten Vögeln verschiedener Arten ausgegangen werden.
Und obwohl es höchst unwahrscheinlich ist, dass in drei Wochen so viele europäische Turteltauben in Italien geschossen werden könnten, sendet die Zustimmung der italienischen Regierung zu einem solchen Plan dennoch die Botschaft, dass dieses Massaker trotz des prekären Erhaltungszustands der Art in Ordnung sei.
Die Entscheidung wurde letzte Woche getroffen, als die italienische Regierung mit regionalen Vertretern zusammentraf, um eine Einigung über den Artenschutz zu erzielen. Während das italienische Ministerium für ökologischen Wandel, unterstützt vom italienischen Nationalen Institut für Umweltschutz und Forschung (ISPRA), ein vierjähriges Jagdverbot der Art befürwortete, haben die Vertreter der Regionen, die vom italienischen Jagdverband vorangetrieben wurden, um Erlaubnis gebeten, weiter die bedrohten Tauben zu schiessen.
Die Jagd auf diese Art ist nicht nachhaltig und wird den Rückgang beschleunigen, bis keine Vögel mehr übrig sind. Angetrieben von ihrem egoistischen Hobby wollen italienische Jäger nicht auf ihre geliebte Beute verzichten. Der italienische Jagdverband, Mitglied von FACE, dem europäischen Jagdverband, hat sich stark dafür eingesetzt, die allerletzten Turteltauben vom Himmel zu jagen.
Axel Hirschfeld, Sprecher des Komitees gegen Vogelmord
Im vergangenen Sommer gab die französische Regierung grünes Licht für die Tötung von Zehntausenden europäischen Turteltauben im Herbst 2020, nur um ihre Entscheidung einige Wochen später nach weit verbreiteter Protesten aus ganz Europa zurückzunehmen.
Die Turteltaube ist das heutige Äquivalent der Passagiertaube Nordamerikas, die vom Aussterben bedroht war. Wie auch immer man es sehen will, Hobby-Jagd ist einfach falsch.