Tierwelt

Europas unstillbarer Appetit auf Froschschenkel könnte sie zum Aussterben bringen

Die europäische Nachfrage nach Froschschenkeln könnte die Amphibien in ein „irreversibles Aussterben“ treiben, warnt eine neue Studie.

Zwischen 2010 und 2019 haben die Länder der Europäischen Union 40,7 Millionen Kilogramm Froschschenkel importiert – das entspricht etwa zwei Milliarden Fröschen.

Die meisten Frösche werden aus Indonesien, Albanien und der Türkei gekauft.

Doch Europas unstillbarer Appetit auf Frösche dezimiert die lokalen Populationen in diesen Ländern, warnt ein in der Zeitschrift Nature Conservation veröffentlichter Bericht.

„Wir fordern die [Export-]Länder und die sie vertretenden Regierungen auf, Verantwortung für die Nachhaltigkeit des Handels zu übernehmen“, schreiben die Autoren.

„Die EU sollte unverzüglich Massnahmen ergreifen, um alle Importe durch eine einzige zentrale Datenbank zu leiten und empfindliche Arten in den Anhängen der EU-Wildtierhandelsverordnung aufzulisten.“

Die Legende besagt, dass Mönche im 12. Jahrhundert begannen, die Amphibien – die von der Kirche als Fische eingestuft wurden – zu essen, um eine strenge fleischlose Diät zu umgehen.

Sie werden auch in anderen Teilen der Welt verzehrt, unter anderem in Vietnam und China.

In der EU ist Belgien der mit Abstand grösste Importeur von Froschschenkeln (28’430 Tonnen zwischen 2010 und 2019), führt aber etwa drei Viertel davon nach Frankreich wieder aus.

Frankreich importiert 6’790 Tonnen von ausserhalb der EU (16,6 Prozent der EU-Einfuhren), gefolgt von den Niederlanden (2620 Tonnen; 6,4 Prozent), Italien (1790 Tonnen; 4,3 Prozent) und Spanien (923,4 Tonnen; 2,2 Prozent).

Die französischen Behörden haben die kommerzielle Froschjagd – mit Ausnahmen – in den 1980er Jahren verboten, nachdem die Zahl der Arten dramatisch zurückgegangen war.

Auch die Schweiz importiert laut der Studie jährlich rund 65 Tonnen Froschschenkel und lebende Frösche. Ein Grossteil davon aus der Türkei. In der Schweiz sind zwar alle einheimischen Frösche geschützt, der Import von lebenden Fröschen zum Verzehr oder von Froschschenkeln ist jedoch legal.

Heute werden 80 Prozent des europäischen Froschbedarfs von Indonesien gedeckt – und das gleiche Muster wiederholt sich.

Der krabbenfressende Grasfrosch (Fejervarya cancrivora), der riesige Javafrosch (Limnonectes macrodon) und der ostasiatische Ochsenfrosch (Hoplobatrachus rugulosus) sind allesamt durch eine mögliche „Überernte“ gefährdet, warnt der Bericht.

In der Türkei ist der Pelophylax caralitanus – gemeinhin als Anatolischer Frosch bekannt – „stark vom Aussterben bedroht“.

„Der kommerzielle Raubbau [an dieser Art] für den Handel mit Froschschenkeln in Frankreich, Italien und der Schweiz hat zu einem raschen Rückgang der Art geführt, so dass sie jetzt als gefährdet gilt“, warnt der Bericht.

Der Rückgang wirkt sich auf die lokalen Ökosysteme aus. Frösche ernähren sich von Insekten. In Gebieten, in denen Amphibien gejagt werden, so die Forscher, nimmt der Einsatz von giftigen Pestiziden tendenziell zu.

In den 1970er und 80er Jahren waren Indien und Bangladesch die wichtigsten Froschlieferanten der EU – doch die Regierungen dieser Länder stellten die Exporte ein, nachdem die lokalen Populationen zurückgegangen waren.

Um sicherzustellen, dass der Handel nachhaltig bleibt, fordern die Forscher die froschausführenden Länder auf, den Handel strenger zu regulieren.

Ausserdem forderten sie die EU auf, mehr Informationen über den Handel zu veröffentlichen.

Einige unternehmungslustige frankophile Veganer haben auch Froschschenkel auf pflanzlicher Basis erfunden, die aus Weizen und Soja hergestellt werden.

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