Wie die appenzeller Standeskommission in ihrer Botschaft zur Vorlage schreibt, wurden im Frühjahr 2021 Vorwürfe gegen die Jagdverwaltung laut.
Ein von der Standeskommission beauftragter externer Experte kam im Sommer 2021 zum Schluss, dass sich die Vorwürfe und Anschuldigungen grossmehrheitlich nicht bestätigten. Für die Standeskommission bestand kein Anlass für eine Strafanzeige gegen den Jagdverwalter. In diesem Gutachten wurde neben der Anstellung einer Wildhüterin oder eines Wildhüters empfohlen, die mit der Wildhut, der Jagdverwaltung und der Jagdaufsicht betrauten Personen mit einem Jagdverbot zu belegen. Zudem soll die Jagd- und Fischereiverwaltung beim Departement für Bau und Umwelt verbleiben, schreibt appenzell24.ch.
Trennung von Jagd und Jagdverwaltung
Mit der Revision der mit detaillierten Regelungen zur Jagd gespickten Verordnung sollen vor allem die Aufgaben und Kompetenzen der Jagdverwaltung und der Wildhut klarer definiert werden. Insbesondere sollen Jagd und Wildhut klarer getrennt werden. Deren Angestellte bleiben zwar für den amtlichen Abschuss zuständig, dürfen sich aber ansonsten nicht als Privatpersonen an der Jagd beteiligen.
Die Trennung von Jagd und Jagdaufsicht wurde empfohlen, weil die Überwachung des Jagdbetriebs durch aktive Jägerinnen und Jäger zu Interessenkonflikten führen könnte. Müssten aktive Jägerinnen und Jäger beispielsweise Anzeigen gegen Mitglieder der eigenen Jagdgruppe erstatten, könnte es zu Spannungen zwischen Amtspflicht und Loyalität zur Gruppe kommen. Eine Folge könnte sein, dass auf Anzeigen gegen Mitglieder der eigenen Gruppe eher verzichtet wird.
Kommission gegen Jagdverbot
Anders beurteilt der Gutachter die Frage in Bezug auf den Vorsteher der für die Jagd zuständigen Abteilung. Diese würden auch in anderen Kantonen aktiv jagen. Zudem würden vertiefte jagdliche Kenntnisse den Kontakt mit der Jägerschaft erleichtern. Entscheidend sei aber, wie mit allfälligen Interessenskonflikten umgegangen werde. Insgesamt würden aber die Vorteile eines «jagenden Departementsvorstehers» überwiegen.
Die Kommission für öffentliche Bauten, Verkehr, Energie, Raumplanung, Umwelt (BauKo) spricht sich generell gegen ein Jagdverbot für Aufsichtspersonen aus. Da es sich um Kantonsangestellte handelt, soll das Verbot der Teilnahme an privaten Jagden wie in anderen Kantonen im Arbeitsvertrag geregelt werden.
Aufhebung von Verboten
Aufgehoben werden soll auch das Verbot von Drück- und Treibjagden auf Rotwild. Bei einer Drückjagd wird das Wild – meist auch mit Hunden – in Richtung der zuvor aufgestellten Jäger getrieben. Der Gutachter hält das geltende Verbot für nicht vollziehbar, da es kaum möglich ist, zu entscheiden, wann eine Drückjagd vorliegt und ab wann eine zulässige Pirschjagd, bei der der Jäger das Gelände durchstreift und jederzeit schussbereit sein muss, gegeben ist.
Die Kommission für öffentliche Bauten, Verkehr, Energie, Raumplanung und Umwelt (BauKo) will auch einen Artikel streichen, der den Schuss auf fliehendes Wild als zulässig oder unzulässig einstuft. Die Kommission schlägt zudem vor, dass unrechtmässig erlegtes Wild dem Schützen gegen eine Gebühr abgekauft werden muss, während die Trophäe beim Kanton verbleibt. Die Jagdverwaltung soll sich nicht auch noch um den Weiterverkauf des Fleisches kümmern müssen.
Ordnungsbussen eingeführt
In einzelnen Bereichen sieht die Revision jagdorganisatorische Änderungen vor. Das Gutachten empfiehlt der Standeskommission, die Aufgaben der Jagdaufsicht neu zu regeln.
Dazu gehört eine weitgehende Trennung von Wildhut und Jagdverwaltung, die aber eine gewisse Durchlässigkeit erlauben soll: «In einer kleinen Fachstelle wie der Jagd- und Fischereiverwaltung müssen sich die beiden Angestellten gegenseitig vertreten können», begründet die Standeskommission. Der Jagdverwalter wird also weiterhin einen gewissen Teil seiner Arbeit im Feld verrichten.
Umgekehrt muss sich der Jagdaufseher um jagdliche Belange kümmern, wenn die Jagdverwaltung nicht besetzt ist. Die Institution der ehrenamtlichen Jagdaufsicht wird beibehalten. Sie wird jedoch von jagdpolizeilichen Aufgaben entbunden. Dementsprechend werden die betreffenden Personen neu als Jagdaufseherinnen und Jagdaufseher bezeichnet. Für geringfügige Übertretungen wird ein Ordnungsbussenverfahren eingeführt. Dazu müssen einerseits die Bussenbestimmungen in der Verordnung zum Jagdgesetz und andererseits die beiden Anhänge der Ordnungsbussenverordnung vom 15. Juni 2009 angepasst werden.
Verbleib im Baudepartement
Das Gutachten empfiehlt auch, die Jagd- und Fischereiverwaltung im Bau- und Umweltdepartement zu belassen. Ein Wechsel in das Land- und Forstwirtschaftsdepartement würde voraussichtlich zu erheblichen Interessenkonflikten mit der Land- und Forstwirtschaft führen, etwa bei Wildschäden oder bei möglichen wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Wildhege. Für eine Eingliederung von Jagd und Fischerei in das Justiz-, Polizei- und Militärdepartement, wo dieser Bereich bis in die 90er Jahre angesiedelt war, spricht aus Sicht des Gutachters wenig. Zwar gäbe es im Justiz-, Polizei- und Militärdepartement polizeiliches Fachwissen für die Ahndung von Jagdverstössen, aber in spezifisch jagdlichen Fragen oder bei der Wildhut sind keine Synergien erkennbar, die eine Wiedereingliederung rechtfertigen würden.
Mehr Personal
Die Standeskommission hat die Arbeitssituation in der Jagd- und Fischereiverwaltung überprüft. Sie ist bereits den Empfehlungen des Gutachters gefolgt und hat die Jagd- und Fischereiverwaltung um 60 Stellenprozente aufgestockt. Heute arbeiten der Jagdverwalter und der neu eingestellte Wildhüter zu je 80 Prozent, so dass auch eine gegenseitige Stellvertretung gewährleistet ist. Die Anforderungen an Jagdverwaltung und Wildhut seien in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen, ebenso der administrative Aufwand.
Es gäbe auch mehr Aufgaben als früher, wie z.B. den Einsatz von Drohnen zur Rettung von Rehkitzen, Probleme mit dem Rotwildbestand oder das Vorkommen von Großraubwild und Schwarzwild.