Good News

Rückgang der Wolfsangriffe auf Nutztiere in der Schweiz: Ergebnis eines verbesserten Herdschutzes

Am Wochenende haben Wölfe des Kärpfrudels in Elm (GL) zahlreiche Alpakas gerissen, die mit nur einer Litze im Zaun ungenügend geschützt waren. Ungeschützte Alpakas rechtfertigen keinen Abschuss!
Pinterest LinkedIn Tumblr

In der Schweiz sind die Nutztierrisse durch Wölfe im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent zurückgegangen, wie die Sendung «Schweiz Aktuell» vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) publik machte.

Wölfe haben am Sonntagmorgen bei Elm im Glarnerland sieben Alpakas gerissen und zwei verletzt. Die Risse erfolgten in Dorfnähe auf einer Weide. Sie war lediglich mit einem Litzenzaun, einem elektrifizierten Draht, gesichert, wie der Kanton Glarus am Montag mitteilte.

«Das zählt nicht als Herdenschutz gemäss Bundesvorgaben», erklärte Christoph Jäggi, Leiter der kantonalen Abteilung Jagd und Fischerei.

2022 wurden bis Ende September 1’200 Nutztiere von Wölfen in der Schweiz getötet. 2023 waren es noch 850 Tiere. Der stärkste Rückgang sei im Kanton Glarus zu verzeichnen, hiess es in der Sendung. Dort wurden im Vergleich zum Vorjahr 80 Prozent weniger Nutztiere getötet.

In Graubünden wurden rund 50 Prozent weniger Risse registriert. Und auch in den Kantonen Waadt und Tessin seien die Zahlen rückläufig.

Dass es immer weniger Risse gebe, habe mit dem ausgebauten Herdenschutz zu tun, so erklärt sich die Umweltschutzorganisation «Pro Natura» den Rückgang. «Herdenschutz bedeutet, dass die Herde entweder von Herdenschutzhunden und/oder von Hirten beschützt wird.» Eine weitere Möglichkeit sei, dass Hirten ihre Herden mit wolfsabweisenden Elektrozäunen sichern, sagt Sara Wehrli, Verantwortliche Jagdpolitik bei Pro Natura.

Glarner Wolfsrudel dürfen reguliert werden

Die beiden Wolfsrudel Kärpf und Schilt dürfen reguliert werden

Das Bundesamt für Umwelt hat am 16. Oktober 2023 seine Zustimmung für die Regulierung des Kärpfrudels und des Schiltrudels erteilt. Das Gesuch zum Abschuss des Leitwolfs des Kärpfrudels wurde noch nicht beantwortet. Die vorgesehenen Abschüsse sind aufwendig und dürfen bis am 31. März 2024 vollzogen werden. Der konsequente Herdenschutz ist auch künftig von zentraler Bedeutung.

Der Kanton Glarus hatte beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) Gesuche gestellt für die Regulierung der beiden Wolfsrudel Kärpf und Schilt für den Abschuss von maximal der Hälfte der bekannten Jungwölfe mit Jahrgang 2023. Beim Kärpfrudel wurden fünf und beim Schiltrudel drei Welpen nachgewiesen. Die Gesuche begründen sich mit den Schäden an Nutztieren. Wölfe des Kärpfrudels haben zwei Kälber getötet und zwei weitere verletzt sowie zwei Schafe in Matt gerissen. Das Schiltrudel hat im Juni neun Schafe auf der Alp Mürtschen gerissen. Das BAFU hat am 16. Oktober 2023 seine Zustimmung zur Entnahme von zwei der fünf Jungtiere des Kärpfrudels und einem von drei Jungwölfen des Schiltrudels erteilt. Die Abschüsse, welche bis längstens am 31. März 2024 ausgeführt werden dürfen, wurden verfügt und dürfen nur ausserhalb der eidgenössischen Jagdbanngebiete erfolgen.

Das Gesuch des Kantons Glarus für den Abschuss des Leitwolfs des Kärpfrudels, welcher für die Risse der Kälber verantwortlich gemacht wird, ist noch nicht beantwortet worden.

Abschuss ist aufwendig

Die zeitintensiven Abschüsse vollzieht die professionelle Wildhut. Sie muss auf günstige Gelegenheiten warten, etwa wenn die Wölfe an entdeckte Risse zurückkehren oder sich bei Schneelagen wieder vermehrt im Talboden bewegen. Derzeit sind die Wölfe noch weiträumig im ganzen Kanton unterwegs. Das ganzjährig intensiv betriebene Monitoring liefert die nötigen Kenntnisse über das räumliche Verhalten der Rudel.

Der Abschuss von Jungwölfen ist sehr anspruchsvoll, da die Unterscheidung der Jungtiere von den Adulten immer schwieriger wird. Um das Risiko eines Fehlabschusses zu minimieren, werden keine Jagdberechtigten zur Unterstützung der professionellen Wildhut beigezogen. Ein Fehlabschuss, zum Beispiel der Abschuss des Muttertieres statt eines Jungwolfs, kann zu einer Desorganisation oder dem Auseinanderfallen des Rudels führen. Es besteht dann die Gefahr, dass die unerfahrenen Jungwölfe sich eher auf die verhältnismässig leichte Beute wie Schafe oder Ziegen konzentrieren und mehr Schäden verursachen.

Auswirkung der Regulierung

Gemäss der Zustimmung des BAFU sind die Jungwölfe möglichst in der Nähe von Siedlungen oder Nutztieren sowie aus dem Rudelverband herauszuschiessen. Damit sollen die Elterntiere den Verlust ihrer Jungtiere mit Siedlungen und Nutztieren in Verbindung bringen und künftig solche Situationen und Orte meiden. Es ist aber klar, dass solche Abschüsse nicht immer gelingen und offen, ob der Vergrämungseffekt eintrifft. Es ist daher weiterhin und trotz Regulierungsabschüssen mit Schäden an Nutztieren zu rechnen. Für die Tierbesitzer bedeutet dies, dass die Herdenschutzmassnahmen, welche 2023 Wirkung entfalten, weiter konsequent umgesetzt werden sollen.

Calfeisentalrudel

Aufgrund der Spurenlage wurde vermutet, dass die Schäden auf der Alp Gamperdun von einem gerissenen und zwei verletzten Kälbern vom Calfeisentalrudel (SG) verursacht wurden. Am 30. August 2023 ersuchte der Kanton den Bund, den Regulationsperimeter des Calfeisentalrudels auf Glarner Boden zu erweitern (Medienmitteilung 31. August 2023). Dieses Gesuch wurde umgehend bewilligt und die Wildhut unternahm seither mehrere Versuche zum Abschuss von Wölfen in diesem Gebiet. Die Ergebnisse der DNA-Analysen beim Fall von Gamperdun, eingetroffen am 22. September und 5. Oktober, zeigten aber, dass die Schäden vom Kärpfrudel und nicht vom Calfeisentalrudel verursacht wurden. Umso wichtiger ist es aus Sicht des Kantons Glarus, dass der Bund das Regulationsgesuch des Kärpfrudels umgehend bewilligt. 

Einen Kommentar schreiben