Tierrechte

Wildschweingatter? Nein, Danke!

Die berüchtigten Schwarzwildgatter stammen Mitte der 50er Jahre aus der ehemaligen DDR. Bei der Arbeit im Wildschweingatter soll angeblich festgestellt werden, wie sich ein Jagdhund am Schwarzwild verhält. Reagiert der Hund scharf oder zu ängstlich. Die Wildschweine im Gatter sind handaufgezogen und an Hunde und Menschen gewöhnt.

Von daher zeigen sie ein Verhalten, das in der freien Wildbahn so nicht vorkommt. Schon gar nicht, wenn dann in der jagdlichen Praxis, bei Drück- und Treibjagden Angst und Panik der Tiere dazukommen.

Auch wie sich ein Hund im jagdlichen Einsatz zeigt, wenn z. B. mehrere Hunde Wildschweinrotten hetzen und stellen kann im Schwarzwildgatter gar nicht geübt werden. Ebenso kann das Verhalten von Hunden, die durch Erfahrung mit zunehmendem Alter an Wildschweinen eine höhere Schärfe zeigen und die dadurch öfter von Wildschweinen verletzt werden, niemals in einem Schwarzwildgatter geübt oder gar kontrolliert werden.

Zu Verletzungen der Wildschweine, die dieses Gehege niemals mehr lebend verlassen werden, kommt es dennoch. Starkem Stress werden sie bei den Trainings ständig ausgesetzt. Die Hunde wechseln dabei fortlaufend, weil Jäger aus allen Richtungen dorthin kommen, um ihre Hunde zu trainieren. Für die Wildschweine hingegen gibt es keine Abwechslung. Gehetzt, verfolgt und gestellt werden ist für diese Tiere Alltag.

Aus Tierschutzgründen ist die Arbeit im Schwarzwildgatter und Schliefenanlagen klar abzulehnen. Es handelt sich um eine Ausbildungsmethode an lebenden handzahmen Tieren, die der Wildbahn oder Zoos entnommen ihr Leben in einem Gatter fristen und nach Gebrauch oder Untauglichkeit getötet werden.

Frischlinge
Frischlinge

Die Praxis hat gezeigt, dass es immer wieder zu schwersten Verletzungen der Tiere bei der Arbeit im Gatter – analog zu den Schliefenanlagen mit den Füchsen – und spätestens auf der Jagd mit den abgerichteten Jagdhunden kommt.

Die Stiftung Tier im Recht hat dazu ein wegweisendes Gutachten erstellt, indem klar ersichtlich ist, dass aus der Sicht des Tierschutzrechts z. B. die Ausübung der Baujagd gleich mehrfach den Straftatbestand der Tierquälerei erfüllt.

Es stellt sich auch die Frage, was mit den Hunden passiert, die im Schwarzwildgatter nicht die erwünschte Leistung zeigen bzw. denen eine Untauglichlichkeit für die Schwarzwildjagd attestiert wird. Es steht zu befürchten, dass viele dieser Hunde trotzdem zum Einsatz kommen oder vom Jäger als unbrauchbar entsorgt werden, frei nach dem jägerischen Motto:

Wer Schweinsköpfe ernten will, muss Hundsköpfe dran geben„.

Für die Arbeit in der jagdlichen Praxis ist eine Einarbeitung im Schwarzwildgatter nicht erforderlich. Es gab bisher genügend im Ausland ausgebildete brauchbare Hunde, die eine entsprechend gute Arbeit verrichten.

Schwarzwildgatter jetzt heranzuziehen mit der fadenscheinigen Begründung, durch diese Jagdhundeausbildung wäre der von Jägern mitverschuldeten Schwarzwildschwemme beizukommen, ist nicht nur eine weitere Bankrotterklärung der Jägerschaft.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass gerade jetzt wo die Ausbildung an lebenden Tieren unter starker Kritik steht, bei den Jagdverbänden ein gesteigertes Interesse besteht, stattdessen ihre Hunde jetzt auch noch an lebenden Wildschweinen auszubilden.

Zudem ist bekannt, dass nicht selten die Jagdhunde der Jäger das ganze Jahr über ein leidiges und trostloses Leben in einem Zwinger verbringen und nur während der Jagdzeit sich austoben können.

Auch sehen einige Jäger wohl die Möglichkeit, durch Nachweis der Leistung ihres Hundes im Schwarzwildgatter, dessen Zuchtwert zu erhöhen.

Es ist zu erwarten, dass in Zukunft viele Hunde einzig aus diesen Zwecken im Schwarzwildgatter geprüft werden und extrem gefährliche Hunde herangezüchtet werden können.

Das heisst, es sollen ausgerechnet diejenigen Hunde jagdlich gefördert werden, die ausserordentlich wenig natürlichen Respekt vor dem Wildschwein mehr zeigen, und dieses problematische Verhalten soll durch Training im Gatter noch gefördert werden! Dermassen selektierte Hunde könnten auch eine Gefahr für ihre Umwelt darstellen, wenn sie das einmal Gelernte ohne Befehle auf andere Situationen „übertragen“, sei es beispielsweise aus Langeweile, Unterforderung, übermässiger Aggression, Übersprungverhalten, falscher Verknüpfung, Reizüberflutung etc.

Der Schweizer Tierschutz (STS) hat unlängst ein Positionspapier veröffentlicht, was von der Ausbildung und Einsatz von Jagdhunden in der Schweiz zu halten ist. Nämlich rein gar nichts (ausser der Nachsuche).

Aus Erfahrungen in Deutschland (in Deutschland gibt es über das ganze Land verteilt mind. 19 Gatter) weiss man zudem, dass auch mit Wildschweingatter, weder die landwirtschaftlichen „Schäden“ noch die Population der Wildschweine im gewünschten Masse nachhaltig reduziert werden können. Was oft als Schäden bezeichnet wird, sind gar keine Schäden, sondern natürliches Verhalten.

Jäger, Landwirte, Förster produzieren weit gravierendere Schäden im Wald und Flur.

Schwarzwildgatter fördern Treib- sowie Drückjagden und somit miserable Fleischqualität, Tierquälerei, Hundemissbrauch usw.

Eine Arbeitsgruppe der Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz (JFK) – dem Zusammenschluss der kantonalen Jagdverwalter – prüft derzeit, wo ein erstes Wildschweingatter in der Schweiz errichtet werden kann, schreibt das BAFU. Interesse zeigen etwa die Kantone Zürich und Aargau. Beide Kantone verbuchten in den letzten Jahren massive Wildschweinschäden in der Landwirtschaft – wen wundert’s?

Die Hauptursache einer angeblichen Überpopulation und Schäden liegen immer an der falschen Bejagung wie z. B. der Leitbachenabschuss der Hobby-Jäger.

Die Jagd hat seit Jahrzehnten versagt und ist verantwortlich für Schäden, unter anderem durch falsche Bejagung, z. B. via Abschuss der Leitbachen, welche gar nicht so einfach zu erkennen sind. Insbesondere nicht während den vielen tierquälerischen Treibjagden in der ganzen Schweiz.

Da ist der Kanton Genf mit seinem modernen Wildtiermanagement mit Wildhütern Jahrzehnte voraus. Dort braucht es keine Treibjagden mit Hunden, obwohl immer sehr viele Wildtiere aus den umliegenden Gebieten in den Kanton Genf flüchten und bleiben, wenn in Frankreich oder Kanton Waadt Treibjagden praktiziert werden.

„Die Regulation erfolgt ausschliesslich durch Wildhüter, es werden keine Amateurjäger einbezogen“, so Gottlieb Dandliker. Für diese „Gardes de l’environnement“ spielen Sicherheit, Ethik und Tierschutz eine grosse Rolle: „Wir können uns nicht einen einzigen Unfall leisten.“ Tierschutz bedeutet vor allem die Vermeidung von angeschossenen Tieren. „Das passiert massenweise in der Umgebung, im Waadtland, in Frankreich. Da werden Treibjagden gemacht, die Tiere werden angeschossen, man findet sie oder findet sie nicht – oder erst eine Woche später“, berichtet der Faunainspektor. „Stresssituationen wie bei Treibjagden – wo die Tiere wissen: das war eine ganz furchtbare Sache – gibt es bei unserer Regulation nicht.“ Führende Bachen werden nicht geschossen – aus ethischen Gründen. Denn wenn die säugende Mutter fehlt, sterben die Kleinen. Auch die Leitbachen und die großen Eber werden nicht geschossen. „Dadurch erhoffen wir uns eine Stabilität in der Rotte und im Verhalten der Tiere“, erklärt Dandliker. „Wir haben hier regelmäßig Gruppen von Wildschweinwaisen von der französischen Jagd, die ihre Mutter verloren haben und in die Dörfer kommen.« Solche führungslose Frischlinge können natürlich grosse Schäden verursachen. Und es ist bekannt, dass sich Wildschweine nach Abschuss der Leitbache unkontrolliert vermehren.

In anderen Ländern wie England oder Italien werden die Wildschweine über eine Geburtenkontrolle (Immunokontrazeption) sogar noch ethischer und tierschützerischer kontrolliert.

Die Immunokontrazeption wird heute angewendet, um Tierbestände in freier Wildbahn oder in Zoos zu begrenzen. Die Immunokontrazeption hat im Gegensatz zu hormonellen Methoden praktisch keine Nebenwirkungen. Bisher sind die immunokontrazeptiven Anwendungen bei über 100 verschiedenen Tierarten erfolgreich getestet worden. Darunter bei wild lebenden Pferden, Hirsche, Wildschweine, Bisons, Eichhörnchen, Hunde, Katzen, afrikanischen Elefanten usw. Studien haben gezeigt, dass so behandelte Hirsche z. B. bis 5 Jahre unfruchtbar sind.

Die natürlicherweise tagaktiven Wildschweine haben sich dem Menschen angepasst und ihre Aktivitäten weitgehend in die Nacht verlegt. Die scheuen Tiere haben einen ausgezeichneten Geruchssinn, und sie hören sehr gut. Bereits das Klicken beim Einrasten des Gewehrverschlusses oder beim Entsichern der Waffe veranlasst sie zum Rückzug (Tierportrait Wildschwein).

Schwarzwild
Wildschweine

Hinzu kommt, dass das Wildschweine lernfähig ist. Wenn eine Bache an einem Ort schlechte Erfahrungen gemacht hat, meidet sie diese Stelle für längere Zeit. Und weil Wildschweine – ausgenommen die älteren, allein lebenden Keiler – immer in der Rotte unterwegs sind, das heisst in Gruppen mit 2 bis 3 Bachen und mehreren Jungtieren, entsteht ein kollektives Wissen. Forscher glauben, dass die starke soziale Struktur einer der Hauptgründe dafür ist, dass Wildschweine so schwierig zu erlegen sind. Derart schwierig, dass Jagdgesellschaft entnervt ihre Flinten ins Korn werfen oder sich eben immer neuere Tierquälereien ausdenken.

Die IG Wild beim Wild fordert, dass neue, sinnvolle und nachhaltige Wege gegangen werden zur Lösung heutiger Probleme.

Die Taten der Hobby-Jäger im Wildschweingatter und auf der Jagd widersprechen diametral den schweizerischen Tierschutzgesetzen z. B. Art 26 und Art. 4.

Jagd ist und war historisch gesehen nie ein Wildtiermanagement gewesen und produziert mehr Schäden als Nutzen. Die Jagdstatistiken sprechen seit Jahrzehnten eine deutliche Sprache, wer für die Tierquälereien, Schäden, Überpopulationen, Umweltzerstörung, Gewalt, Missbrauch, Respektlosigkeit, Unwahrheiten, Brutalität usw. verantwortlich ist.

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