Am Montagmorgen staunten Mitarbeiter des Skigebiets Engelberg Titlis und ein ansässiger Wirt wohl nicht schlecht, als sie eine bemerkenswerte Entdeckung machten: Im Gebiet Gerschnialp oberhalb von Engelberg im Kanton Obwalden sichteten sie einen Braunbären.

Sobald die Mitteilung des Wirtes und der Pistenarbeiter eingegangen waren, machte sich der zuständige Wildhüter auf zum Ort der Sichtung: «Jetzt haben wir die Gewissheit, dass der Bär tatsächlich bei uns ist», sagt Cyrill Kesseli, Leiter des Bereichs  Wildtiere und Jagd beim Kanton Obwalden. Die Behörden sind über das Auftauchen des tierischen Gastes nicht sonderlich überrascht. Kesseli: «Als wir die Meldung der Urner Kollegen erhielten, dass sich ein Bär in ihrem Areal aufhält, waren wir darauf gefasst, dass der Bär auch den Weg zu uns finden könnte.»

Nach Angaben der Jagdverwaltung Uri konnte aufgrund von Spuren festgestellt werden, dass der Braunbär M29 vom Meiental über den Grassen nach Engelberg eingewandert ist.

Die Obwaldner Behörden haben also mit dem Auftauchen gerechnet. Und sie werden auch nicht nervös, weil der Bär nun den Weg zu ihnen gefunden hat. Denn M29 gilt als unauffällig, ruhiges und scheues Tier: Erstmals wurde er im Mai 2017 im Kanton Bern fotografiert. Während seines Aufenthalts machte er nicht  grossartig auf sich aufmerksam. Die einzige Schadensmeldung ging in Bern im April 2017 ein, als M29 in ein Bienenhaus eingebrochen war. Auch Kesseli sagt: «Der Bär war bis anhin sehr unauffällig.» Ähnliches sagt Fabian Bieri, Leiter der Abteilung Jagd und Fischerei beim Kanton Nidwalden: «Ich nehme an, man kann sich schon glücklich schätzen, wenn man das Tier überhaupt einmal zu Gesicht bekommt.»

Im Jahr 2016 lebten vermutlich drei Bären im Kanton Graubünden. Einer geriet im Unterengadin vor einen Zug und wurde tödlich verletzt (Wild beim Wild informierte), einer machte sich im April im Oberengadin bemerkbar und einer wanderte Ende April via Rheinwald nach Thusis.

Dabei handelt es sich laut der bernischen Volkswirtschaftsdirektion wohl um einen Bär, der anschliessend via Trun in die Innerschweiz vordrang. Dort wurde er auf dem Hoch-Ybrig (Wild beim Wild informierte)  und im Kanton Uri registriert.

Die Wahrscheinlichkeit, als Wanderer oder Spaziergängen auf einen Bären zu treffen ist sehr gering. Dennoch: Der Bär ist ein Raubtier. Zu ihm ist Distanz zu halten.

In Gebieten mit Präsenz von Bären gilt allgemein:

  • Bleiben Sie auf den Wanderwegen
  • Meiden Sie dichtes Beerengebüsch oder abgelegene Pilzgründe
  • Machen Sie mit Sprechen oder unaufgeregtem Lärm auf sich aufmerksam
  • Lassen Sie keine Essensreste oder Abfälle liegen
  • Nehmen Sie ihren Hund an die Leine

Was tun, wenn ich einen Bären sehe?

  • Bleiben Sie ruhig stehen und versuchen Sie die Situation zu erfassen
  • Machen Sie mit möglichst natürlichem Reden auf sich aufmerksam
  • Versuchen Sie auf keinen Fall, sich dem Bären zu nähern
  • Ziehen Sie sich langsam zurück (niemals rennen, Bären sind viel schneller als wir)
  • Vermeiden Sie alles, was der Bär als Bedrohung auffassen könnte (Stock rumfuchteln, Steine werfen, schreien etc.)
  • Locken Sie niemals freilebende Bären mit Futter an
  • Verzichten Sie zugunsten ihrer Sicherheit auf einen „Bärenschnappschuss“
  • Verfolgen Sie niemals einen Bären, der sich zurückzieht

Nach der Sichtung von Montagmorgen hat sich die Spur von M29 übrigens wieder verloren, die Behörden kennen seinen aktuellen Aufenthaltsort nicht. «Es könnte auch sein», so Fabian Bieri vom Kanton Nidwalden, «dass er schon weitergezogen und in einem anderen Kanton ist.»

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