Deutsche Grosswildjäger erlegen Eisbären, Löwen oder Giraffen, bringen die Felle, Zähne und andere Teile als Trophäe nach Hause.
Amateur-Jäger aus Deutschland haben im vergangenen Jahr Hunderte im Washingtoner Artenschutzübereinkommen gelistete Tiere als Trophäen mit nach Hause gebracht. Aus Afrika, Kanada, Argentinien, den USA, Namibia, Tansania, Tadschikistan, Russland und der Mongolei führten sie 543 Jagdtrophäen ein, wie aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke hervorgeht.
„Es ist völlig absurd, während mehr und mehr Tierarten vor dem Aussterben stehen, werden weiterhin Teile geschützter Tiere als Jagdtrophäen nach Deutschland gebracht – ganz legal„, sagte Lemke, die naturschutzpolitische Sprecherin der Grünen ist. „Die Zerstörung ihres Lebensraums, die Klimakrise, illegaler und auch legaler Handel bringen ganze Tier-Populationen unter Druck.“
Unter den Trophäen: 164 Zebras, 109 Paviane, acht Elefanten, 14 Löwen, drei Breitmaulnashörner, ein Eisbär – und 40 gerade erst im Washingtoner Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten freilebenden Tieren und Pflanzen (Cites) unter Schutz gestellte Giraffen. Auch laut Cites bedrohte Tiere werden also gejagt. 2020 etwa wurden ein Breitmaulnashorn aus Namibia, vier Säbelantilopen, elf Leoparden und drei Geparden nach Deutschland eingeführt.
„Angesichts der dramatischen Situation beim Artenschwund muss die Bundesregierung handeln und die Praxis von Jagdtrophäen von geschützten Arten stoppen“, verlangt Lemke. „Die Deutschen sind die größten Großwildjäger nach den Amerikanern und Spaniern“, sagte Daniela Freyer von Pro Wildlife. „Das hat mit der Jagdtradition des Landes zu tun, aber auch mit der Zahlungskraft.„
Für die Einfuhr der Trophäen insbesondere von streng geschützten Arten prüft das Bundesamt für Naturschutz (BfN) auf Antrag lediglich die rechtlichen Grundlagen. „Bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen besteht kein Ermessen für die Entscheidung des BfN„, sagte ein Mitarbeiter. Allerdings dürfen Trophäen streng geschützter Arten nicht kommerziell genutzt werden.
Laut der Artenschutzorganisation Pro Wildlife schrumpften allein die Giraffenbestände zwischen 1985 und 2015 um 36 bis 40 Prozent. Schätzungen gingen von unter 100.000 Giraffen in ganz Afrika aus. Lebensraumverlust, Wilderei und legale Jagd bedrohten die Tiere, kritisiert Pro Wildlife.
Deutsche Jäger gehören nach US-Amerikanern und Spaniern zu den Spitzenreitern bei der Trophäenjagd. Manche europäischen Länder haben die Einfuhr von Jagdtrophäen bestimmter Arten bereits verboten bzw. bereiten entsprechende Gesetze vor. Die Bundesregierung hingegen hält weiter daran fest, die Einfuhr von Jagdtrophäen zu genehmigen und behauptet, diese würden einen finanziellen Anreiz zum Erhalt bejagter Arten leisten. Konkrete Belege hierfür bleibt sie jedoch schuldig. Wie aus einer im März veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90 /Die Grünen hervorgeht, fördert die Bundesregierung derzeit in Afrika Entwicklungsprojekte, die „Berührungspunkte mit Ländern und Gebieten mit Jagdkomponente aufweisen“ mit rund 140 Millionen Euro. „Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Einfuhr von Jagdtrophäen verbietet und zukunftsfähige Projekte finanziert, die anerkennen, dass lebendige Wildtiere mehr wert sind als tote “, so die Pro Wildlife Sprecherin.
Auf Fotos im Netz, auf Jagdmessen und in Katalogen der Jagdanbieter sind freilich prächtige Exemplare zu sehen. Hobby-Jäger – und immer öfter Hobby-Jägerinnen – präsentieren sich in Siegerpose mit erlegten Tieren. Die Beute zeigen gehört dazu. Tierpräparatoren kümmern sich dann darum. Aus der Haut einer Giraffe wird da schon mal eine Gewehrtasche. Die Präparation eines ganzen Tieres kostet mehrere tausend Euro.
Just zum Valentinstag posierte eine Flintenfuchtlerin mit dem Herz einer getöteten Giraffe für die Kamera. Gegner werben bei Facebook dafür, sie wegen ihrer Posts mit toten Tieren aus dem sozialen Netzwerk zu bannen. Die Frau wiederum erläutert auf Facebook, die Trophäenjagd sei ein Instrument, bestimmte Arten vor dem Aussterben zu retten.
Um des Prestiges Willen würden grosse und gesunde Tiere geschossen, sagt Freyer. Es dürfe auch nicht sein, dass in Kanada Eisbären – „Inbegriff für das Artensterben“ – gejagt würden. Doch auch dies wird kontrovers gesehen. „Die Gefahr für die Bären liegt nicht in der traditionellen Jagd der Inuit. Das zeigen alle wissenschaftlichen Daten„, schreibt die Artenschutz-Expertin der Umweltorganisation WWF Sybille Klenzendorf in einem Blog. „Die Bedrohung geht von der Klimakrise aus. Es rettet die Art nicht, wenn den Inuit ihr – übrigens völkerrechtlich verbrieftes – Recht auf Jagd genommen wird.“ Teils verkaufen die Inuit dieses Recht, um dringend benötigte Einkünfte zu generieren – für erhebliche Beträge.
Im vergangenen Jahr etwa kostete laut Katalog eines Anbieters eine 14-tägigen Reise zur Eisbärenjagd in der schwer erreichbaren kanadischen Inuit-Region Nunavut 52.500 US-Dollar, inklusive Abschuss eines Bären. Eine dreiwöchige Löwenjagd in Afrika wiederum sollte mit knapp 80.000 US-Dollar pro Teilnehmer zu Buche schlagen, mit Vollverpflegung und täglichem Wäschedienst. Eine zwölftägige Leopardenjagd in Tansania mit Unterkunft in luxuriösen Zeltcamps und Rohpräparation der Trophäe wiederum war ab etwa 30.000 US-Dollar zu haben, die Abschussgebühr für einen Leoparden lag um 8000 US-Dollar.
Leoparden unterliegen ebenso dem strengsten Schutz wie Geparden. Für die Geparden, die ohnehin schon einen kleinen Genpool haben, hat die Cites-Vertragsstaatenkonferenz Ausfuhrquoten für lebende Exemplare und Jagdtrophäen festgelegt: Jährlich dürfen demnach fünf Tiere aus Botswana, 150 aus Namibia und 50 aus Simbabwe etwa als Trophäe ausgeführt werden. Laut IUCN gibt es weltweit noch knapp 6700 erwachsene Geparden, der Bestand nimmt ab.
In der Corona-Krise wiederum ist zu hören, dass in vielen Gebieten Einnahmen fehlen – und damit auch Geld für Naturschutzprogramme und Wildhüter. Teils habe die Wilderei zugenommen, heißt es auch beim WWF. „Wir sind gegen Trophäenjagd, wenn sie nicht nachweislich dem Artenschutz dient„, sagt WWF-Sprecher Roland Gramling. Die Jagd der angestammten indigenen Bevölkerung gefährde aber bei Einhaltung der international festgelegten Quoten nicht die Bestände.
Laut Pro Wildlife erreicht nur ein Bruchteil des Geldes die Menschen vor Ort. „Die Jagd ist für die Menschen ökonomisch unbedeutend und fördert nicht die Akzeptanz für Wildtiere“, ist Freyer überzeugt. Die Jagd unterbinde weder eine Ausdehnung der Landwirtschaft noch die Wilderei. „Einheimische wandern für viele Jahre ins Gefängnis, wenn sie mit einem Elefantenzahn erwischt werden – und dann kommt ein reicher Trophäenjäger aus Deutschland und kann seine Elefantentrophäe einfach mitnehmen. Das ist nicht die richtige Botschaft, die man da aussendet.“