Umwelt

Der längste Fluss Italiens ist am Austrocknen

Italien leidet unter der schlimmsten Trockenheit seit 70 Jahren.
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Der 650 km lange Po fliesst von den Alpen im Nordwesten und speist mehrere italienische Regionen, bevor er in die Adria mündet.

Der ungewöhnlich niedrige Wasserstand hat gravierende Auswirkungen auf die Produktion von Gemüse und Früchte, die Wasserkraft, das Trinkwasser, die Handelsschifffahrt und die Fischerei.

Die Trockenheit macht nicht nur Menschen, sondern auch Tieren zu schaffen: Die Lebensräume für Fische, Frösche und Vögel in Feuchtgebieten entlang des Po sind in ernsthafter Gefahr, warnten Umweltschützer. Die Bauern pumpen immer mehr Wasser aus dem Fluss auf die Felder.

Das Problem von Dürre und Wasserknappheit, das Italien bereits im vergangenen Jahr schwer belastet hatte, droht in diesem Sommer zu einer Plage zu werden. Die Umweltschützer drängen die Regierung in Rom zur Ergreifung von Massnahmen zur Sanierung des veralteten Wasserversorgungsnetzes. Sie fordern, dass die Strafen für Wasserverschwender und -verschmutzer verschärft werden.

In einigen Gebieten hat es seit 110 Tagen nicht mehr geregnet. Die Dürre, die den längsten Fluss des Landes seit einem der trockensten Winter heimgesucht hat, zeigt keine Anzeichen einer Besserung. Defekte Wasserleitungen bescheren Norditalien erhebliche Versorgungsengpässe.

Die Situation ist so akut, dass die Regierungschefs der Lombardei, des Piemont, Venetiens und der Emilia-Romagna am 16.6.2022 erklärten, sie würden die Ausrufung des Notstands für ihre Regionen beantragen. Einige Städte im Norden müssen mit Lastwagen mit Wasser versorgt werden, und hunderte Städte wurden aufgefordert, ihre Trinkwasservorräte zu rationieren, um den Pegelstand der Stauseen wiederherzustellen.

In 25 Städten der Provinz Bergamo wird das Trinkwasser bereits mit Tankwagen transportiert, die die Stauseen wieder auffüllen. In hundert Städten in der Region Piemont geschieht dies ebenfalls bereits.

Die Dürre ist auf ungewöhnlich hohe Temperaturen, geringe Niederschläge und viel weniger Schnee während des Winters zurückzuführen, insbesondere in den südlichen Alpen, was wiederum zu einer geringeren Schneeschmelze im Po führte.

Der Pegel des Flusses liegt derzeit bis zu 2,7 Meter unter dem Nullpegel und damit deutlich unter dem Durchschnitt für Juni, während die Abflussmenge ins Meer auf 300 Kubikmeter pro Sekunde gesunken ist – ein Fünftel des Durchschnittswerts für diese Jahreszeit.

Die Po-Ebene wurde bereits 2007, 2012 und 2017 von Dürren heimgesucht, deren zunehmende Häufigkeit laut Wissenschaftlern ein weiteres Indiz für die Klimakrise ist.

«Diese Dürre ist aufgrund der Kombination zweier Anomalien – dem Mangel an Regen und der erhöhten Temperatur, die direkt mit dem Klimawandel zusammenhängt – einzigartig in der Geschichte«, sagte Luca Mercalli, der Präsident der Italienischen Meteorologischen Gesellschaft.

Mercalli, der in einer Bergstadt im Piemont lebt, fügte hinzu: «In den Alpen ist es wie Ende Juli, das Wasser wird knapp, weil nur noch wenig Schnee liegt, und in einer Woche wird es keine Reserven mehr geben. Wir haben kürzlich die Schneehöhe auf 3.000 Metern Höhe gemessen – normalerweise liegen im Juni zwei Meter Schnee, aber dieses Jahr liegt nicht nur kein Schnee, sondern es blühen auch schon Blumen

«Die Situation wird sich nur noch verschlimmern, denn für die nächsten Monate wird Hitze und Trockenheit vorhergesagt.«

Die Po-Ebene ist ein wichtiger Wirtschaftsraum für Italien, in dem Industriezentren wie Turin, Mailand und Brescia sowie eine Vielzahl von Sektoren florieren, und sie ist eine der wichtigsten landwirtschaftlichen Zonen Europas.

«Früher gab es gleichmässige Niederschläge über 10 Monate, in den letzten Jahren kamen sie in zwei oder drei heftigen Schüben über einen kürzeren Zeitraum und verwandelten den Fluss in einen Sturzbach«, sagte er.

«Heute machen wir uns Sorgen über den Mangel an Wasser, das nicht nur den Landwirten für die Bewässerung, sondern auch für die Energieerzeugung und die menschliche Ernährung dient – in diesem Gebiet gewinnen wir das Trinkwasser aus den Grundwasserleitern in den Alpen, aber in einigen Gebieten wird es auch aus dem Po entnommen und gereinigt.«

In Boretto, weiter entlang des Po, konnte ein Mann, der normalerweise jeden Tag durch den Fluss schwimmt, letzte Woche bis zur Mitte des Flusses laufen.

Nach Angaben des italienischen Bauernverbands CIA wird die Obst- und Gemüseproduktion in der Poebene um 30 bis 40 % zurückgehen.

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