Update 14.6.2016: Ständerat gibt Schwäne zum Abschuss frei
Update 3.3.2016: Der Schutz der Schwäne soll in der Schweiz gelockert werden.
Darin sind sich National- und Ständerat einig. Von Höchstzahlen für die Schwäne, wie sie die kleine Kammer fordert, hält der Nationalrat allerdings wenig. Er setzt stattdessen auf eine Lösung wie beim Wolf. Ginge es nach dem Ständerat, würde der Höckerschwan künftig als jagdbare Tierart eingestuft und für gewisse Gebiete würden Höchstzahlen festgelegt. Dem Nationalrat geht das jedoch zu weit. Er hat am Mittwoch eine Motion aus dem Ständerat abgeändert. Der Nationalrat fordert eine Lösung, wie es das Parlament zur Regulierung des Wolfsbestandes beschlossen hat. Der Höckerschwan soll demnach grundsätzlich eine geschützte Tierart bleiben. Bei konkreten Problemen sollen die Kantone beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) eine Abschussgenehmigung einholen können.
Füttern lockt Tiere an
Gegen die Lockerung des Schutzes setzten sich SP und Grüne ein. Die heutige Praxis sei bewährt und erfolgreich, sagte Silva Semadeni (SP/GR) im Namen der Minderheit. Im Normalfall verursachten die Schwäne keine Probleme. Hauptproblem seien die meist gut gemeinten Fütterungen, die eine grosse Lockwirkung hätten. Eine Änderung der Gesetzgebung auf nationaler Ebene sei jedoch nicht notwendig.
Bereits heute können die Kantone beim Bund ein Gesuch stellen, wenn sie den Schwanenbestand regulieren wollten. Sie müssen jedoch vorgängig nachweisen, dass Schäden entstanden sind und Massnahmen dagegen ergriffen wurden. Das sei relativ aufwendig, sagte Kommissionssprecher Hans Grunder (BDP/BE).
Die Mehrheit des Nationalrats möchte es den Kantonen nun erlauben, proaktiv zu handeln. Der Nationalrat stimmte der abgeänderten Motion mit 91 zu 74 Stimmen bei 16 Enthaltungen zu. Nun ist der Ständerat wieder am Zug.
Keine natürlichen Feinde
Die Motion eingereicht hatte der ehemalige Nidwaldner CVP-Ständerat Paul Niederberger. Die Höckerschwäne hätten sich mangels natürlicher Feinde und dank des gesetzlichen Schutzes ungestört vermehrt, argumentierte er. In Nidwalden habe die Population überhand genommen. Die Tiere hätten an Sympathie verloren, weil sie Wiesen und Spazierwege verkoteten.
Das Drohverhalten der Schwäne könne Spaziergänger, Radfahrer und Kinder beängstigen, sagte Grunder. Auch komme es zu Konflikten mit den Landwirten, da Kühe das verkotete Gras nicht mehr fressen würden oder daran erkrankten.Der Höckerschwan – namensgebend ist der schwarze Höcker über dem Schnabel – ist in der Schweiz ursprünglich nicht heimisch. Gemäss BAFU wurde er im 17. Jahrhundert in Parkweihern ausgesetzt. In der Schweiz gibt es laut Grunder je nach Jahreszeit rund 5000 Höckerschwäne.
Unverständnis bei Tierschützern
Die Alliance Animale Suisse zeigte sich in einem Communiqué empört. Das Ansinnen der grossen Kammer sei ethisch und auch sachlich unsinnig. Auch der Schweizer VogelschutzSVS/Bird Life Schweiz hat kein Verständnis. Die “erleichterten Eingriffe” in den Schwanenbestand wegen eines lokalen Problems seien unnötig. Moderate Eingriffe gegen die Schwände in Nid- und Obwalden seien bereits bewilligt und würden im Frühling beginnen.
8.2.2016
Der Bundesrat und grosse Teile des Parlaments wollen den Schutz des Höckerschwans lockern. Rund 16’000 Personen wehren sich nun mit einer Petition gegen den Plan.
In seiner weissen Eleganz wirkt der Höckerschwan majestätisch. Doch eine königliche Behandlung ist dem hierzulande geschützten Tier nicht mehr gewiss. Der Nidwaldner Alt-Ständerat Paul Niederberger (CVP) will die Hürden für eine Regulierung des Bestandes abbauen. Weil er keine natürlichen Feinde kenne und ihn das Gesetz schütze, habe sich der an sich nicht heimische Höckerschwan «ungestört» vermehren können, so Niederberger. «Dadurch hat sich mancherorts eine übermässige Population entwickelt.» Hotspots sind etwa der Alpnacher-, Sarner-, Hallwiler- und Greifensee. In solchen Gebieten richte der Schwan seines Kotes wegen erhebliche Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen an, sagt Niederberger. Verschmutztes Gras werde vom Vieh nicht mehr gefressen; es stelle eine Quelle für mögliche Krankheiten dar.
Der CVP-Politiker ist im Herbst nicht mehr zu den Wahlen angetreten. Sein politisches Erbe wirkt jedoch nach. Nachdem der Ständerat im September Niederbergers Motion überwiesen hat, wird sich voraussichtlich übernächste Woche die nationalrätliche Umweltkommission (Urek) über das Geschäft beugen – und angesichts der Dominanz von SVP, FDP und CVP wohl zustimmen. Ausserparlamentarisch formiert sich nun allerdings Widerstand. Die Walliser Tierschützerin Mélanie Fellay hat, ohne die Medien darüber zu informieren, Ende Januar mit mehreren Tierschutzorganisationen in Bundesbern eine Petition mit rund 16’000 Unterschriften eingereicht, wie der Tages Anzeiger schreibt.
Kritik von der Vogelwarte Sempach
Die Kontroverse um den Höckerschwan kommt für den Schweizer Tierschutz (STS) nicht überraschend: Viele geschützte Arten seien in den letzten Jahren zu «Konfliktarten» erklärt worden, schreibt der STS in einem Brief an die Urek-Mitglieder. Der Bund habe inzwischen für Wolf, Luchs, Bär und Biber Konzepte geschaffen, die Massnahmen gegen sogenannt schädliche Einzeltiere bis hin zu regulierenden Eingriffen in die Population vorsähen. Die Forderung nach einer erleichterten Regulation von Höckerschwänen, kritisiert der STS, sei daher nur der nächste logische Schritt, um den Schutz möglichst aller Wildtierarten zu reduzieren.
In der Schweiz leben je nach Jahreszeit bis zu 5000 Schwäne, davon nisten hierzulande 600 bis 700 Paare; die Art gilt als nicht gefährdet. Gleichwohl hielte es Tierschützerin Fellay für «barbarisch», die Tiere abzuschiessen. Vielmehr sei es am Menschen, sein Verhalten zu ändern. «Die Schwäne dürfen nicht mehr gefüttert werden.» Dies nämlich sei der Grund dafür, dass die Tiere sich an Fütterungsplätzen konzentrierten und dort auch ihre Scheu vor dem Menschen verlören, so Tierschützerin Fellay.
Auch für Michael Schaad von der Vogelwarte Sempach ist der erste Schritt zur Lösung eines Konflikts, vor Ort auf das Füttern zu verzichten. Dadurch würden sich lokale Konzentrationen auflösen. Den Höckerschwan-Schutz zu lockern, bezeichnet auch er als unnötig. Schaad hält es zudem für überzeichnet, den Höckerschwan als Gefahr für Spaziergänger, Radfahrer und Kinder darzustellen, wie es Niederberger in seinem Vorstoss macht. «Die Leute müssen gebührend Abstand zum Höckerschwan wahren.» Wie jedes Wildtier verteidige auch der Höckerschwan sich oder seine Jungen, wenn man ihm zu nahe komme.
Auch Kantone machen Druck
Die Fütterungsproblematik haben auch die Kantone erkannt. Da und dort gibt es lokal Verbote. Trotzdem kommt aus ihrem Kreise Druck auf eine Lockerung des Höckerschwan-Schutzes. Heute dürfen die Kantone einzelne Tiere erlegen, wenn sich damit erheblicher Wildschaden verhindern lässt. Allerdings muss für jede Intervention eine beschwerdefähige Verfügung erlassen werden. Sobald mehr als 10 Prozent einer lokalen Population getötet werden sollen, müssen die Kantone zudem ein Regulationsgesuch beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) stellen. Kantonale Fachleute klagen über einen beträchtlichen administrativen Aufwand. «Wir sind daran interessiert, genügend grosse Kompetenzen im Management der Wildtierarten zu erhalten», sagt Peter Ulmann, Jagd- und Fischereiverwalter des Kantons Luzern. Die lokale Bevölkerung erwarte, dass die kantonalen Fachstellen bei Problemen zeitgerecht und mit vertretbarem Ressourcenaufwand agierten.
Beschwerderecht ausschalten
Auch der Bundesrat will den Höckerschwan-Schutz lockern. Er ist bereit, das Jagdgesetz im Sinne der Motion Niederberger zu revidieren. Wie, ist allerdings noch unklar. Das federführende Bafu will sich dazu noch nicht äussern. Niederberger schlägt vor, ähnlich wie bei der Regulation des Steinbocks zu verfahren und für bestimmte Gebiete eine sinnvolle Bestandesgrösse festzulegen. «Wird die definierte Zahl überschritten, sollen die Kantone frei sein, den Bestand zu regulieren.» Der Vorschlag ist pikant. Heute sind Höckerschwan-Abschussverfügungen des Bafu beschwerdefähig. Setzt sich Niederbergers Vorschlag durch, ist es denkbar, dass für die Höckerschwäne ein Management in einer eigenen Verordnung geregelt wird – wie heute schon für Steinböcke. Laut Bafu könnte gegen Abschüsse so keine Beschwerde erhoben werden.
Ob- und Nidwalden beginnen mit Eierstechen
Möglicherweise setzt sich aber auch ein anderer Ansatz durch: das Eierstechen während der Brutzeit im Frühling. Das Bafu hat letztes Jahr entsprechende Gesuche der Kantone Ob- und Nidwalden bewilligt. Die beiden Kantone wollen dieses Frühjahr die Methode testen – mit entsprechender Vorsicht, wie Cyrill Kesseli, Jagdverwalter des Kantons Obwalden, sagt: «Klar ist, dass der Eingriff zu einem frühen Zeitpunkt stattfindet, wenn die Entwicklung der Brut noch im Anfangsstadium ist.»
2 Kommentare
Auch ganz meine Meinung, kein Tier gehört auf die Abschussliste. Der Mensch ist immer noch die grösste Bestie, die alles zerstört. Sehr traurig. Vogelsterben – Klimaveränderung – abholen der Regenwälder, Wälder Felder verschwinden durch Überbauen. Keine Lebensräume mehr für Tiere, 😢
Kein Tier gehört auf die abschussliste, egal von was für Art sie stammen;
Mfg