Indemini – In der Europäischen Union werden jedes Jahr mehr als 53 Millionen Wildvögel von Hobby-Jägern legal abgeschossen, darunter auch zahlreiche Arten, die in Deutschland stark gefährdet sind. Das ist das Ergebnis einer vom Komitee gegen den Vogelmord und dem Deutschen Rat für Vogelschutz vorgestellten Studie*, in deren Rahmen offizielle Jagdstatistiken aus insgesamt 24 EU-Staaten sowie der Schweiz und Norwegen ausgewertet wurden.
Die Statistiken stammen mehrheitlich aus der Jagdsaison 2014/15 und ergeben zusammen einen Abschuss von mindestens 53 Millionen Vögeln pro Jahr. Dazu kommt noch eine unbekannte Anzahl an Tieren, die jedes Jahr in Ländern ohne auswertbare Daten (Griechenland, Niederlande, Irland und Grossbritannien) und ausserhalb des Untersuchungsgebietes im Mittelmeerraum oder in Afrika getötet werden.
Die Autoren betonen, dass es sich bei einem grossen Teil der abgeschossenen Tiere um Zugvögel handelt, die in einigen Mitgliedsländern akut gefährdet oder vom Aussterben bedroht sind. So werden zum Beispiel in Deutschland streng geschützte Kiebitze, Bekassinen, Turteltauben oder Feldlerchen auf ihrem Zug ins Winterquartier im Herbst zu Hunderttausenden in Frankreich und Südeuropa abgeschossen. Deutsche und britische Jäger wiederum töten jedes Jahr viele Tausend Waldschnepfen und arktische Gänse aus Skandinavien und Osteuropa.

Im Einzelnen listet die Studie jährliche Abschüsse von zum Beispiel 4.995.083 Singdrosseln (jagdbar in insgesamt 8 EU-Ländern), 1.607.964 Wachteln (jagdbar in 10 EU-Ländern), 1.455.208 Turteltauben (jagdbar in 6 EU Ländern), 898.958 Feldlerchen (jagdbar in 6 EU-Ländern), 205.577 Bekassinen (jagdbar in 16 EU Ländern) und 107.802 Kiebitzen (jagdbar in 5 EU Ländern). Der Langzeiteffekt derartig hoher Entnahmen wird von den Autoren als verheerend bewertet. So wurden in den Jahren 1980 bis 2013 mindestens 100 Millionen Turteltauben in der EU von Hobby-Jägern legal getötet. Im selben Zeitraum hat der europäische Bestand der Turteltaube um 78 % abgenommen. In Deutschland steht die Art auf der Roten Liste und wird dort als „stark gefährdet“ eingestuft.
„Die Ergebnisse sind alarmierend und ein weiterer Beleg dafür, dass die Jagd auf bestimmte Arten die Schutzbemühungen in anderen Ländern gefährdet oder sogar komplett zunichte macht“,
so Heinz Schwarze, Vorsitzender des Komitees. Das Komitee gegen den Vogelmord und der Deutsche Rat für Vogelschutz DRV) fordern deshalb von der EU-Kommission, endlich europaweite Jagdverbote für gefährdete Arten durchzusetzen.
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse gibt es hier: http://ots.de/Z9coLn
*Der Titel der Studie lautet „Hirschfeld, A. & G. Attard (2017): Vogeljagd in Europa – Analyse von Abschusszahlen und Auswirkungen der Jagd auf den Erhalt bedrohter Arten, erschienen in der Zeitschrift „Berichte zum Vogelschutz“, Heft 53/52, Seiten 15-42