Jagd

NABU reicht EU-Beschwerde gegen Deutschland ein

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Im deutsprachigen Raum ist das Rebhuhn auf der Roten Liste gelistet. Rücksichtslose Jagd, intensive Landwirtschaft und zu spät eingeleitete Schutzmassnahmen sind die Hauptfaktoren für die Ausrottung des Rebhuhns.

Am 2.10.2020 reicht der Naturschutzbund Deutschland (NABU) nun eine offizielle Beschwerde (englisch) gegen Deutschland bei der EU-Kommission ein. Es geht um den dramatisch schlechten Zustand des Rebhuhns, der auf die fehlgeleitete Agrarpolitik zurückzuführen ist. Seit 1980 ist das Rebhuhn um 91 % zurückgegangen. Nach Ansicht des NABU verstossen Bund und Länder damit gegen die in der EU-Vogelschutzrichtlinie festgeschriebene Anforderung, einen guten Erhaltungszustand aller wildlebenden Vogelarten zu erreichen und dafür angemessene Massnahmen zu treffen.

Das Schicksal des Rebhuhns ist ein besonders eindrückliches Beispiel für die miserable Umsetzung dieser EU-Verpflichtungen in Deutschland. Wie bei vielen anderen Feldvogelarten und bei den Insekten raubt die durch Subventionen fehlgesteuerte Landwirtschaft der Art Lebensraum und Nahrung. Unzählige wissenschaftliche Studien, Pilotprojekte und Vorschläge der letzten Jahre- und Jahrzehnte haben hier keine Veränderung der Agrarpolitik bewirkt. Wir verlangen jetzt rechtliche Schritte der Europäischen Kommission, damit die Regierungen von Bund und Ländern nicht mehr einfach wegsehen können.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger

Es sei bekannt und erprobt, wie man das Rebhuhn retten könnte, betont der NABU-Präsident mit Verweis auf in der EU-Beschwerde ausführlich zitierte Studien. Es fehle allein am Umsetzungswillen.

Als eine wichtige Massnahme fordert der NABU, dass mindestens zehn Prozent der Agrarlandschaft als Lebensraum für das Rebhuhn und die ländliche Artenvielfalt reserviert werden. Dies sollte künftig auch zu einer Grundbedingung für die Auszahlung von Flächenprämien an landwirtschaftliche Betriebe werden. Die im Oktober anstehenden Abstimmungen der Agrarminister und des Europaparlaments über die künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bieten die Chance, dies EU-weit festzulegen. Gelingt dies nicht, muss Deutschland nationale Regelungen erlassen, ansonsten droht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Der NABU appelliert an Agrarministerin Julia Klöckner und ihre Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, die Landwirtschaft nach dem Desaster im Düngerecht nicht sehenden Auges in ein weiteres Problem mit der EU-Justiz zu führen.

Das Rebhuhn ist ein typischer Feldvogel, der früher in allen Agrarlandschaften Deutschlands vorkam. Drei Millionen Paare dürften es in den 1950er Jahren gewesen sein. Übrig geblieben ist ein kümmerlicher Rest zwischen 21.000 und 37.000 Paaren, etwa ein Prozent des damaligen Bestands. Wichtig für das Überleben von Rebhühnern sind ungemähte und ungespritzte Flächen, in denen die Weibchen gut versteckt vor Räubern wie Füchsen brüten können, und insektenreiche Blühflächen, auf denen die pro Gelege bis zu 20 Küken ausreichend Nahrung finden. Solche Flächen werden immer seltener. Daher reicht der heutige Bruterfolg der Hühnervögel nicht mehr aus, um den Bestand zu erhalten.

Ornithologen aus der Schweiz schockierten dieses Jahr Vogelfreunde europaweit: Bei ihnen gilt das Rebhuhn jetzt als ausgestorben.

Der Rückgang des Rebhuhns ist nicht nur ein Verlust für alle Menschen, die diesen Vogel nicht mehr erleben können, er ist vor allem ein Alarmsignal für das Fehlen von Insekten und Wildkräutern in der zu intensiv genutzten Agrarlandschaft. Hier ist der Naturhaushalt aus den Fugen geraten, denn Pestizide können vielleicht Schädlinge aufhalten, aber kein funktionierendes Ökosystem ersetzen.

Lars Lachmann, Leiter Vogelschutz des NABU.

Nach Einschätzung des NABU müsste es für einen guten Erhaltungszustand wieder mindestens 335.000 Rebhuhn-Paare geben. Zwar setzen die Bundesländer bereits heute erste Schutzmaßnahmen für das Rebhuhn um. Um damit die Art zu retten, müsste dies aber auf einer mindestens zwanzigmal so großen Fläche wie bisher geschehen.

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