Unkultur

Faktencheck Regierungsrat Zürich

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Die IG Wild beim Wild hat den Bericht des Regierungsrates an die Parteien vom 8. November 2017, verfasst im Departement von dem Hobby-Jäger Markus Kägi, einem Faktencheck unterzogen.

Behauptet wird viel, was aber ist wahr?

I) Der Regierungsrat schreibt: Die 850 Pächterinnen und Pächter (davon 230 Jagdaufseherinnen und -aufseher mit entsprechender Zusatzausbildung) wenden für die Bejagung, den Unterhalt ihrer Reviere, die Wildschadenverhütung und den Einsatz bei Unfällen mit Wildtieren durchschnittlich je 400 Stunden, die rund 500 Jagdgäste je 100 Stunden pro Jahr auf; das Stundentotal der Milizjägerinnen und -jäger beträgt rund 400 000 Stunden pro Jahr. 

  • Die Jagdstatistik weist für das Jahr 2016 im Kanton Zürich 735 Pächter davon 34 Jagdaufseher ohne Diplom aus und keine einzige Jagdaufseherin.
  • Gibt es für die angeblich 400’000 Stunden der 850 PächterInnen und JägerInnen im Kanton Zürcher einen Nachweis? Laut einer Erhebung vom Dachverband JagdSchweiz sind die geleisteten Naturschutzarbeiten aller 30’000 Jägerinnen und Jäger in der Schweiz 260‘000 Stunden pro Jahr. Der Hegeverband Graubünden beziffert 25’000 Std. seiner 6’000 JägerInnen.
  • Wer sinnlos Wildtiere tötet, schützt nicht und der zivilisierten Gesellschaft nützt es nichts. Damit ist die hohe Stundenzahl der Zürcher Hobby-Jäger auch erklärbar.
  • Die Jägerschaft ist mitverantwortlich für die vielen Wildunfälle. Bei der Jagd, besonders bei den Gesellschaftsjagden, werden alle Tiere aufgescheucht. Dabei flüchten sie und rennen in Todesangst um ihr Leben – dabei auch über Strassen und in Siedlungen. Zudem bedingt die Jagd durch den Abschuss von Leittieren, die in Rotten und Verbänden auf natürlichem Weg einer übermässigen Vermehrungsrate entgegenwirken, das Anwachsen der Populationen (A).
  • 2015 wurden im Kanton Zürich 973 Rehe, 110 Wildschweine, 843 Füchse, 282 Dachse, 19 Feldhasen sowie rund 2700 Vögel und Kleinsäuger durch Motorfahrzeuge und den Schienenverkehr getötet. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher sein. Die Kosten dieser Unfälle werden nicht genau erfasst.

Erläuterung:

Jägerinnen und Jäger leisten bei einer genauen Analyse keinen Frondienst für die Öffentlichkeit und schon gar nicht für die Wildtiere. Wildtiere mögen keine Hobby-Jäger. Wenn ganze Landstriche über eine Pacht zu einem Spottpreis für ein Hobby gekauft werden können, um dort Wildtiere meist sinnlos zu töten und/oder quälen durch die Baujagd, Treib und Drückjagden usw, muss man wohl oder übel ganz andere Begriffe als Frondienst verwenden. Die Jäger würden keinen „Frondienst“ leisten, wenn sie nicht töten dürfen. Dies hat mit dem Geist des selbstlosen Frondienstes rein gar nichts zu tun. Zudem können Jägerinnen und Jäger bei Wildunfällen Rechnungen ausstellen oder über den Verkauf des ungesunden Wildbrets, Pelzverkauf, Trophäenverkauf usw. Einnahmen generieren.

Die Art der Jagd bestimmt auch über die Fleischqualität. Treib- oder Drückjagden produzieren minderwertiges und ungesundes Fleisch, welches auch noch mit Munitionsresten verseucht sein kann. Wildtiere leben in ständiger Angst wegen den Hobby-Jägern. Insbesondere wenn sie real gejagt werden, produzieren sie Unmengen giftige Hormone, Adrenalin usw. welche sich im Fleisch zusammen mit den anderen bereits vorhandenen Giften und Schlacken vereinigen. Die Fleischhygiene bei den Hobby-Jägern entspricht keinen normalen Standards. Das Wildbret liegt oft stundenlang ohne Kühlung herum – einen fachgerechten Umgang nach den üblichen gesetzlichen Vorschriften  ist nicht ersichtlich.

II) Der Regierungsrat schreibt:  Die im Kanton Zürich heimischen Wildtierpopulationen sollen langfristig überlebensfähig und genetisch ausreichend vielfältig sein. Dies ist nur möglich, wenn genügend und qualitativ gute Lebensräume erhalten, wo möglich aufgewertet, wiederhergestellt und vernetzt werden. Sowohl die kantonale Raumplanung (vor allem mit Wildtierkorridoren im kantonalen Richtplan) als auch die Naturschutz- und Waldpolitik des Kantons Zürich tragen diesem Ziel Rechnung.

Erläuterung:

Im ganzen Kanton Zürich gibt es laut dem BAFU (und das nach 100 Jahre Hegearbeit der Jäger) immer noch keine rechtsverbindlichen Wildtierruhezonen. Der Beutegreifer Fuchs wird fanatisch bejagt und kann seine wichtige Funktion für die Selbstregulierung im Ökosystem nicht mehr wahrnehmen. Man muss kein Mathematiker sein, um zu realisieren, dass wenn man die Beutegreifer wie im Kanton Zürich unökologisch bejagt, systematisch ein künstliches Ungleichgewicht in der Tierwelt in Richtung Beutetiere produziert wird, zum Leidwesen und Kosten für die Kulturlandschaft, insbesondere der Waldverjüngung.

Die Amateur-Jäger schaffen seit Jahrzehnten ein ökologisches Ungleichgewicht in der Kulturlandschaft mit teils dramatischen Folgen (Schutzwald, Krankheiten). Für einen genetischen Ausgleich müssten die Tiere wandern können, damit sie sich mit Tieren aus anderen Gebieten paaren können. Nur so kann eine gesunde genetische Vielfalt erreicht werden und nicht durch eine intensive Bejagung. Da aber im Kanton Zürich von der Baudirektion seit Jahren unter der Leitung von Markus Kägi (Hobby-Jäger) noch immer fast keine Wildtierkorridore gebaut wurden, ist der Wildwechsel nicht nur für die Wildtiere mit grossen Risiken verbunden. Von den 18 Wildtierkorridore mit überregionaler Bedeutung sind im Kanton Zürich noch immer 16 beeinträchtigt oder unterbrochen. Diese Wildtierkorridore würden helfen, Unfälle mit Wildtiere zu reduzieren, was auch dem Schutz der Automobilisten zugutekommen würde.

Wird auf bleifreie Munition verzichtet? Wird auf Alkohol während der Jagd verzichtet? Wird auf das Befahren der Waldwege mit schweren Geländefahrzeugen verzichtet? Werden keine tierquälerischen Gesellschaftsjagden durchgeführt? Die «Waidgerechtigkeit» der Hobby-Jäger hat nichts, aber rein gar nichts mit Natur- und Tierschutz oder professionellem Wildtiermanagement zu tun.

III) Der Regierungsrat schreibt: Entgegen der Ansicht der Initiantinnen und Initianten kann beim System der Milizjagd nicht von einem schwerwiegenden Sicherheitsproblem gesprochen werden.

Erläuterung:

In der Schweiz gibt es jedes Jahr menschliche Verletzte und Todesopfer durch die Risikogruppe Hobby-Jäger. In den Jahren 2011 – 2015 wurden insgesamt 1’526 Verletzte durch Jagdunfälle durch die Unfallversicherungen registriert. Dazu mindestens ein Dutzend Todesfälle und dies nur innerhalb der Jägerschaft! Die Gefährdung Dritter durch Hobby-Jäger kann nicht aus den Daten der Unfallversicherer bestimmt werden. Über detailliertere Auswertungen für verschiedene Kantone gibt es ebenfalls keine Statistiken. Die vielen Jagdunfälle senken auch die Krankenkassen- und Versicherungsbeiträge für die Bevölkerung nicht. Immer mehr Menschen fühlen sich im Kanton Zürich durch die Jagd belästigt oder bedroht.

Laut der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. sterben, vor allem bei der Drückjagd, bis zu 70 Prozent der Wildtiere nicht sofort (E). Nicht ohne Grund gibt es den Begriff der „Nachsuche“ für verletzte Tiere. Mit zerschossenen Knochen und heraushängenden Innereien flüchten die Tiere, leiden oftmals tagelang unerträgliche Schmerzen und sterben einen qualvollen Tod. Insbesondere für die Wildtiere sind die Hobby-Jäger ein schwerwiegendes Risiko- und Sicherheitsproblem.

Die Belastung durch die unzähligen Tonnen Blei und anderen hochgiftigen Schwermetalle in der Munition, welche die Hobby-Jäger in der Natur zurücklassen, ist reiner Ökoterror. Blei ist ein extrem giftiges Schwermetall und auch eine besonders grausame Form der Jagd. Verletzte Tiere leiden nebst ihren Wunden an einer langsamen Vergiftung durch die Munition. Hobby-Jäger vergiften damit potenziell auch Mitmenschen, Tiere, Boden und das Grundwasser.

IV) Der Regierungsrat schreibt: Der Wildtierbestand kann sich im Kanton Zürich nicht selber regulieren. In einem durch menschliche Einflüsse ungestörten, intakten Ökosystem können sich die Wildtierbestände selber regulieren, im Kanton Zürich ist dies nicht möglich. 

Erläuterung:

Unter „Hege“ versteht das Gesetz den Schutz und die Pflege wildlebender Tiere, wohingegen sich die „Jagdausübung“ auf das Nachstellen, Fangen und Erlegen von Wild bezieht. Es geht darum Wildtierbestände, die für die Jäger interessant sind, stabil auf hohem Niveau zu halten und die bei uns durch Jägerhand geschwächten Beutegreifer wie Wölfe und Luchse zu ersetzen. Deshalb wird auch der Fuchs fanatisch bejagt. Die Jäger verursachen mit der Niederwildjagd absichtlich schwerwiegende Störungen im natürlichen Artengleichgewicht, um erfolgreicher jagen zu können. Es werden gezielt Lebensräume manipuliert und gestört zum Unwohlsein aller Wildtiere und der Gesellschaft.

Auch JagdSchweiz weiss, dass sich Wildtierbestände grundsätzlich – auch in unserer Kulturlandschaft – von selber regulieren würden.“ –  JagdSchweiz 29.08.2011

Die Amateur-Jäger im Kanton Zürich können bei einer genauen Analyse sogar Krankheiten (2, 3) verbreiten. Demnach ist jede Fuchsjagd ein klarer Verstoss gegen das Tierschutzgesetz, weil es an einem vernünftigen Grund mangelt. Eine Abschussplanung existiert auch nicht. Es gibt seit mehr als 30 Jahren mindestens 18 wild biologische Studien, die beweisen: Fuchsjagd reguliert nicht und taugt auch zur Seuchenbekämpfung nichts. Im Gegenteil!

Vom Bundesrecht her muss kein Kanton in der Schweiz die Jagd vorsehen. Es ist das Recht der Kantone zu entscheiden, ob die Jagd zugelassen wird oder nicht. Entscheidet sich ein Kanton gegen oder auch nur teilweise gegen die Jagd, kann er dies laut Bundesverfassung frei tun. Der Kanton Genf hat sich längst für diesen vorbildlichen Weg entschieden. Viele Kantone verbieten heute schon örtlich die Jagd anhand Jagdbanngebieten, Wildasyl usw. Die Stadt Zürich sowie die Gemeinden Kilchberg und Oberengstringen usw. haben ihr gesamtes Gemeindegebiet zum kommunalen Wildschongebiet erklärt. Die Stadt Winterthur hat ihre Kernzone als Wildschongebiet ausgeschieden. In kantonalen und kommunalen Wildschongebieten ist die Jagd verboten. Dieses Verbot umfasst das Betreten des Schongebiets mit Waffen, das Jagen lassen von Hunden usw. Die notwendige Regulierung des Wildtierbestandes und Hegemassnahmen wie Sonderabschüsse von kranken und verletzten Tieren oder Neozoen wird von fachkundigen WildhüterInnen vorgenommen, welche die Gebiete bestens kennen.

Nicht nur anhand der eidgenössischen Jagdstatistik kann man überaus deutlich sehen, dass im Kanton Zürich mit dem heutigen Jagdunwesen einiges im Argen liegt. Der kleine aber Hobby-Jagd sterile Kanton Genf hat z. B. schweizweit die höchsten Feldhasenbestände – nicht der Kanton Zürich. Der Kanton Genf hat noch Rebhühner. Am Jagd-freien Genfersee haben international Ornithologen Freude, weil sie seltene Vogelarten beobachten können usw. Reh- und Wildschweinbestände sind dafür im Kanton Zürich überproportional vorhanden.

V) Der Regierungsrat schreibt: Auf kantonaler Ebene umfasst ein professionelles Wildtiermanagement den Steuerungsprozess, mit dem sämtliche Aufgaben und Probleme im Umgang mit Wildtieren und ihren Lebensräumen erfasst, analysiert und soweit möglich gelöst werden. Dabei sind sowohl ökologische Ziele (Biodiversität), Aspekte des Tierwohls und der Tiergesundheit (z. B. Tierseuchenbekämpfung) und die Interessen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zu berücksichtigen. 

Erläuterung:

In Gebieten ohne Amateur-Jäger in unserer Kulturlandschaft sieht man eine höhere Artenvielfalt, geringere Dichte von jagdbaren Wildtierarten, geringere Schäden und weniger Autounfälle (C). Pro Jahr kommt es durchschnittlich zu über 20’000 Wildunfällen auf Schweizer Strassen und Schienen. Die Kosten dieser Unfälle belaufen sich gemäss Schätzungen auf 40 bis 50 Millionen Schweizer Franken.

Die für die Jäger interessanten Wildbestände werden seit Jahrzehnten nicht wirklich reguliert, sondern dezimiert und die Geburtenrate stimuliert. Folge der jetzigen Methoden ist, dass zum Beispiel die Weidetiere Rehe noch scheuer werden und ihre tageszeitlichen Aktivitäten vollends in die Nacht verlegen. Dies führt zu vielen Verkehrsunfällen. Der Bestand an Wildschweine und Rehe ist im Kanton Zürich förmlich explodiert und ausser Kontrolle. Das ist kein Naturverständnis oder Wildtiermanagement.

Die Behauptung, dass die Amateur-Jäger die Biodiversität fördern, ist schon fast dreist. Im besten Fall wird sie vielleicht nicht beschädigt. So werden zum Beispiel immer noch Feldhasen bejagt. Der Feldhase steht auf der roten Liste der bedrohten Tierarten. Was dieser Dienst der Jägerschaft für die Allgemeinheit sein soll, erschliesst sich dem gesunden Menschenverstand auch nicht. Die höchste Dichte an Feldhasen wurde im Jahr 2016 mit 17,7/100 ha im jagdfreien Kanton Genf ermittelt. Dort, wo sich professionelle Wildhüter um das Wildtiermanagement kümmern. Dies ist die erste Dichte über 17 Feldhasen/100 ha seit 2006 in der ganzen Schweiz.

Stichwort Tiergesundheit und Tierseuchenbekämpfung:

In Europa liegt der Verbreitungsschwerpunkt des Fuchsbandwurmes mit den Hobby-Jägern und dem sinnfreien Nachstellen nach dem Fuchs (1) vor allem in der Schweiz (Schwerpunkt Region Zürich und Ostschweiz). Hobby-Jäger beeinflussen die Gesundheit des gesamten Bestandes auf eine negative Art, weil die Krankheit nicht ihren normalen Weg gehen kann und sich so resistente Populationen bilden könnten. Die Amateur-Jäger trugen bereits bei der Tollwutbekämpfung massgeblich zu einer raschen Ausbreitung der Tollwut bei, da die Fuchsrüden weiter wandern mussten, um eine Partnerin zu finden. Die Krankheit wurde so erst recht zur Epidemie und erst anfangs der 80er Jahre – nicht über die gnadenlose Jagd auf den Fuchs, sondern durch eine Impfaktion über Hühnerköpfe – ausgerottet.

Immer im August, schlüpfen die schwarzenbeinigen Borreliose übertragenden Zecken. Die Anzahl der Menschen, die sich mit Borreliose und andere von Zecken übertragenen Krankheiten anstecken, ist in der Schweiz steigend. Das Bundesamt für Gesundheit geht davon aus, dass in der Schweiz jährlich etwa 6000 bis 12’000 Personen an der sogenannten Lyme-Borreliose erkranken. Bei FSME sind es zwischen 100 bis 250. Deshalb stuft das Bundesamt für Gesundheit (BAG) durch Zecken übertragene Krankheiten als wichtiges Gesundheitsproblem für die Schweiz ein. Dieses Jahr wurden bis Ende September 7000 akute Fälle von Borreliose gemeldet. Laut BAG ist dieser Wert im mehrjährigen Vergleich eher tief. Im selben Zeitraum wurden 214 FSME-Erkrankungen registriert, was einem hohen Wert entspreche.

Aber dem müsste nicht so sein. Eine neue Studie (2) deutet darauf hin, dass das Fehlen von Mäuse jagenden Beutegreifern, insbesondere der Fuchs, Ursache für die steigende Anzahl der von zeckenübertragenden Erkrankungen ist.

In der Vergangenheit flackerte die Räude und Staupe lokal immer wieder auf und erlosch dann von selbst wieder. Vor allem dort, wo die Räude besonders stark um sich gegriffen hat, scheinen die Füchse eine zunehmende Resistenz gegen Neuinfektionen zu entwickeln. Da die Jagd der Hobby-Jäger den eigentlich gegebenen Überlebensvorteil für räuderesistente Füchse jedoch zunichtemacht (ein Jäger sieht einem Fuchs seine Räuderesistenz schliesslich nicht an), dürfte das Töten von Füchsen auch in dieser Hinsicht kontraproduktiv sein. Übrigens hat man bei der Staupe festgestellt, dass Wildtiere bereits Antikörper gebildet haben und die Gefahr somit marginal ist.

Robert Brunold, aktueller Präsident des kantonalen Patentjäger-Verbandes in Graubünden sagt: „Nötig sei die Niederjagd nicht».

VI) Der Regierungsrat schreibt: Entgegen der Ansicht der Initiantinnen und Initianten werden auch im Kanton Genf, in den Wildschonrevieren im Kanton Zürich und selbst im Nationalpark die Wildbestände jagdlich reguliert.

Erläuterung:

  • Sanitarische und therapeutische Abschüsse sind nicht das Gleiche, wie eine regulatorische Bejagung anhand des Jägerlateins oder falsch verstandener Naturerfahrung.
  • Im Schweizer Nationalpark im Engadin wird seit 100 Jahren nicht mehr gejagt und dort ist z. B. der Gämsen Bestand seit 1920 konstant um die 1350 Stück. Der Fuchs wird auch nicht gejagt. Entgegen der Prognosen aus Jägerkreisen ist keines seiner Beutetiere ausgestorben. Der Wechsel von der Weide für Kühe und Schafe zur Hirschweide führte zu einer komplett neuen Artenzusammensetzung der Vegetation und einer Verdoppelung der Artenvielfalt!

VII) Der Regierungsrat schreibt: Ein professionelles Wildtiermanagement ist bereits umgesetzt.

Erläuterung:

Falsch. Hobby-Jagd ist kein wissenschaftliches, wildbiologisch sinnvolles oder professionelles Wildtiermanagement.

Es käme niemandem in den Sinn, ein Grümpelturnier mit Amateur-Fussballern einen höheren Qualitätsstandard zuzusprechen als der Champions League mit professionellen Fussballern. Es ist doch glasklar, dass mit professionellen Wildhüter eine ganz anderes Niveau an die Stelle der Amateur-Jäger tritt. Davon profitieren die Wildtiere durch weniger Tierleid, die Bevölkerung, Natur und Umwelt.

Muss im Kanton Genf z. B. in die Wildschweinpopulation eingegriffen werden, machen die professionellen Wildhüter dies mit einem 10 Mal kleineren Zeitaufwand als die Hobby-Jäger im Kanton Zürich. Somit sind die Störungen von Wildtieren und der Bevölkerung in Genf massiv weniger als die von der Jägerschaft im Kanton Zürich. Die Hobby-Jäger im Kanton Zürich brauchen zwischen 60 – 80 Stunden laut Theo Anderes, Obmann im Elgger Revier Rappenstein (Landbote). Ein Wildhüter im Kanton Genf wendet lediglich nur 8 Stunden für einen notwendigen sanitarischen Abschuss auf. Zudem sind die Wildhüter auch die besseren Schützen. Ein Wildhüter in Genf verbraucht maximal zwei Patronen für ein Wildschwein. Ein Hobby-Jäger jedoch bis zu 15 Patronen! Dazu kommt, dass Wildtiere oftmals von den Hobby-Jägern verletzt werden und qualvoll sterben. Auf einer Treib- und Drückjagd wird bis zu 10 Mal mehr geschossen als am Schluss die „Jagdstrecke“ gross ist.

Ungeachtet des Tierschutzgesetzes begehen die Amateur-Jäger unter Ausschluss der Öffentlichkeit, also abscheuliche Tierquälereien und sogar Straftaten. Wenn die heutige Jagd kein Hobby wäre, würde es dann trotzdem Jagdreisen in die ganze Welt geben?

Bei einem professionellen Wildtiermanagement gäbe es keine extrem tierquälerische Jagdarten wie z. B. Treibjagden, Drückjagden usw. Die Fuchsbaujagd, die aus Tierschutzgründen schon längst abgeschafft hätte werden müssen, gibt es gottlob mit der Initiative „Wildhüter statt Jäger» auch nicht mehr. Damit wird auch dem Tierschutzgedanken für die Wildtiere und Jagdhunde gerecht.

Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verboten. Tierschutzgesetz: Art. 4 Abs. 2

VIII) Der Regierungsrat schreibt: Das System der Revierjagd stellt damit sicher, dass jagdliche Massnahmen zeitnah erfolgen können und bei Verkehrsunfällen und anderen Ereignissen mit Wildtieren schnell reagiert werden kann. Die Jagdgesellschaften sind auf kommunaler Ebene gut verankert und haben einen engen Kontakt zur Bevölkerung, den Gemeindebehörden und der Forst- und Landwirtschaft.

Erläuterung:

Dies wird mit den professionellen Wildhütern nicht anders sein, einfach qualitativ besser und sinnvoller. Ein professionelles Wildtiermanagement stützt sich vor allem auch auf die wichtigen Eckpfeiler Sicherheit, Ethik und Effizienz.

Alkohol auf der Jagd, Amateur-Jäger über dem Pensionsalter mit gefährlichen Schusswaffen, Verseuchung der Umwelt durch Bleimunition, tierquälerische Jagdmethoden usw. sind hingegen schon lange nicht mehr zeitgemäss, aber beim System mit der Revierjagd bis heute verbreitet.

IX) Der Regierungsrat schreibt: Die Aussage der Initiantinnen und Initianten, dass die Wildtiere als Folge der Milizjagd scheu seien und ihre Aktivitäten in die Nacht verlegt hätten, trifft nicht zu.

Erläuterung:

Auch dies ist eine völlig unwissenschaftliche Behauptung. Jeder Mensch der jemals in einem nicht bejagten Nationalpark war – zum Beispiel im Engadin – weiss, dass Tiere keine angeborene Angst vor dem Menschen haben. Weder Beutetiere noch Beutegreifer. Darum spielt es sehr wohl eine sehr grosse Rolle, ob ein Jäger oder ein Jogger das Wild stört. Der andauernde Jagddruck macht die Tiere scheu und drängt die ursprünglich in Graslandschaften lebenden Rehe und Hirsche tief in die Wälder, was den sogenannten „Wildverbiss“ an forstwirtschaftlichen Nutzflächen fördert (A). Durch die intensive Bejagung sinkt die Lebenserwartung der Wildtiere drastisch. Dies hat eine frühzeitige Geschlechtsreife zur Folge, was die Geburtenrate ansteigen lässt (B). Nicht nur die Geburtenrate steigt, sondern untergräbt auch das natürliche Auswahlverfahren der Natur besonders gesunder Wildbestände und immer die besten Anlagen weiter zu geben, weil die Amateur-Jäger vorzeitig in natürliche Prozesse eingreifen.

Wildtiere können zwischen guten Menschen und Hobby-Jäger unterscheiden. Dementsprechend rennen sie in unbejagten Gebieten auch nicht weg, wenn ihnen z. B. Autofahrer, Mountainbiker, Wanderer usw. begegnen. Das Wild hat sein normales Verhalten wegen der Bejagung vollständig umgekrempelt. Ein Reh zum Beispiel ist kein Nachttier und auch kein Dämmerungstier. Die «Beunruhigung» der Freizeitaktivisten ist für das wenigste Wild ein Problem, solange nicht auf sie geschossen wird. Tatsache ist auch, dass die Scheu, welche die Wildtiere auf dem Land zeigen, in der Stadt abgebaut ist. Dies liegt vor allem daran, dass in der Stadt nicht gejagt wird.

X) Der Regierungsrat schreibt: Die Initiative verursacht hohe Kosten. Die Umsetzung der Initiative hätte hohe Kosten zur Folge. Je nach Berechnungsart müsste mit Kosten zwischen 20 Mio. und 30 Mio. Franken gerechnet werden.

Erläuterung: 

Das Gegenteil ist wohl der Fall. Wenn man schon Milchmädchenrechnungen macht, sollte man die Ertragsseite nicht vergessen. Die Hobby-Jäger und Revierjagd sind seit Jahrzehnte nichts anderes als eine permanent kostenintensive Baustelle, Flickenteppich und Streitpunkt für die Politik, Forst, Landwirtschaft, Verwaltungen, Justiz, Krankenkassen, Versicherungen, Tierschutzorganisationen, Umwelt- und Naturschutzorganisationen, Polizei, Bund, Medien usw. Dieser Aufwand und Kosten würden mit den paar Wildhüterinnen und Wildhüter grösstenteils wegfallen. Zudem schreibt die Jagdverwaltung Zürich seit Jahren rote Zahlen und die Sarnierungen der Jagdschiessanlagen sollen Dutzende von Millionen Franken kosten.

Was früher im Kanton Genf über 400 Hundert Jäger auch nicht besonders erfolgreich gemacht haben, erledigen heute 11 Wildhüter, die sich zusammen 3 Vollzeitstellen teilen, nebst vielen anderen Aufgaben vorbildlicher und kostengünstig. Aus dem Kanton Genf weiss man auch, dass nicht nur die Überwachung, Monitoring usw. der 400 Hobbyjäger eine enorme finanzielle Belastung war. Die 11 Wildhüter kosten heute den Steuerzahler an Lohnkosten eine Tasse Kaffee pro Jahr. Der Aufwand für den Steuerzahler ist also nicht höher als vor dem Jagdverbot von 1974.

Mit 20 – 30 Millionen Franken könnte man wohl in der ganzen Ostschweiz die Hobby-Jäger mit professionellen Wildhütern ersetzen. Im flächenmässig fast doppelt so grossen Kanton Waadt (3’212 km²) sind über 50 % weniger Jäger unterwegs als im Kanton Zürich (1’729 km²). Doch der kleine Kanton Zürich hat trotz der hohen Anzahl an Hobby-Jägern im langjährigen Schnitt nicht weniger Wildschäden als im grossen Kanton Waadt. Die Hobby-Jäger sind im Kanton Zürich überfordert. Mit den Hobby-Jägern steigt die Vergütungen des Kantons für die Wildschadenfälle praktisch jedes Jahr (2014/15 sogar um 125 %) und somit auch zulasten des Steuerzahlers.

Da die Jagd ja angeblich nicht ein Hobby von Schiesswütigen ist, können die Hobby-Jäger auch in Zukunft nicht letale Hegearbeit leisten.

Gäbe es weniger Problemjäger, die Naturnutzungsgedanken hegen, könnten sich auch wieder mehr friedfertige Menschen dem Naturschutzgedanken widmen – Menschen, die Flora und Fauna mit Respekt, Anstand und Fairness pflegen.

XI) Der Regierungsrat schreibt: Raubtiere wie Luchse oder Wölfe haben kaum Einfluss auf die Bestände. Entgegen der Ansicht der Initiantinnen und Initianten geht es nicht darum, durch die Bejagung die Reproduktion einzelner Arten anzuregen, sondern die biologischen Bedürfnisse der Wildtiere und die Ansprüche des Menschen in der intensiv genutzten Kulturlandschaft in Einklang zu bringen. Ein die Fertilität der Wildtiere steigernder Einfluss ergibt sich nur bei übermässiger Bejagung, was den eingangs erwähnten strategischen Zielen der Jagd widersprechen würde. 

Erläuterung:

Untersuchungen in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeitpunkten haben den Einfluss des Rotfuchses nicht nur auf die Rehpopulation belegt: Für das Berner Mittelland wird geschätzt, dass ein Fuchs in den Monaten von Mai bis Juli durchschnittlich elf Kitze erbeuten kann (D). Im Kanton Zürich werden aber jedes Jahr 2’000 – 3’000 gesunde Füchse von den Amateur-Jägern zum Spass erschossen, was ganz sicher nicht im Sinne des Tierschutzes, Wildbiologie, Gesellschaft, Wissenschaft, Ökologie, Umweltschutz, Ethik usw. liegt, aber eine übermässiger Bejagung ist.

Der Wolf reisst in erster Linie kranke und schwache Tiere. «Das können sie besser als die Jäger», sagt Georg Brosi, Leiter Amt für Jagd und Fischerei in Graubünden. Sie sind die besseren Wildregulatoren als die Jagd. Aus ökologischer Sicht sind die Beutegreifer positiv zu werten.

Mit der Ansiedelung des Luchses hat die Rehpopulation in verschiedenen Regionen der Schweiz markant abgenommen. Auch dies ist wissenschaftlich belegt. So zum Beispiel im Toggenburg, UriBerner Oberland oder Solothurn. Das Reh und die Gams sind eine typische Beute des Luchses, insofern verwundert die Entwicklung nicht. Der Waldgesundheit und Kulturlandschaft geht es viel besser, wo es Luchse anstatt Hobby-Jäger hat.

XII) Der Regierungsrat schreibt: Diese Zusammenarbeit funktioniert schon heute ausgezeichnet, eine institutionalisierte Fachkommission ist dazu nicht erforderlich. Bei lokalen oder regionalen Nutzungskonflikten werden unter Miteinbezug aller betroffenen Akteure Wald-Wild-Konzepte erarbeitet….

Erläuterung: Auch dieser Abschnitt ist ein Widerspruch und bekräftigt eigentlich nur das richtige Vorgehen der Initianten im Initiativtext in Richtung professionellem Wildtiermanagement:

Die anzuwendenden Massnahmen werden durch eine unabhängige Fachkommission bestimmt. Diese besteht paritätisch aus Wildhütern, Wildtierbiologen, Veterinären und Vertretern aus Tier- sowie Artenschutzorganisationen. Die Kommissionsmitglieder werden alle 4 Jahre durch den Kantonsrat bestimmt. 

Hobby-Jäger reagieren immer widerwillig auf Initiativen des gesunden Menschenverstandes. Tier- und Artenschützer führten im Jagdwesen zu mehr Wildtierschutz. Die Abschaffung von Tellereisen oder das Verbot der Vogeljagd mit Leimruten usw. Der gesunde Menschenverstand war und ist die treibende Kraft, damit die Jagdzeiten eingeschränkt und die Anzahl an jagdbaren Arten reduziert werden. Um die Ausrottung von Tierarten zu verhindern, haben Tierschützer den Jägern die moralische Verpflichtung zur Pflege und Hege auferlegt. Die Ethik der Jäger (sofern es so etwas überhaupt gibt) rennt traditionell immer dem Zeitgeist hinterher.

XIII) Auch im Vorfeld zur Volksabstimmung für das Jagdverbot der Hobby-Jäger im Kanton Genf 1974, versuchten die gleichen Kreise aus Amateur-Jäger, Bauern und Mitläufer den Teufel an die Wand zu malen. Über 40 Jahre später, kann man zu Recht sagen, dass nichts von deren Angstmacherei eingetroffen ist.

Wieso besuchen die involvierten Kreise im Kanton Zürich nicht einmal den Hobby-Jäger befreiten Kanton Genf und nehmen einen Augenschein (Nachhilfestunden) in Sachen professionellem Wildtiermanagement, Fragmentierung, Kosten, Regulation, Interaktion mit den Gemeinden und Bevölkerung, Wildschadenverhütung, Wildbiologie usw. anstatt mit Schreckensgespenste, Kaffeesatzlesen oder Falschsagerei zu argumentieren?

Auch im Kanton Zürich können und werden die Wildhüterinnen und Wildhüter nach der Annahme der Initiative «Wildhüter statt Jäger» regulatorisch eingreifen. Es wird sich aus Erfahrung einfach alles für die Tierwelt, Umwelt, Natur und Gesellschaft zum Besseren wenden.

FazitWer Tiere quält, ist unbeseelt und Gottes guter Geist ihm fehlt, mag noch so vornehm drein er schaun, man sollte niemals ihm vertraun.“ Johann Wolfgang von Goethe

Quellen:

(A) Reichholf, J. H. Die Wahrheit über die Jagd – Evolutionsbiologe Prof. Josef Helmut Reichholf widerlegt Jägerlügen.

(B) Servanty S., Gaillard J., Toigo C., Brandt S.& Baubet E. (2009) Pulsed resources and climate‐induced variation in the reproductive traits of wild boar under high hunting pressure. Journal of animal ecology 78.6 1278-1290.

(C) Wildbiologen Karl-Heinz Loske https://youtu.be/6FDkHpg-j0U

(D) Fred Kurt: Das Reh in der Kulturlandschaft. Ökologie, Sozialverhalten, Jagd und Hege. Kosmos Verlag, Stuttgart 2002, S. 83

(E) Stellungnahme Bewegungsjagden der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V.

Studien:

  1. Der Rotfuchs (Kurzzusammenfassungen wissenschaftlicher Literatur)
  2. Jagd verbreitet Krankheiten
  3. Jäger verbreiten Krankheiten
  4. Jagd reguliert nicht

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