Jagdgesetz

Landesjagdgesetzes von Rheinland-Pfalz: Begriff „ökosystemfremde Tierart“

Ein zentraler Bestandteil des Gesetzentwurfs, der vom Kabinett in Mainz gebilligt wurde, ist nach Angaben von Umweltstaatssekretär Erwin Manz (Grüne) eine stärkere Ausrichtung der Jagd auf die in Folge des Klimawandels nötige Walderneuerung.

Der Inhalt dreht sich um den aktuellen Entwurf des neuen Jagdgesetzes in Rheinland-Pfalz, das darauf abzielt, bestimmte Forderungen aus dem Bereich des Tierschutzes umzusetzen.

Es wird jedoch heftig kritisiert, dass der Entwurf nicht ausreichend valide Gründe für die Jagd auf bestimmte Tierarten festlegt. Die Befürworter des Entwurfs argumentieren, dass er notwendige Massnahmen zum Schutz der Tierwelt und des Ökosystems beinhaltet, während die Kritiker anführen, dass er zu vage formuliert ist und Raum für Missbrauch und Fehlinterpretationen lässt.

Der Entwurf des neuen Jagdgesetzes beinhaltet unter anderem auch ein Verbot bestimmter Tötungsfallen sowie ein Verbot der Jagd auf Füchse und Dachse mit Hunden in natürlichen Bauen. Diese Massnahmen sollen dazu dienen, das Leiden der Tiere zu minimieren und die Jagd näher im Einklang mit dem Tierschutz zu gestalten. Nicht mehr geduldet werden soll auch die Ausbildung von Jagdhunden an flugunfähig gemachten lebenden Enten.

Ein umstrittener Aspekt des Entwurfs ist die Regelung zur Jagd in künstlichen Bauen. Obwohl die Jagd in natürlichen Bauen untersagt sein soll, bleibt die Jagd in künstlichen Bauten erlaubt. Dies hat zu Bedenken geführt, dass künstlich angelegte Bauten als Vorwand genutzt werden könnten, um weiterhin bestimmte Tierarten zu bejagen.

Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, dass invasive Arten ohne bürokratische Verfahren getötet werden dürfen. Dies soll verhindern, dass sich invasive Tierarten unkontrolliert ausbreiten und einheimische Ökosysteme beeinträchtigen. Allerdings wird die Einführung des Begriffs „ökosystemfremde Tierarten“ kritisiert, da es keine eindeutige Definition des Begriffs „Ökosysteme“ gibt und diese sich ständig verändern. Ausserdem sorgt die Trennung zwischen Naturschutz und Jagdrecht dafür, dass die Jägerschaft von ihrer Verantwortung bei der Bekämpfung invasiver Arten entlastet wird. Zukünftig sollen Grundstückseigentümer neben dem Jagdpächter jagen dürfen.

Die Hobby-Jäger sollen zu bisher freiwillig erbrachten Leistungen gesetzlich verpflichtet werden, so im Bereich der Kitzrettung und des Wildmonitorings. Dies und anderes hat den Jagdhut gelupft und bereits einen Warnstreik der Jägerschaft zunächst bis zum 31. August 2023 ausgelöst. Um diesem Thema Nachdruck zu verleihen, hat der Jagdverband seine Mitglieder dazu aufgerufen, ab sofort landesweit die Entsorgung von Fall- und Unfallwild einzustellen.

Die Novelle soll auch das Thema Wildtiere in Siedlungsräumen aufgreifen und sieht hierfür eine Ausbildung von Hobby-Jägern zu sogenannten urbanen Wildberatern vor. Sie sollen dann Kommunen oder auch Bürger beraten, wenn etwa Wildschweine in Orte vordringen oder Waschbären sich in Siedlungen stark vermehren. Wildtiere in Siedlungen seien zwar kein neues Phänomen, doch auch in Rheinland-Pfalz mehrten sich die Probleme, erklärte das Ministerium.

Für diese Tiere besteht keine Hegeverpflichtung mehr

Da „ökosystemfremde Tierarten“ nicht mehr im Jagdrecht aufgeführt werden, geht diese Entwicklung in die Richtung, die die AG Wildtierforschung der Uni Giessen mit ihrem Vorschlag wollte, nämlich raus aus dem Jagdrecht, damit die invasiven Tiere als Schädlinge klassifiziert werden können. Dadurch dürften gegen sie auch Methoden angewandt werden, die für die „normale“ Jagd verboten sind. Was dabei tierschutzgerecht sein soll, steht noch in den Sternen.

Somit wird die Situation für die sogenannten invasiven Tiere wie Waschbären, Marderhunde und Nutrias durch diesen Entwurf noch schlechter. Diese Tiere werden nicht mehr im Jagdrecht aufgeführt -also als jagdbare Tiere – sondern sie sind nun in einer für sie neu kreierte Kategorie, nämlich diejenige der „ökosystemfremden Tierarten“.

Der Begriff „ökosystemfremd“ ist äussert problematisch, weil eine Definition von „Ökosystemen“ nicht existiert und nicht existieren kann, da diese nicht statisch sind, sondern sich permanent verändern. Auch Katzen können „ökosystemfremd“ und „invasiv“ sein, während z.B. Kühe, Büffel, Steinböcke, Schafe, Gämse je nachdem ökosystemfremd aber nicht invasiv sein können.

Die Vereinfachung der „Entnahme“, also des Tötens von Waschbären, Nutria und weiteren als invasiv bezeichneten Tierarten, ist – wie die Erfahrung des letzten Jahrzehnts zeigt – trotz der hohen Zahl getöteter Tiere nicht zielführend. Vielmehr sollten diese Tierarten der Hobbyjagd entzogen werden und ausschliesslich in konkreten Gefährdungssituationen unter naturschutzfachlicher Aufsicht, bei klaren Zielvorgaben und Zielüberprüfungen bejagt werden dürfen.

Es bleibt abzuwarten, wie der Entwurf des neuen Jagdgesetzes in Rheinland-Pfalz weiterentwickelt wird und ob die Bedenken der Tierschutzseite und der Jägerschaft berücksichtigt werden. Es ist wichtig, einen Konsens zu finden, der sowohl den Schutz der Tierwelt als auch die Belange des Naturschutzes berücksichtigt. Eine klare und eindeutige Formulierung der Bestimmungen ist dabei von grosser Bedeutung, um Missverständnisse und Missbrauch zu vermeiden. Nur so kann ein modernes Jagdrecht geschaffen werden, das den Anforderungen des Tierschutzes, Ethik und des Umweltschutzes gerecht wird.

Eine wichtige Frage für Tierschützer bleibt, ob es korrekt ist, dass eine Landesregierung mit ihrem Umweltministerium eine Definition der EU-Kommission so ändert und einen ganz neuen und nicht validen Begriff „ökosystemfremde Tierart“ einführt, ohne sich mit den anderen Bundesländern (und mit der EU-Kommission) abgestimmt zu haben.

Quellen:

Interessen-Gemeinschaft Wild beim Wild

Die IG Wild beim Wild ist eine gemeinnützige Interessen-Gemeinschaft, die sich für die nachhaltige und gewaltfreie Verbesserung der Mensch-Tier-Beziehung einsetzt, wobei die IG sich auch auf die rechtlichen Aspekte des Wildtierschutzes spezialisiert hat. Eines unser Hauptanliegen ist, in der Kulturlandschaft ein zeitgemässes und seriöses Wildtiermanagement nach dem Vorbild vom Kanton Genf einzuführen – ohne Hobby-Jäger aber mit integren Wildhütern, die den Namen auch verdienen und gemäss einem Ehrenkodex handeln. Das Gewaltmonopol gehört in die Hände des Staates. Die IG unterstützt wissenschaftliche Methoden der Immunokontrazeption für Wildtiere.

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