Kunterbunt

Appenzell Innerrhoden ist der letzte Bergkanton ohne Wildruhezonen

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Der letzte Bergkanton ohne Wildschutzgebiete, Appenzell Innerrhoden, unternimmt einen dritten Versuch, diese Zonen einzurichten.

Die Umweltorganisation Pro Natura kritisiert jedoch den neuesten Entwurf, da der Konflikt zwischen Rehen und Rotwild nicht berücksichtigt werde. Die überarbeitete Version schlägt drei ausgewiesene Wildschutzgebiete anstelle von vier vor und lässt dabei Sonnenhalb aus, das bei dem vorherigen Versuch für Kontroversen sorgte. Pro Natura argumentiert, dass jeder der vier vorgeschlagenen Bereiche für verschiedene Arten wichtig sei, wobei Sonnenhalb einen unverzichtbaren Winterlebensraum für das Rotwild biete. Die Organisation kritisiert auch die mangelhafte Umsetzung und Kommunikation der Maßnahmen zum Wildschutz und weist auf das Fehlen von Dokumentation und Informationen seitens des Kantons hin.

Obwohl Pro Natura die Einbeziehung von Brugger Wald, Chalberer und Marwees als Wildschutzgebiete begrüßt, stellt sie fest, dass der Konflikt zwischen Rehen und Rotwild weiterhin ungelöst ist. Das Thema der Baumschäden durch Rehe wurde in einem Konzept von 2018 behandelt, das nach Angaben von Pro Natura unzureichend umgesetzt wurde. Die Überarbeitung des Jagdgesetzes und die Einrichtung der Wildschutzgebiete werden im Oktober vom Grossen Rat diskutiert.

Für den Umweltverband Pro Natura ist damit ein zentrales Ziel der Jagdreform verfehlt. Geschäftsführerin Corina Del Fabbro sagt, dass jedes der vier Gebiete für eine andere Tierart als Schutzraum wichtig wäre. Im Sonnenhalb wäre dem Rotwild die Möglichkeit gegeben worden, im Winter Ruhe zu finden und die Reserven zu schonen. Del Fabbro sagt: «Für den Hirsch wird in dieser Reform nichts gemacht. Das ist ungünstig.»

Wenn Hirsche im Winter immer wieder gestört werden, müssen sie die ohnehin knappen Reserven zur Flucht aufwenden. So magern sie ab und werden krank. Und anstatt in den dafür vorgesehenen Zonen suchen sie ihre Nahrung in privaten Wäldern, wo sie wiederum die Bäume beschädigen. Dafür wäre Sonnenhalb als Wildruhezone Pflicht gewesen.

Corina Del Fabbro, Geschäftsführerin Pro Natura

Die Standeskommission und Pro Natura sind sich darin einig, dass die vorgeschlagenen Bestimmungen für die anderen Tierarten wie Gämsen und Birkhühner nur das absolute Minimum bieten. Die Ausweisung der Gebiete Brugger Wald, Chalberer und Marwees als Wildschutzgebiete wird zwar positiv bewertet, jedoch bleibt der Konflikt zwischen Rehen und Rotwild bestehen.

Ein weiterer Vorstoß der Landsgemeinde, den Schutzstatus des Brugger Waldes zu erweitern, wurde in der Überarbeitung des Jagdgesetzes nicht berücksichtigt. Pro Natura ist der Meinung, dass die Schutzzone in diesem Gebiet ausgedehnt werden sollte, um den Hirschen im Winter einen Rückzugsort zu bieten. Laut Pro Natura sind die vorgeschlagenen Bestimmungen jedoch extrem liberal, da Verbote und Gebote nur für einige Monate gelten und die Gebiete weiterhin auf den offiziellen Wegen betreten werden dürfen. Andere Kantone haben dagegen ein komplettes Betretungsverbot.

Pro Natura fordert eine regelmäßige Überprüfung der Notwendigkeit der Wildschutzgebiete, während die Standeskommission dies ablehnt. Eine solche Überprüfung erfordert laut Pro Natura ein kontinuierliches Monitoring und festgesetzte Ziele für den Wildbestand. Selbst wenn sich eine Tierart erholt hat, kann der Schutz nicht aufgehoben werden, da die Wildbestände fortwährenden Veränderungen unterliegen. Die Standeskommission hingegen argumentiert, dass eine regelmäßige Überprüfung eine unnötige Bürokratie darstellen würde und dass die Etablierung der Wildschutzgebiete ausreichend sei.

In Bezug auf das Konzept des Rotwildmonitorings stimmen beide Parteien überein, dass eine genaue Bestandsaufnahme und Überwachung notwendig sind, um eine langfristige Bestandserholung sicherzustellen. Pro Natura betont jedoch, dass die derzeitigen Monitoring-Maßnahmen nicht ausreichen, um ein umfassendes Bild des Wildbestands zu erhalten. Sie fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Kanton und den Umweltorganisationen, um die Datenlage zu verbessern und fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Ein weiterer Punkt, der von Pro Natura angesprochen wurde, ist die fehlende Einbindung der Bevölkerung in den Entscheidungsprozess. Die Organisation betont, dass eine umfassende Information der Bürgerinnen und Bürger über die Notwendigkeit und den Nutzen der Wildschutzgebiete von großer Bedeutung ist. Nur durch eine aktive Beteiligung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit könne ein erfolgreicher Schutz der Tierarten gewährleistet werden.

Abschließend ist festzuhalten, dass der dritte Versuch zur Einrichtung von Wildschutzgebieten in Appenzell Innerrhoden weiterhin auf Kritik stößt. Sowohl Pro Natura als auch die Standeskommission haben unterschiedliche Ansichten und Vorschläge, um den Konflikt zwischen Rehen und Rotwild zu lösen und einen nachhaltigen Schutz der Tierarten zu gewährleisten. Es bleibt abzuwarten, wie der Grosse Rat im Oktober über die Überarbeitung des Jagdgesetzes und die Einrichtung der Wildschutzgebiete entscheiden wird.

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