In der Schweiz finden immer mehr Züchter gefallen daran, eigentliche Wildtiere mit Haustieren zu paaren. Steinbockbastarde, sind eine Kreuzung zwischen Steinbock und Ziege.
Wildtiere kreuzen sich häufiger untereinander, als lange Zeit angenommen wurde, besonders Nagetiere, aber auch Vögel. Paaren sich Ziegen mit Steinböcken, müssten die Jungtiere eigentlich unfruchtbar sein. Dass dies nicht der Fall ist, beweist eine Handvoll Züchter, die Freude an den umstrittenen Hybriden haben. Im Gegensatz zu anderen Hybriden wie dem Maulesel sind Steinbock-Hybride nämlich fruchtbar.
Bastardierungen von Steinböcken und Ziegen sind auch schon in zoologischen Gärten durchgeführt worden. Die Steinbockbestände einzelner Wildparks enthalten mitunter solche Bastardtiere. Bastarde von Steinböcken mit hornlosen Ziegen sind hornlos, weil sich “hornlos” erblich dominant gegenüber “gehörnt” verhält.
Marco Giacometti, promovierter Wildbiologe, hat als erster Wissenschafter weltweit über die Kreuzung von Steinbock und Hausziege berichtet. Seine Studie befasste sich mit Hybriden in Soglio. Seine Untersuchungen, die den Zeitraum von 1989 bis 2001 umfassten und später auch von genetischen Analysen bestätigt wurden, wiesen nach, dass in der Natur geborene Hybride zwischen Steinbock und Hausziege auch in der Natur überleben konnten und sich in den Bergen ganze Rudel davon bilden konnten. Bis dahin war bekannt gewesen, dass sich frei lebende Steinböcke gelegentlich sömmernden Ziegenherden anschlossen, sich mit einzelnen Ziegen paarten und Hybriden zeugten. Deren Nachkommen wurden im Stall geboren und meist nach einigen Monaten geschlachtet. Giacometti hatte aber herausgefunden, dass sich unter besonderen Bedingungen ganze Rudel von Steinbock-ZiegenHybriden in den Bergen der Südalpen bilden konnten. Um das Erbgut des Alpensteinbocks nicht zu vermischen und die Ausbreitung von Tierseuchen wie der Ziegenräude, der Brucellose oder der CAE (eine Gelenks- und Gehirnentzündung der Ziegenarten) zu verhindern, empfahl Giacometti, Wildziegen nach der Sömmerung unbedingt wieder in menschliche Obhut zu bringen und somit eine Verwilderung samt weiteren Paarungen mit Steinböcken zu verhindern. Aufgrund der Brunft- und Paarungszeiten kann davon ausgegangen werden, dass die Hybride aus der Deckung einer Ziegengeiss durch einen Steinbock hervorgehen.
Geissenlabor im Glarnerland
«Geissenlabor» nennt Felix Widmer seine Alp im Glarner Kärpfgebiet. Er erzählt, wie er dazu gekommen ist, Hybriden zu züchten: «Mir hat es die Ziege angetan. Das Tier interessiert mich viel mehr als die Produkte, die daraus entstehen.» Im Selbststudium hat sich der ehemalige Lehrer weitergebildet, hat von Ziegenkreuzungen erfahren, Arbeiten über Steinböcke gelesen und bald den Wunsch verspürt, einen Steinbock-Hausziegen-Hybriden bei sich zu haben.
Schliesslich erlaubte ihm der Betreuer eines Tierparks, eine seiner Ziegen vorbeizubringen und von einem Steinbock decken zu lassen – die ersten Hybridenzwillinge waren geboren. Eine andere Kreuzung entstand aus einer Toggenburgerziege im Wallis, sagte er der tierwelt.ch
Widmer ist sich bewusst, dass seine Hybridzucht nicht überall gut ankommt. «Rasseziegenzüchter haben gar keine Freude daran».
Fehlende Rechtsgrundlage
Felix Widmer ist zwar der Hybridziegen-Pionier der Schweiz, doch er ist nicht die Einzigen, der Freude an der ungewohnten Kreuzung hat. Widmer zählt ein halbes Dutzend Namen aus allen Ecken der Schweiz auf. Eine verschworene, kleine Gesellschaft, die im Halbversteck Freude an den Steinbock-Hausziegen-Hybriden hat. «Und es gibt bestimmt noch mehr davon», sagt der Glarner. «Aber die meisten haben Bedenken wegen der Legalität, deshalb reden sie nicht davon.»
Eigentlich werden Hybriden gehandhabt wie Wildtiere und die bedürfen einer speziellen Haltebewilligung. Durch die Kreuzung ungleicher Rassen erhöht sich die Gefahr von Tierseuchen.
Ein Wildhüter sichtete 2014 gleich acht Hybridtiere in der Val Roseg bei Pontresina in Graubünden. Die Kreuzungen zwischen Steinbock und Ziege erkannte er am helleren Fell und den weissen Paarhufen.
Um die Reinrassigkeit der Alpensteinböcke nicht zu gefährden, wurden die Hybriden umgehend geschossen.