Wissenschaft

Höhlenbären vom Menschen ausgerottet?

Der Mensch spielte ein Schlüsselrolle beim Aussterben des Höhlenbären. Das zeigen neue Forschungen.
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Während der letzten Eiszeit könnte der Mensch eine Schlüsselrolle gespielt haben, dass die Höhlenbären in Europa ausgestorben sind. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Studie mit Beteiligung der Universität Zürich, die genetisches Material aus mehreren Höhlen auswertete.

Der Schädel eines Höhlenbären aus der letzten Eiszeit, der bei Belgrad gefunden wurde. (Bild: R.Kowalczyk)

In welchen Gebieten Europas lebten Höhlenbären und welche Wanderbewegungen vollzogen sie während des Spätpleistozäns? Dieser Frage gingen Forschende um Verena Schünemann vom Institut für Evolutionäre Medizin der Universität Zürich nach. Sie rekonstruierten das mitochondriale Erbgut aus Knochenproben von 59 Höhlenbären, die an vierzehn Standorten in Polen, Frankreich, Spanien, Deutschland, Italien und Serbien entnommen wurden. Auch in der Schweiz wurden in den Freiburger Voralpen in der Höhle «Bärenloch» bei Charmey Knochen gefunden. Diese belegen, dass die Höhlenbären dort überwinterten und ihre Jungen zur Welt brachten. Die Forschenden verglichen die Genome von diesen vierzehn Standorten mit 64 zuvor veröffentlichten mitochondrialen DNA-Sequenzen.

Sowohl heutige als auch frühere Braunbären tragen in ihrem Erbgut 0,9 bis 2,4 Prozent Höhlenbär-DNA. Umgekehrt ist genetisches Material der Braunbären auch im Höhlenbären zu finden, wenn auch in geringerem Maß. Die Wissenschaftler folgern daraus, dass sich Höhlen- und Braunbär miteinander gepaart haben müssen, bevor die eine Art schließlich ausstarb. Es sei das erste Mal, dass DNA einer ausgestorbenen Eiszeit-Tierart in einer lebenden Tierpopulation nachgewiesen worden sei, berichteten bereits früher Forscher.

Stammbaum von Europas Höhlenbären

«Unsere Daten ergaben, dass die Verteilung der Höhlenbären während der letzten Eiszeit viel komplexer war als bisher angenommen», erklärt Letztautorin Verena Schünemann von der UZH. Mit den mitochondrialen Genomen wurde eine Art Stammbaum von den Höhlenbären erstellt: Die Forschenden identifizierten fünf grosse DNA-Linien, die über ganz Europa verstreut waren, aber auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen. Dieser lebte vor etwa 451’000 Jahren.

In einer Höhle bei Vincenza in Italien wurde dieser Höhlenbärenschädel aus dem späten Pleistozän gefunden. (Bild ZVG)

Die Populationen von Höhlenbären scheinen bis vor etwa 40’000 Jahren auch während zweier Kälteperioden und mehreren kühleren Episoden relativ stabil geblieben zu sein. Die starke Abkühlung der letzten Eiszeit setze erst vor rund 30’000 Jahren ein – als die Höhlenbärenpopulationen bereits sehr stark dezimiert waren. Dies deutet darauf hin, dass andere Faktoren grossen Einfluss auf das Aussterben der Höhlenbären hatten.

Der Mensch dezimiert die Bären

«Der drastische Rückgang der Höhlenbärenpopulation setzte etwa vor 40‘000 Jahren ein. Das ist auch der Zeitpunkt, als sich der moderne Mensch in Europa ausbreitete und zunehmend zum Konkurrenten des Bären wurde. Der Mensch beanspruchte mit den Höhlen in bestimmten Gebieten den gleichen Lebensraum wie die Bären und jagte die Tiere», erklärt Schünemann. Archäologische Funde belegen, dass die Bären getötet und verwertet wurden.

Das kühler werdende Klima und die dadurch verminderte Verfügbarkeit von Pflanzen als Futtermittel haben den Pflanzenfressern zusätzlich zugesetzt. So wurde die gesamte Bärenpopulation möglicherweise in verschiedene Teilpopulationen zersplittert, die moderatere Klimazonen und Lebensräume mit reichhaltigem Pflanzenangebot bewohnten. Durch die Bärenjagd und durch kleine, abgegrenzte Populationen könnte der Mensch eine entscheidende Rolle beim Aussterben der Bären gespielt haben, so die Wissenschaftler.

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