Tierwelt

Wallis darf Wolfsrudel im Val d’Hérens nicht regulieren

Der Kanton Wallis kann nach bisheriger Gesetzgebung das Wolfsrudel im Val d’Hérens nicht durch Abschüsse verkleinern. Die Bedingungen für eine Regulierung sind nicht erfüllt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Es bestätigt einen Entscheid des BAFU.
Pinterest LinkedIn Tumblr

Während des Alpsommers 2022 fielen in der Region mehrere Nutztiere Wolfsangriffen zum Opfer.

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) lehnte den Antrag des Kantons Wallis ab, das Rudel im Val d’Hérens zu regulieren, und begründete dies damit, dass sich mehrere Schafe über 100 Meter vom Nachtweidebereich entfernt aufgehalten hätten und darum von den Herdenschutzhunden der Alp unzureichend geschützt gewesen seien. Daher berücksichtigte das BAFU diese Schafe bei der Schadenserhebung nicht. In seiner Beschwerde stellte der Kanton Wallis die vom BAFU angewendete Grenze von 100 Metern in Frage.

Subsidiarität der Regulierungsabschüsse

In seinem Urteil verweist das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) auf die Berner Konvention, nach welcher der Wolf noch immer eine streng geschützte Art ist. Daher kommt seine absichtliche Tötung nur dann in Frage, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Laut geltender Jagdgesetzgebung sind das Vorliegen effektiver Schäden an Nutztierbeständen oder eine erhebliche Gefährdung des Menschen zwingende Voraussetzungen für die Regulierung eines Rudels. Zum Schutz der Viehherden können nur «reaktive» Abschüsse bewilligt werden. Dieser Grundsatz, der in einem Gesetz im formellen Sinn festgeschrieben ist, kann nicht durch eine nachrangige Norm in Frage gestellt werden. Unter diesen Umständen weisen die Regulierungsabschüsse von Wolfsrudeln zum Schutz von Viehherden einen subsidiären Charakter zu den übrigen, weniger invasiven Schutzmassnahmen aus. Das Vorliegen erheblicher Schäden ist also unter Berücksichtigung der zumutbaren Schutzmassnahmen zu würdigen.

Schutzwirkung von Herdenschutzhunden

Das BVGer verweist darauf, dass es Sache des BAFU ist, die zumutbaren Schutzmassnahmen zu bestimmen. Dazu gehört namentlich der angemessene Einsatz von Herdenschutzhunden. Doch entfalten die Hunde nur dann ihre Wirkung, wenn die Herde zusammenbleibt. Auf einen Angriff reagieren die Nutztiere unter Umständen mit Flucht. Für das Gericht weist nichts darauf hin, dass das BAFU bei der Verfassung seiner Richtlinien nicht berücksichtigt hätte, dass Nutztiere im Angriffsfall die Flucht ergreifen können. Das Bundesamt erachtet einen Abstand von 100 Metern zur Weide als noch ausreichend, um den Nutztieren hinreichenden Schutz zu bieten. Dieser Toleranzwert wird namentlich deshalb zugestanden, weil es nicht möglich ist, das Verhalten der Nutztiere genau zu kontrollieren.

Das BVGer gelangt zum Schluss, dass sich das BAFU nicht von der aktuellen Gesetzgebung entfernt, wenn es davon ausgeht, dass Schafe, die sich mehr als 100 Meter von ihrem Nachtweidebereich entfernt aufhalten, durch die Schutzhunde unzureichend geschützt sind. Die Beschwerde wird demnach abgewiesen.

Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.

Einen Kommentar schreiben