Tagsüber schlafen und nachts zum Schlemmen durch die Stadt ziehen – der Igel hat sich in Grossstädten gut eingelebt.
Sein Verhalten hat sich im Vergleich zu seinem ländlichen Pendant kaum verändert.
Igel in der Stadt leben trotz höherer Temperaturen und eines dauerhaften Nahrungsangebots wie ihre Artgenossen auf dem Land. Die Tiere ziehen sich auch in einer Grossstadt zu einem ausgiebigen und tiefen Winterschlaf zurück, wie eine Studie von Lisa Warnecke am Zoologischen Institut der Universität Hamburg ergab.
An vierspuriger Strasse in Winterschlaf
Die Beharrlichkeit des Igels zahlt sich aus: Warnecke sieht in dem Verhalten das Erfolgsrezept des Igels, der einer der ältesten Säugetiere der Welt ist. Nach 15 Millionen Jahren, die es seine Art nun gibt, scheint dem stacheligen Tier das hektische Stadtleben nichts auszumachen.
«Sogar Igel, die an einer vierspurigen Hauptstrasse überwintern, fallen in einen festen Winterschlaf», sagt Warnecke. Da sich der Igel vor allem über den Geruchssinn orientiert, stört ihn der Lärm der Grossstadt vermutlich weniger.
Igel mit Sendern verfolgt
Seit eineinhalb Jahren beobachtet die Expertin mit ihren Studenten 14 Exemplare, die sie für ihre Untersuchungen mit Sendern markierten. Das Team verfolgte auch den Aktionsradius der Igel. Demnach halten sich die nachtaktiven Tiere tagsüber bevorzugt in privaten Gärten auf. Nachts, wenn sich der Mensch aus den Grünflächen der Stadt zurückgezogen hat, suchen sie die Stille der Parks.
Die städtischen Igel durchkreuzen dabei ein Gebiet von etwa fünf Hektar, das sind etwas mehr als sieben Fussballfelder. «Die von uns markierten Igel haben pro Stunde mehr als 100 Meter zurückgelegt. In einer Sommernacht sind die Tiere auch mal acht Stunden unterwegs. Da kommt einiges zusammen», sagt Warnecke.
Land-Igel haben grösseres Revier
Die Artgenossen auf dem Land haben ein deutlich grösseres Revier: Bis zu 50 Hektar durchwandern sie in einer Nacht, also etwa 70 Fussballfelder. Igel haben feste Reviere. Die standorttreuen Tiere rücken in der Stadt also näher zusammen.
Warnecke und ihr Team beobachteten Igel in zwei Hamburger Parks. Die Ergebnisse liessen sich auf andere deutsche Städte übertragen, betont die Forscherin. Sie werden an diesem Montag auf einer Fachkonferenz für experimentelle Biologie im britischen Brighton vorgestellt.
Stark veränderter Lebensraum
Der natürliche Lebensraum des Igels hat sich in der modernen Landwirtschaft stark verändert. Es gibt für ihn weniger Hecken oder Büsche als Rückzugsorte. Auch in den Städten macht Verbauung, viel Strassenverkehr und ein Mangel an Verstecken dem Igel zu schaffen. Allein das Nahrungsangebot ist – dank Speiseresten oder Katzenfutter auf privaten Gartenterrassen – für den Igel in der Stadt reicher.
Igel sind Wildtiere und stehen unter Schutz. Nur verletzte, kranke und hilflose Exemplare dürfen gefangen werden. Einen Igel im Winter in Pflege zu nehmen sollte laut dem Naturschutzbund Nabu die Ausnahme sein. Die Wissenschaftlerin Warnecke verspricht sich von ihren Forschungsergebnissen Anleitungen für den besseren Schutz des Tieres in der Grossstadt. Etwa, dass in öffentlichen Grünanlagen auf Rattengift verzichtet wird und dort, wie auch in privaten Gärten, Rückzugsmöglichkeiten für den Igel geschaffen werden.